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Bio-Pic Parodie der Musikgeschichte von Jake Kasdan um den fiktiven Musik-Superstar Dewey Cox (gespielt von John C. Reilly). Der Weg eines traurigen Bauernjungen aus der Provinz bis an die Spitze der Charts.
Kritik
Dewey Cox (John C. Reilly, The Sisters Brothers) war über Jahrzehnte eine Superstar im Musikbusiness, der sich im jeden Jahrzehnt neu erfand und nun, mit über 70 Jahren, kurz vor seinem letzten Auftritt anlässlich der Auszeichnung für sein Lebenswerk steht. Backstage lässt er unmittelbar zuvor sein bewegtes Leben innerlich Revue passieren. Von der Kindheit in Alabama in den 40ern, als er seinen Bruder auf dramatische Weise sterben sah. Über seinen kleinen Durchbruch als Musiker in der Highschool, seine erste Ehe mit gerade mal 14, zahlreichen Kindern und Privatzoo, dem großen Durchbruch als Star des neuaufkeimenden Rock’n’Roll, Drogeneskapaden, Sexorgien, Abgründe und Abstürze, aber auch eine neue Liebe, die ihm aufgrund seines exzessiven und egoistischen Lebensstils ebenfalls durch sie Lappen ging. Klingt furchtbar tragisch? Ne, denn ist alles nur Spoof.
Regisseur Jake Kasdan (Jumanji: Willkommen im Dschungel) schrieb gemeinsam mit Gürtellinien-Unterschreiter Judd Apatow (Jungfrau (40), männlich, sucht…) das Drehbuch und inszenierte diese Parodie auf Musiker-Biographien, die sich in erster Linie natürlich an dem zwei Jahre vorher entstanden Johnny Cash Biopic Walk the Line entlang hangelt. Mit ganz wenigen, klitzekleinen Ausnahmen (so z. B. Ray aus dem Jahr 2004) ist das der einzige Film, dessen Szenen ganz direkt veräppelt werden und der im Prinzip das Grundgerüst für den Ablauf vorgibt. Wie auch Cash verliert Cox als Kind seinen älteren Bruder (wenn auch auf eine etwas „exotischere“ Weise) und kämpft fortan mit Vorwürfen und Selbsthass. Wird mit seinem eigenen Sound zum Star, verliert sich im Rausch und lässt Frau und Kinder für eine frisch aufkeimenden Liebe sitzen, die ihm neuen Lebensmut gibt, auch wenn dafür einige Umwege erforderlich sind.
John C. Reilly, ein auffälliges Gesicht aus der zweiten Reihe, verdiente sich seine Sporen bis dahin meist als Supporter in oft eher ernsten uns anspruchsvolleren Werken, bis er 2006 an der Seite von Will Ferrell in Ricky Bobby – König der Rennfahrer erstmals seinen Hang zu albernen Flachmann-Humor voll ausleben durfte. Es folgten einige ähnlich gelagerte Arbeiten, die ihm immerhin nach langem Zuarbeiten auch mal mit der unumstrittenen Hauptrolle belohnte. Walk Hard: Die Dewey Cox Story machte da den Anfang. Ein Spoof-Movie, das naturgemäß auf viele, schnelle und meist hoffnungslos alberne Pointe setzt, bei denen mehr als nur eine Handvoll auch genauso wirkungslos verpuffen wie damit um sich geworfen wird. Einkalkulierte Bruchware. Darauf muss man sich ein Stückweit einlassen und es dauert auch eine ganze Weile, bis das Fake-Biopic beginnt einen gewissen Charme und ab und an sogar gelungene Lacher zu produzieren. Runninggags werden in der Regel halt erst wirklich mit der Wiederholung komisch, das ist ein Aspekt. Aber auch der generelle Werdegang von Dewey Cox gewinnt dadurch an Wert, wenn er nicht nur als reine Walk the Line-Verhohnepipelung zu betrachten ist. Darin ist er nämlich wirklich nicht besonders. Bis auf die teilweise echt witzigen, da ironischen und doppeldeutigen Songs, von Dan Bern eigens für den Film geschrieben.
Die wahren Highlights sind eher die allgemeinen Seitenhiebe auf die Musikindustrie und ihre jeweiligen Eigenheiten. Mit reichlich sympathischen Gastauftritten aus der Apatow-Freundesliste gibt es einige, amüsant-lässige Momente. Der konsequent steigernde Drogenkonsum von Dewey mündet in versehentlichen Erfindungen von Musikrichtungen (auf Koks mal eben den Punk-Rock etabliert), lässt ihn als Bob Dylan-Imitation eine Hymne auf Kleinwüchsige singen, bevor er sich in Indien mit den bereits prophetisch gegeneinander stichelnden Beatles in Indien Acid einschmeisst. Um ein Jahrzehnt später als Gastgeber einer alberne Musik-Sketch-Show den Ilja Richter der USA zu geben, bevor er seine Vatergefühle entdeckt und eine Art Partridge-Family gründet. Das sind locker die besten Momente in Walk Hard: Die Dewey Cox Story, die aber eben auch für diverse Rohrkrepierer und Mager-Schmunzler entschädigen müssen. Das ist schon arg alberner Quatsch, dafür von John C. Reilly mit einem breiten Grinsen süffisant dargeboten und absolut schwungvoll vertont.
Fazit
Am Ende ist das keine echte Bereicherung und wer es verpasst hat, hat nicht zwingend Nachholbedarf. „Walk Hard: Die Dewey Cox Story“ verfügt über ein paar nette Einzelmomente, engagierte Darsteller und überraschend gute Songs, eingebettet in purem Nonsense, dem es insgesamt dann doch an der entscheidenden Substanz fehlt, um damit langfristig oder häufiger richtig Spaß zu haben. Kann man aber mal gucken, geht deutlich schlechter, was in dem Genre ja eher die Regel als die Ausnahme ist.
Autor: Jacko Kunze