Inhalt
Nach einem fehlgeschlagenen Undercover-Einsatz rangieren die beiden Brüder und Agenten Marcus und Kevin Copeland (Marlon und Shawn Wayans) ganz am Ende der FBI-Nahrungskette. Als zwei verwöhnte Society-Zicken, die Milliardärs-Töchter Brittany und Tiffany Wilson (Maitland Ward und Anne Dudek) entführt werden sollen, werden folglich nicht Marcus und Kevin, sondern ihre Kollegen und größten Rivalen mit dem wichtigen Fall beauftragt. Für Kevin und Marcus bleibt nur der undankbare Job, die Gucci-Gören sicher vom New Yorker Flughafen in ihr Hotel auf den Hamptons zu eskortieren. Doch selbst diese simple Aufgabe scheitert an widrigen Umständen: Denn Tiffanys verwöhntes Schoßhündchen verursacht prompt einen Verkehrsunfall, bei dem sich die beiden Mädchen ein paar Blessuren einfangen – genauer gesagt kleine Kratzer an ihren operierten Lippen und Nasen.
Kritik
Vorsicht ist geboten, gleich in dreifacher Hinsicht. Erstens, weil der Brachialhumor des Wayans-Clans sicherlich nicht allerorts auf bedingungslose Gegenliebe stoßen wird. Zweitens, weil sich Kritiker, die Komödien mit einem allzu trockenen Maßstab bewerten und letztlich zerreißen, viel zu häufig selbst der Lächerlichkeit preisgeben. Und drittens, weil dieser Text in Passagen eher einer Wutschrift ähneln könnte, denn einer nüchternen Kritik. Begründet ist das dabei nicht etwa darin, dass der Autor dieser Kritik sich Punkt 2 hätte mehr zu Herzen nehmen sollen. Denn auch wenn es ein Merkmal der Erbärmlichkeit ist, wenn man Komödien als „niedere Machwerke“ betrachtet, heißt das noch lange nicht, dass man als Zuschauer alles mit sich machen lassen muss. Und White Chicks muss man sich mitnichten antun. Mehr noch (oder weniger?), White Chicks als Film nicht auf seinen moralischen Maßstab zu überprüfen, nur weil es sich bei dem Machwerk um eine Komödie handelt - das wäre gefährlich.
Es gibt eben einen Unterschied zwischen Komödien, die das Leben erleichtern, indem sie es mit Humor nehmen und Komödien, die das Leben erschweren, indem sie dem Zuschauer eine undurchdachte Mentalität (darf man „Ideologie sagen?) aufdrängen. White Chicks gehört zur letzteren Kategorie. Diesen Umstand muss man gar nicht einmal an der „Schwarze verkleiden sich als weiße Blondinen“-Idee festmachen, sondern viel mehr daran, wie mit anderen Personengruppen umgesprungen wird. Und das, obwohl bei der Grundidee schon extrem viel Potenzial für Reibung wäre, die man dem Film vorhalten kann. Schlimmer wird der Film jedoch gefühlt mit jeder zusätzlichen Minute der Laufzeit (derer es hier ganze 109 gibt). Nach und nach wird dem Zuschauer hier verkauft, dass Menschen einen messbaren Wert haben. Dies fängt als Witz an, wird vom Film selbst aber umgehend bestätigt. Grober schnitzt White Chicks jedoch mehrfach, wenn es um vermeintliche Homosexualität geht. Diese finden die Wayans-Brüder weitaus abstoßender, als einen Mann, der im Restaurant mit seinen Zähnen seine Fußnägel abkaut und seinem Gegenüber (Terry Crews! Mit dem macht man sowas nicht!) ins Essen spuckt. Das ist ja nur lustig, aber Homosexualität? Bah! Unsittlich!
Sicherlich ist damit die Höhe der Unverschämtheiten gefunden, allein das schon wäre ein Grund, um diesen Dreckshaufen von einem Film für immer in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Und da haben wir noch kein einziges Wort über die „objektiven“ Qualitäten und Missstände des Films anzusprechen. Inszenatorisch ist der Film von vorne bis hinten äußerst einfach gestrickt, das Buch ist eine Frechheit. Die Witze werden auf Teufelkommraus auf den Bildschirm gehämmert. Witze, derer gefühlt nur eine Handvoll funktionieren, ohne dass dem Zuschauer unbeabsichtigt die Schamesröte ins Gesicht geschossen wird. Und abseits dessen? Gähnende Leere, viel zu viel undurchsichtiges, unkoordiniertes und sinnloses Gebabbel. Hysterie um Hysterie, endlos gellendes Geschrei und abschreckende Figuren, die eine Versetzung des Zuschauers in die Welt von vornherein verhindern. White Chicks ist auch abseits der Geschmacksgrenzen ein Reinfall, eine Beleidigung für jeden Menschen, der sich als denkendes Wesen versteht.
Dabei geht es auch nicht darum, sich berieseln zu lassen. Es geht nicht darum, „einfach das Hirn auszuschalten“ - was auch immer das heißen mag. Es geht darum, etwas zu sagen, wenn man sieht, wie ein kleines Kind auf dem Schulhof bedrängt wird, oder eben nicht. Wer jedwede Tat unterlassen würde, der hat mit White Chicks seinen Film gefunden. Wer einer betagten Dame nicht nur nicht über die Straße helfen, sondern sie vom Kantstein treten würde, der hat mit White Chicks seinen Film gefunden. Wer vom Medium Film nicht nur nichts erwartet, sondern auch nichts versteht, der hat mit White Chicks seinen Film gefunden. Warum aber dieser Frusttext, warum nicht eine gesittete und rhetorisch ausgefeilte Kritik über die Fürs und Wieders dieses Schundwerks? Zweierlei. Erstens, weil dieser Film jeder Mühe unwürdig ist. Zweitens, weil das Klientel, das diesen Film mag, die Zielgruppe dieses Textes quasi, dann nur Bahnhof verstehen würde. Das ist vielleicht auch jetzt schon der Fall. Wer bei einer Gegenmeinung seinen Standpunkt blind verhärtet, ohne sich in die Lage und Argumentation des anderen zu versetzen - der hat mit White Chicks seinen Film gefunden. Viel Spaß damit, verschluckt euch nicht dran.
Fazit
Kurz und bündig: Ein brachialer Dreckhaufen von einem Film, der allen Ernstes Werte verkaufen möchte, die jedem Menschen schon im Kindergarten abgewöhnt werden. Ein Film, der stinkend in den öffentlichen Verkehrsmitteln rumgrölt und seine zerschossenen Synapsen-Schnipsel unter das Volk bringen möchte. Pfui bah.
Autor: Levin Günther