Inhalt
Nachdem ein hochrangiger Politiker bei einer Demonstration ermordet wurde, vermuten einige andere Politiker die Schuldigen in Militärkreisen. Ein Magistrat, der den Fall untersuchen soll, muß allerdings feststellen, daß es nicht leicht ist, an die Hintermänner zu kommen, und daß selbst die Polizei den Fall zu vertuschen versucht.
Kritik
Mit dem durchaus sehenswerten Das Ende der Wahrheit ist kürzlich endlich wieder ein deutscher Polit-Thriller in den Kinos gestartet. Es kommt einer kleinen Sensation gleich, dass sich die hiesige Filmindustrie dazu entschieden hat, ein derartiges Projekt umzusetzen, sind politisch-ambitionierte Genre-Filme hierzulande doch – gelinde gesagt - Mangelware, lieber fördert man Fließband-Komödien, die ihr Publikum über alles aufklären möchten, außer natürlich nicht über die Realität. Mit Das Ende der Wahrheit aber begibt man sich nun wieder in die Tradition von engangierten Produktionen, deren Absicht nicht nur die Unterhaltung selbst ist, sondern auch, handfeste Bezüge zur Tagesaktualität herzustellen, um diese kritisch zu durchleuchten und die Zuschauerschaft aufzurütteln. Eine Tradition, die ihren wegweisenden Urknall mit Z – Anatomie eines politischen Mordes von Costa-Gavras (Vermisst) nahm.
Auf Basis der gleichnamigen Romanvorlage des griechischen Schriftstellers Vassilis Vassilikos, behandelt Z – Anatomie eines politischen Mordes vor der Kulisse eines fiktiven Staaten das totalitäre Regime der Obristen jener Jahre und den damit einhergehenden Mord an dem linken Oppositionspolitiker Grigoris Lambrakis, der am 22. Mai 1963 in Saloniki ums Leben kam. Lambrakis' Alter Ego tritt hier überlebensgroß in Form von Yves Montand (Vier im roten Kreis) auf, ein linksliberaler Politiker, der die Grundpfeiler der Demokratie heraufbeschwört, für Gleichheit und Menschlichkeit eintritt und bei einer Veranstaltung, auf der eine feurige Ansprache für die Freiheit hält, ermordet wird. Der Polizei- und Militärapparat setzt darauf alle Hebel in Bewegung, um den Mord als Unfall darzustellen: Zeugen werden geschmiert, Alibis der Verdächtigten herbeiphantasiert und unbestechliche Beobachter müssen urplötzlich das Zeitliche segnen.
Costa-Gavras, der mit Z – Anatomie eines politischen Morders seinen dritten Spielfilm abgeliefert hat, beweist sich hier nicht nur als Meister für das (heute) klassische Spannungskino. Er nutzt den Rahmen des dokumentarisch angehauchten Genre-Films, um persönliche Überzeugungen zu formulieren, um durch einen oftmals thesenhaften Gestus gezielt den Zuschauer herauszufordern, wenn er ihn mit einem Szenario konfrontiert, welches ein Land aufzeigt, deren demokratischen Tugende ausgehöhlt und entkernt und durch durchtriebe Machtinteresse wieder aufgefüllt wurden: Gesetz und Recht haben dort keinen Bestand mehr, wo sich die Triebfeder der Korruption erst einmal verselbständigt hat. Nachdem das Volk und die Presse durch den Tod des Politikers in Aufruhr gesetzt wurde, greift man auf die Dienste eines unverbrauchten Ermittlungsrichter (Jean-Louis Trintignant, Leichen pflastern seinen Weg) zurück.
Natürlich erhofft man sich, den jungen Mann schmieren zu können, um Beweise weitergehend zu vertuschen. Z – Anatomie eines politischen Mordes gibt dem Zuschauer mit diesem Charakter eine integre, unparteiische Identifikationsfigur an die Hand, der es in erster Linie daran gelegen ist, die Wahrheit im Namen der Gerechtigkeit an das Tageslicht zu bringen. Costa-Gavras' epochemachender Klassiker ist ein unversöhnlicher, ein polemischer, mit viel Wut im Bauch entworfener Denkzettel. Konzentriert und temporeich schält sich das Narrativ bis in die obersten Instanzen der Regierung vor und veranschaulicht präzise, welch virulente Kraft ein von höchster Ebene legitimierter (respektive: initiierter) Komplott besitzen kann, der sich selbst damit brüstet, dem ideologischen Mehltau in der Gesellschaft Einhalt vor einer weiteren Verbreitung zu gebieten. Der Rest muss machtlos mitansehen, wie all die Werte in Flammen aufgehen, auf denen man seine Lebenseinstellung errichtet hat.
Fazit
Mit "Z – Anatomie eines politischen Mordes" legte Regisseur Costa-Gavras den Grundstein für das politische Spannungskino, wie wir es heute kennen: Ein wütender, aufrüttelnder und packender Film, der nach 50 Jahren nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Zu Recht cineastische Allgemeinbildung und einer der großen Klassiker des 1960er Jahre Kinos.
Autor: Pascal Reis