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"The past is just a story we tell ourselves" - jonassons Rückblick

Sportello745

Von Sportello745 in 10 Jahre Kino: Der Moviebreak Dekadenrückblick 2010 - 2019

"The past is just a story we tell ourselves" - jonassons Rückblick Bildnachweis: Her © Warner Bros

Die besten Filme der letzten zehn Jahre – Dekadenrückblick 2010-2020

Eine kurze Bemerkung vorweg: Um mir schmerzhaftes und zeitaufwändiges Kopfzerbrechen zu ersparen – was die Auswahl von zehn Filmen ohnehin schon gekostet hat – nenne ich an dieser Stelle bewusst keine favorisierte Reihenfolge, sondern führe sie nach ihren Erscheinungsjahren auf.

Inception (Christopher Nolan, 2010)

Da es der Film ist, den ich mittlerweile am häufigsten gesehen habe, darf er in dieser Liste nicht fehlen. Er ist nicht nur audiovisuell immer wieder ein Genuss, sondern regt auch nach wie vor zu Diskussionen an. Es gibt wohl kaum einen Blockbuster, der so häufig selbst von Philosophie-ProfessorInnen zitiert wurde. Das Konzept und der Grundgedanke sind trotz mancher kleinen Makel unvergleichlich genial. Ja, das Schauspiel ist nicht herausragend, die Emotionen gehen etwas im kognitiven Kreationshagel unter bzw. wirken gewollt platziert und die Traumebene im Schnee stört mich auch aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu diversen Bond-Filmen. Aber diese Kritikpunkte gehen angesichts der berauschenden Inszenierung und der bahnbrechend originellen Idee einfach sang und klanglos unter.  

The Tree of Life (Terrence Malick, 2011)

Für mich hat Malick in diesem Film in konzentrierter Form ausgedrückt, was er insgesamt zu sagen hat. Was er in anderen Filmen weiter ausführt und in seiner Tiefe exploriert, ist hier bereits angelegt. Auch wenn es oft verstandesmäßig schwer zu greifen erscheint, was Malick uns vermitteln möchte, gibt er uns auf emotionaler und in gewisser Weise auch unterbewusster Ebene enorm viel mit: Er beschert uns das unvergleichliche Erlebnis einer von Spiritualität und tiefer Achtsamkeit durchdrungenen Sicht auf das menschliche Leben. Eine Seherfahrung, die man gemacht haben muss!

The Place Beyond the Pines (Derek Cianfrance, 2012)

Die erzählerische Wucht dieses gewagten Genremixes nimmt mich immer wieder aufs Neue gefangen. Durch die drei dramaturgisch wunderbar durchkomponierten Akte der transgenerationalen Geschichte steht einem so deutlich wie selten bei einem Film vor Augen, welche Auswirkungen das Handeln des Einzelnen auf seine Mitmenschen haben kann. In seiner Kombination aus Bankräuber-Actioner, Polizei-Korruptions-Thriller, Liebesfilm und Familiendrama erreicht der Film eine unvergleichliche emotionale Durchschlagskraft. Sinnbild dafür ist das Messer-und-Blutstropfen-Tattoo unter Ryan Goslings Auge, das wie eine Träne wirkt und der Melancholie und Tragik Ausdruck verleiht.

Her (Spike Jonze, 2013)

Auf dem Grat zwischen Utopie und Dystopie wandelt dieser in einem Moment zum Lachen komische und im anderen Moment zum Weinen tragische Liebesfilm. Wie ein perfekt in Bilder gegossener und auf höchstem Niveau schauspielerisch vorgetragener Essay zum Thema Potenzial und Grenzen von künstlicher Intelligenz kommt er daher. So wunderbar persönlich und intim erzählt der Film seine Geschichte, dass jeder Besitzer eines schlagenden Herzens nur berührt und gebannt sein kann. Ein Film für die Ewigkeit!    

Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) (Alejandro G. Iñárritu, 2014)

Trotz des etwas prätentiös anmutenden Nebentitels und einer musikalischen Untermalung, die einem nahezu den letzten Nerv kosten kann, ist Alejandro G. Iñárritu mit dieser Tragikomödie ein durch und durch originelles filmisches Meisterwerk gelungen. Durch poetische Bilder und grandiose Kamerafahrten entwickelt der Film unterstützt von den überragenden Darstellern eine Dynamik, wie man sie lange nicht im Kino gesehen hat. Ein Triumph der Kreativität!

Boyhood (Richard Linklater, 2014)

Allein für den Versuch, das Experiment zu wagen, einen Menschen über zwölf Jahre zu begleiten und daraus einen zwar fiktiven, aber durch und durch authentischen Film zu machen, hat Linklater höchsten Respekt verdient. Hinzu kommt, dass er ein Händchen für die richtigen SchauspielerInnen hatte und die Gabe besitzt, wahrhaftige Dialoge zu kreieren. Indem er die Probleme und Perspektiven eines normalen Menschenlebens aufzeigt und dabei die nötige Portion Humanismus und Leichtigkeit mitbringt, vermittelt er Hoffnung und Lebensfreude. Ein filmisches Glanzstück mit geradezu therapeutischem Potenzial!

Arrival (Denis Villeneuve, 2016)

In dieser nahezu perfekten filmischen Adaption der Kurzgeschichte von Ted Chiang transportiert Villeneuve sowohl die philosophische als auch die emotionale Dimension der Vorlage. Die Verquickung aus persönlicher Lebensgeschichte der Protagonistin und den Geschehnissen um das Schicksal der Menschheit ist auf eine feine und differenzierte Art gelungen. Dazu die bombastischen Bilder und Klänge der Meister ihres Faches und eine Botschaft, die es absolut zu diskutieren lohnt. Dieser Film ist so viel mehr als nur ein fetziger Beitrag zum Science-Fiction-Genre!

Toni Erdmann (Maren Ade, 2016)

Unter Kritikern zu Recht gefeiert und immerhin mit einer ordentlichen Anzahl Kinogänger in Deutschland gesegnet. Mir fällt kein Film ein, den man nur entfernt mit diesem vergleichen könnte. Der Humor ist einzigartig, die Atmosphäre aufgrund ihrer meist tragischen Fremdschäm-Momente zum Zerreißen gespannt. Hier wird die Erlebenswelt einer gesellschaftlichen Schicht und Berufsgruppe so fein seziert und so kunstfertig ausgedrückt, dass es eine Freude ist. Dieser Film ist messerscharfe Analyse und Kult zugleich!

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri (Martin McDonagh, 2017)

Nie war eine schwarzhumorige Tragikkomödie so witzig und traurig zu gleich. Vor einem Film, dem es so derartig mit Bravour gelingt, von einer Sekunde auf die andere Gelächter und Tränen hervorzurufen und dabei wahrhaftig zu berühren, kann man nur den Hut ziehen. Dabei nimmt die Erzählung einige wunderbare moralische Wendungen und zeichnet Charaktere, die im Gedächtnis bleiben. Schauspiel, Drehbuch, Inszenierung – allesamt zum Niederknien.

Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit (Julian Schnabel, 2018)

Nie war eine Künstlerbiografie so gewagt experimentell unterwegs und traf damit gefühlt so derart den Nagel auf den Kopf. Wenn man sich darauf einlassen kann, nimmt einen der Film in die Wahrnehmungswelt eines Künstlers mit, für den die Menschheit noch nicht bereit und der für diese Welt nicht ausreichend gewappnet war. Wenn man bisher keinen Zugang zu der Kunst von Van Gogh gefunden hat, dieser Film wirft sich ins Zeug, dies zu ändern. Und wenn seine Bilder einem danach noch ein Buch mit sieben Siegeln sein sollten, hat man doch einen Einblick in die Gedankenwelt und das Seelenleben eines unheimlich faszinierenden und geistig reifen Menschen erhalten. Und Willem Dafoe spielt nicht Van Gogh, er wirkt wie seine perfekte Verkörperung. Ein unterschätztes Meisterwerk!  


Weitere Werke in der engeren Auswahl: Biutiful, Der Geschmack von Rost und Knochen, The Broken Circle, Interstellar, Victoria, Raum, Before Midnight und 1917.

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