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"Acht Stunden sind kein Tag" - Mini-Serie - Kritik

Vitellone

Von Vitellone in "Acht Stunden sind kein Tag" - Mini-Serie - Kritik

"Acht Stunden sind kein Tag" - Mini-Serie - Kritik Bildnachweis: © WDR

Story

Werkzeugmacher Jochen, seine Arbeitsgruppe und deren Familien machen aus den Höhen und Tiefen ihres Alltags das Beste - wie im richtigen Leben führt dies meist zu unerwarteten Wendungen, die mal zum Lachen und mal zum Weinen sind: Jochen vereinfacht Arbeitsvorgänge und bekommt die Leistungszulage gestrichen. Oma und Gregor wollen von 20 Prozent ihrer Rente eine Wohnung mieten, weil das der Bundesdurchschnitt ist. Statt auf eine bezahlbare Wohnung stoßen sie bei ihrer Suche auf Kinder ohne Kindergartenplätze und kommen angesichts einer Stadtbücherei, die gerade mangels Nachfrage geräumt wird, auf eine Idee.

Kritik

An Berlin Alexanderplatz war noch gar nicht zu denken, als Rainer Werner Fassbinder (Angst essen Seele auf) 1972 eine fünfteilige Fernsehserie für den Westdeutschen Rundfunk produzierte. Acht Stunden sind kein Tag, lautete ihr Titel, und mittlerweile ist er als fester Begriff in den deutschen Sprachgebrauch übergegen, um zum Ausdruck zu bringen, dass es im Leben mehr gibt als Arbeit. Aber was bleibt wirklich übrig, wenn man nach den titelgebenden acht Stunden in den verdienten Feierabend aufbricht? Dieser Frage stellt sich der Regisseur, indem er diverse Figuren rund um den jungen Werkzeugmacher Jochen (Gottfried John) beleuchtet und so ein dichtes Netz teilweiße nur vage miteinander verbundenen Figuren entspinnt. Die Höhen und Tiefen des Lebens werden dadurch treffend abgebildet und so stellt sich Fassbinder auch gegen den Trend der Heimatserien, die zur damaligen Zeit ein „heile Welt“-Gefühl vermitteln wollten.

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So geht es um eine wahre Vielfalt an Themen. Ehestreit und Probleme auf der Arbeit, junge Liebe und Scheidung, die erste gemeinsame Wohnung oder auch einfach nur zu viele Kohlrolladen auf dem Teller. In der für Fassbinder so typischen Theatralik liegt ein erstaunlich wahrer Kern, der die Zuschauer vor 45 Jahren wohl noch deutlich härter getroffen hat, als er uns heute bewegen kann. Aber nichtsdestotrotz schlummern zeitlose Wahrheiten hinter den Bildern und vor allem Worten der Produktion. „Vielleicht ist nur ein kaputtes Herz, ein gutes Herz.“, heißt es in einer Episode der Serie. Und obwohl niemand wirklich so redet, erscheint dieser Satz doch echter und treffender als ein Großteil der flüchtigen Ausreden, die wir tagein, tagaus zu hören bekommen. Ja, es war schon immer ein Talent Fassbinders, mithilfe des vermeintlich Überspitzten und Gekünstelten näher am Leben zu sein, als es selbst Dokumentarfilme schaffen.

Obgleich Acht Stunden sind kein Tag durchaus als humanistisches Manifest zu verstehen ist, darf man auch seine politische Bedeutung nicht unterschätzen. Fassbinders Werk ist ein Appell ans Proletariat, denn letztlich sind sie die wahren Helden, die sich gegen die Probleme des Alltags stemmen und auf die ein oder andere Weiße siegreich davonziehen. In der damaligen Wirtschaftslage essentiell, doch auch heutzutage noch immer relevant. Denn bestimmte Werte bleiben zeitlos und Zusammenhalt und Weltoffenheit sind essentielle Güter, die damals wie heute einen Platz im Kopf und Herzen der Zuschauer verdient haben. Eigentlich wissen wir das, und dennoch schadet es nicht, wenn Fassbinder uns von Zeit zu Zeit daran erinnert.

Blu-ray

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STUDIOCANAL veröffentlicht die Serie auf zwei Discs (VÖ: 13.02.) mit einer Spieldauer von 478 Minuten. Die fünf Episoden in Spielfilmlänge erstrahlen dank der 2K-Abtastung in erstaunlich klarer Bild- und Tonqualität. Eine hervorragende Restauration, die wohl das Maximum aus dem alten Bildmaterial herausholt. Dazu gibt es ein Booklet sowie die Dokumentation Eine Serie wird zum Familientreffpunkt als Extras. Eine gelungene Aufmachung, die auch dem Inhalt selbst gerecht wird.


Fazit

Acht Stunden sind kein Tag ist durch und durch Rainer Werner Fassbinder. Wer mit dem speziellen Stil des Regisseurs bisher wenig Erfahrung gemacht hat, sollte wohl besser mit einem seiner Spielfilme beginnen, denn die sechs Stunden Laufzeit könnten sonst schnell zur Qual verkommen. Fans des Regisseurs bekommen jedoch genau das geboten, was Fassbinder auszeichnet. Ein theatralisches Abbild der Wirklichkeit, hinter dem jedoch jede Menge Wahrheiten und ein äußerst feinfühliges Gespür für die Befindlichkeit der deutschen Seele schlummern, die der Regisseur mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach außen kehrt.

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