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Die Passion Christi [2004] - Pascals Meinung

Souli

Von Souli in Bilder des Zerfalls: Im Klammergriff der Kontroverse - Teil 11

Die Passion Christi [2004] - Pascals Meinung

Eine ganz heikle Nummer, die eigentlich gar keine heikle Nummer ist, aber Zündstoff für Debatten liefert, denen sich „Die Passion Christi“, Mel Gibsons dritte Regiearbeit nach dem zurückgenommenen Charakter-Drama „Der Mann ohne Gesicht“ und dem großspurigen, mit Filmpreisen übersäten Helden-Epos „Braveheart“, beinahe schon abträglich präsentiert. Denn, egal in welche Dimensionen sich die Entrüstung über „Die Passion Christi“ auch aufschwingt, am Ende des Tages ist dieser Film vor allem eine Sache: Über alle Maßen selbstentlarvend. Ja, einen Film über die Passionsgeschichte hat Mel Gibson nicht wirklich gedreht, denn dafür hätte sich der ehemals hochgeschätzte Schauspieler im Klaren darüber sein müssen, dass der filmische Resonanzraum einen üppigeren Handlungsradius betragen muss, als das Leben des Messias rein auf seine physischen Leiden zu verkürzen. Man möchte „Die Passion Christi“ beinahe schon den aufgestauten Zorn von Mel Gibson attestieren, der der Bibel zwar einzelne Passagen entnehmen, mit der Tatsache allerdings nicht umgehen kann, nur noch reagieren zu können.

Das alleinige Reagieren nämlich scheint dem Australier schlichtweg zu wenig, weil es den von ihm (vermutlich?) ersehnten Präventivschlag von vornherein ausschließt und somit nur noch die rein intellektuelle Reaktion im Bereich des Möglichen scheint – und damit eben jede handgreifliche Konkretheit unter den Tisch fällt. Man kann allerdings grundsätzlich nachvollziehen, worum es Mel Gibson gegangen ist, diese Passage aus den neutestamentlichen Schriften zu entnehmen: Weil er konservieren wollte, welche Qualen Jesus für die Menschheit auf sich genommen hat. Und wer das nicht aushält, so Gibson, der möge doch einfach das Kino nach der Hälfte des Filmes wieder verlassen. Interessant wird „Die Passion Christi“ aber nicht nur durch den Zorn Gibsons, der diese Produktion von der ersten Minute an quasi manisch katalysiert, sondern die Konnotationen, die aus diesem Zorn destilliert werden können. Noch bevor seine vierte Regiearbeit „Apocalypto“ erschienen ist, hat sich der evangelikale Christ Mel Gibson durch antisemitische Aussagen zur Persona non grata in Hollywood erklärt.

In einem Interview mit der US-Zeitschrift „Reader's Digest“ hat sich Gibson sogar dazu hinreißen lassen, eine Aussage zu fällen, die den Holocaust in seiner Absolutheit weitestgehend abmildert, da, seiner Ansicht nach, schließlich nicht nur Juden im zweiten Weltkrieg gestorben sind, sondern auch Deutsche, Russen und Amerikaner. Da stellt sich natürlich die Frage, wie Mel Gibson die Kreuzigung von Jesus Christus porträtiert und ob die, von Weggefährten und Gleichgesinnten Gibsons, so oft beschworene „Bibeltreue“ tatsächlich eine Rolle in „Die Passion Christi“ spielt. Tut sie nicht, so viel sei gesagt. Mel Gibson hat sich darauf eingeschworen, ein gezielt diabolisch-fratzenhaftes Bild der Juden in „Die Passion Christi“ anzufertigen und dass das Martyrium, welches Jesus über sich ergehen lassen wird, immer wieder ganz konkret auf anwesende Juden zurückzuführen ist – überwiegend natürlich die Hohepriester, die eine Geißelung veranlassen, um das Volk zu beruhigen, welches hier keine Tränen über diesen rohen Akt der Gewalt zu vergießen hat, sondern lauthals johlt.

Die Bibelferne dieser Klitterung ist nicht von der Hand zu weisen. Und damit muss sich Mel Gibson auch den Vorwurf gefallen lassen, dass sein „Die Passion Christi“ ein erhebliches ideologisches Problem mit sich trägt. Wenn die bestialische Gewalt erst einmal über den Bildschirm wütet, wandelt sich „Die Passion Christi“ auch zur Pornographie dergleichen: Gibsons Ägide scheint sich in der voyeuristischen Ästhetik der physischen Zerstörung zu verkapseln, um sie zum Ankerpunkt in Jesus' Werdegang zu (v-)erklären. Und das müsste selbst einem Vollblut-Fundamentalisten wie Mel Gibson irgendwie seltsam anmuten. Aber, wie bereits eingangs erwähnt: Hier operiert ein Filmemacher, der seinen eigenen Affekten ausgeliefert scheint; der auf außerordentliche Brutalität nur noch mit außerordentlicher Brutalität zu Antworten weiß. Der kontrovers-exploitative Lanzenstoß ins Wespennest religiöser (Schein-)Wahrheiten jedenfalls ist damit geglückt, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Sujet allerdings findet nicht statt. Der Schaum vor dem Mund hat Gibsons Sinne vernebelt.

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