{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Die Passion Christi [2004] - Levins Meinung

Souli

Von Souli in Bilder des Zerfalls: Im Klammergriff der Kontroverse - Teil 11

Die Passion Christi [2004] - Levins Meinung

Levins MeinungBei der diesjährigen Verleihung der Golden Globes, die ein unheimlich lahmes und langes Unterfangen waren, gab es ungefähr drei gelungene Witze. Einer von Jonah Hill, einer über Brangelina und einer über Mel Gibson und dessen Antisemitismus. Der ist seit Jahren kein Geheimnis mehr, hat Mel selbst doch mehrmals die „verdammten Juden“ für alle Kriege und alles Leid und Übel dieser Welt verantwortlich gemacht. Weshalb das sogar in einer so verqueren Welt wie der, in der Herr Gibson anscheinend lebt, herrlich paradox ist, wird sich später noch herausstellen. Um dessen bisweilen vorletzte Regie-Arbeit namens „Die Passion Christi“ ging leider gewissermaßen in die Annalen der Filmgeschichte ein. Der finanziell erfolgreichste R-Rated-Film der Geschichte, als der finanziell erfolgreichste religiöse und fremdsprachige Film zählt dieses grandios lächerliche Werk auch noch.

Aber hier soll es ja um skandalöse Filme gehen und ein Skandal war dieses Werk. Als Atheist geht man nun sicherlich mit anderen Erwartungen und einer anderen Perspektive an diesen Film heran, als ein (orthodoxer) Christ. Erst kam mir der Gedanke, dass mich mein Unglaube von vornherein als Kritiker für diesen Film disqualifizieren könnte. Aber so bierernst, wie Mel Gibson den Schlunz hier nimmt, und so sehr, wie er sich dabei verrennt, bilde ich wohl nur das gesunde Gegengewicht, das ein solches Werk wirklich nötig hat. Sonst droht die Gefahr, dass neben dem Regisseur noch mehr Leute diesen Film ernst nehmen. Und das gilt es zu verhindern. Tatsächlich scheint es unerklärlich, wie dieser Film auf ernstgemeinte positive Stimmen treffen kann.

Mel Gibson inszeniert die letzten Stunden aus dem Leben Jesu und legt dessen Leidensgeschichte äußerst konservativ und radikal aus. Jesus wird hier von der madigen Existenz des Menschen erhoben, als der Erlöser der Menschheit inszeniert. Als Unschuldslamm, dem allerlei Unrecht widerfährt und sich darum nicht schert - natürlich, für das Wohlbefinden aller Menschen. Nun, diese plakative Geschichte ist wohl der Vorlage geschuldet. Gibson interessiert sich jedoch nicht für eine zeitgemäße Adaption des wohl bekanntesten fiktionalen Textes des Westens und nutzt den Film allen Ernstes für ein einziges Ziel: Er will dem Zuschauer Ehrfurcht aufzwingen. Dieser Film ist wie ein schreiender Pastor aus Filmen, deren Stellen man regelmäßig vorspulen möchte. Außer in „Blues Brothers“. Diese aufgezwungene Ehrfurcht ist nicht nur bescheuert und verquer, sie verbittet sich und dem Zuschauer jedwede Form vom aktiven Denken. Kein Hinterfragen, das wäre Lästerung, nur Abnicken, „Amen“ denken und reaktionäre Glaubens(selbst-)befriedigung durchführen. Das könnte man richtig widerlich finden, wäre es in seiner 300“-Optik nicht so verdammt lächerlich und Mel Gibson nicht eine derart tragische Gestalt. 

Auch wenn dies nicht der Hauptkritikpunkt an diesem Film ist, so sollte man dem Vorwurf der antisemitischen Hetze Beachtung schenken. Wie Gibson selbst zu den Anhängern dieser Religion steht, dürfte spätestens seit einem gewissen Aufeinandertreffen mit einem Verkehrspolizisten klar sein, aber auch in diesem Film lassen sich einige deutliche Hinweise finden. Die Juden werden nämlich ausnahmslos als rachsüchtig, gewaltgeil, undifferenziert, kaltblütig, kurz; als widerliche Tiere dargestellt. So weit das Auge reicht gibt es hier keine jüdische Figur, die auch nur in irgendeiner Art und Form von diesem Schema abweicht. Die Juden sind es, die Jesus hassen, die sein Leiden und seinen Tod durch ihre Unmenschlichkeit verschulden. Und hier wird deutlich, wie herrlich durcheinander der Mel ist. Während er lautstark die Juden als Ursprung allen menschlichen Leids beschuldigt, zeigt er hier einen Film, in dem die Juden Jesus foltern, was der hinnimmt, um des Menschen Leid auf sich zu nehmen. Da fehlen einem die Worte.

Das ist für einen Film ja schon genug, um ihm das Genick zu brechen und ihn als verachtenden Schund in die tiefsten Jagdgründe zu schicken, auf dass er nie wieder hervorkommen mag. Aber Mel Gibson wäre wohl nicht Mel Gibson, wenn er alldem nicht noch einen obenauf setzen würde. Das nämlich, was Gibson mit diesem Film nach eigener Aussage versucht, ist den Zuschauer Zeuge der Leiden Jesu werden zu lassen, wahrscheinlich, damit das Publikum „gereinigt“ aus dem Kino gehen kann - aber das wäre nur Spekulation. Das aber, was Gibson hier mit seinem Film als einziges gelingt, macht diesen Film mit zum abartigsten, was es so in die Kinos geschafft hat. Jesus wird gnadenlos zu Brei geschlagen, die Römer lachen über die Art, wie er sich krümmt, erfreuen sich an dem Anblick von zerfetztem Fleisch und dem Blut. „Die Passion Christi“ ist Sadismus in Reinform, Gibson möchte Jesus leiden sehen und treibt das Spiel so weit, wie es ihm passt. Er hat hier einen Film vorgelegt, dessen Ziel Sadismus ist, dessen einzige Norm Sadismus ist und der gar nicht dazu imstande ist, weiterzudenken.

Das ist es schließlich auch, was diesen Film so erbärmlich schlecht werden lässt. Die Lust an der Gewalt, die nicht gezeigt wird, damit der Zuschauer sich vor Abscheu abwendet, sondern kein wirkliches Ziel verfolgt, weil der Film schlicht zu dumm ist. Nach der hundertsten Nahaufnahme von Jesus blutigem Gesicht wird die Gaudi auch irgendwann alt, die Gewalt für den Zuschauer egal und Mel Gibson verfehlt sein naiv-schmalspuriges Ziel auf so spektakuläre Art und Weise, dass man entweder lächeln oder mit dem Kopf schütteln muss.

Was diesen Film von den anderen Werken abhebt, die im Rahmen von „Bilder des Zerfalls“ besprochen wurden, ist, dass der Film an sich inhaltlich so mager und schwach ist, dass er eigentlich gar keine „Kontroverse“ nähren kann, weil er nicht wirklich mehrere Ansichten zulässt, die es wert wären, über sie zu diskutieren. „Die Passion Christi“ ist ein Film, der so kalt lässt, dass man ihn gar nicht hassen kann, obwohl er es verdient hätte und ein unauslöschbarer Beweis davon, wie ungelenk Mel Gibsons Arbeit sein kann. Und wie menschenverachtend verrückt der Typ eigentlich ist.

Wird geladen...