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Crisis in Six Scenes - Miniserie - Kritik

MrDepad

Von MrDepad in Crisis in Six Scenes - Miniserie - Kritik

Crisis in Six Scenes - Miniserie - Kritik Bildnachweis: © Amazon

Story

In den 1960er-Jahren, während turbulente Zeiten in den Vereinigten Staaten herrschen, wird der Haushalt  einer Mittelklasse-Vorstadtfamilie durch den Besuch eines unerwarteten Gasts völlig auf den Kopf gestellt.

Kritik

Nun ist es also passiert. Der große Woody Allen (Manhattan), ein alteingesessener Verfechter des Kinos und seit Jahrzehnten zulässiger Lieferant von mindestens einem Film im Jahr, welcher selbst offen zugab, noch nie in seinem Leben eine Fernsehserie geschaut zu haben, hat seine erste Serie gedreht. Es wird vermutlich seine einzige bleiben, denn schon im Vorfeld gab es mächtig Spannungen rund um das Projekt, für das der Regisseur von Amazon praktisch einen Freifahrtschein erhalten hatte und mit offenbar üppigem Budget verwirklichen durfte, was immer ihm im Kopf herumschwirrte. Wie Allen vorab verlauten ließ, war das nicht viel, denn er wusste überhaupt nicht, wie er ein Medium angehen sollte, das ihn gar nicht erst interessiert. 

In der mittlerweile fast schon unüberschaubaren Flut an immer neu erscheinenden Qualitätsserien kommt Crisis in Six Scenes ebenso überraschend wie erwartungsgemäß einem Novum gleich. Allen beugt sich den Strukturen des seriellen Erzählens zu keinem Zeitpunkt. Wie sollte er auch, wenn er davon nicht die geringste Ahnung besitzt? Von komplexen Charakteren, verwinkelten Handlungssträngen oder heftigen Cliffhangern fehlt in den sechs Episoden der Serie jegliche Spur. Der Regisseur hat stattdessen einfach einen neuen Film gedreht, der mit insgesamt gut 140 Minuten deutlich länger geraten ist als seine üblichen Werke, welche selten die 90-Minuten-Marke überschreiten, und diesen in einzelne Episoden aufgeteilt. Hätte Allen auf die Titeleinblendung sowie das Einfügen von Credits am Ende jeder Episode verzichtet, wären die Übergänge nahtlos und der Unterschied zwischen einer Miniserie und einem Film nicht mehr zu erkennen. 

Die offensichtliche Unfähigkeit des Regisseurs, sich mit den Möglichkeiten des Mediums auch nur im Ansatz auseinanderzusetzen, macht aus Crisis in Six Scenes im Gegenzug noch lange keinen künstlerischen Fehlschlag. Viel mehr hat Allen in dem Serienprojekt einige der bissigsten, amüsantesten und trockenhumorigsten Pointen auf Lager, die seine letzten Werke nur noch in abgeschwächter, verdünnter Form enthielten. Das liegt auch daran, dass der Regisseur seit langer Zeit trotz seines mittlerweile stolzen Alters von 80 Jahren mal wieder selbst in eine der Hauptrollen geschlüpft ist. Bereits in der allerersten Szene, wenn er als nur noch mäßig erfolgreicher Autor auf dem Friseurstuhl sitzt und davon erzählt, an einer Fernsehserie zu schreiben, da hier momentan am meisten Geld zu machen sei, während er gerne einen Haarschnitt im Stil von James Dean hätte, strahlt die Auftaktepisode atmosphärische Töne aus, die an ältere Filme von Allen erinnern und die verkörperte Figur des Regisseurs sofort als typisch neurotische Allen-Kreation etablieren. 

Angesiedelt ist die Serie in den 60er-Jahren, zu einem Zeitpunkt, an dem der Vietnamkrieg regelmäßig heftige Proteste und Ausschreitungen auf den Straßen auslöst. Davon wollen Sidney und seine Frau Kay nicht viel wissen. Das Ehepaar, er der ständig besorgte Querkopf, der durch kleinste Unebenheiten völlig aus der Fassung gerät, sie die ruhige Seele, die ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt, macht es sich lieber im liberal-gemütlichen Haushalt bequem, in dem Sidney eher schleppend mit dem Schreiben vorankommt, während Kay als Eheberaterin im Eigenheim tätig ist und nebenbei regelmäßig zahlreiche Frauen zum gemeinsamen Buchclub empfängt. Nachdem Allen in der ersten Episode die Verhältnisse mit lakonischem Charme klarstellt, wirbelt er das Geschehen in der nachfolgenden Episode durch die Ankunft der aggressiven Anti-Establishment-Aktivistin Lennie gehörig durcheinander. 

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Miley Cyrus (LOL) bekommt in der Rolle der quirligen, jungen Frau zwar eher eindimensionale Charakterzüge, was in gewissem Maße auch alle anderen Figuren der Serie betrifft, wenn sie kritische Parolen wie in einer Dauerschleife wiederholt, doch davon abgesehen gehen ihr die frechen Bemerkungen aus Allens Drehbuch locker von der sonst so ikonisch ausgestreckten Zunge. Der erste Zusammenprall von Sidney und Kay mit Lennie ist eine gewohnt spritzige Ansammlung von Dialoggefechten und Situationskomik, die der Regisseur im folgenden Verlauf der Serie etwas reduzierter verteilt. Nach dem ersten Drittel macht sich durchaus bemerkbar, dass Allen stellenweise überfordert damit war, eine Geschichte, die in kompakte 90 Minuten hervorragend gepasst hätte, auf Serienlänge zu strecken. Die Art des Humors weist spätestens nach der Hälfte leichte Abnutzungserscheinungen auf, während sich die Dialoge, welche diesmal so politisch aufgeladen sind wie selten zuvor in Allens Werken, etwas im Kreis drehen. 

Das größte Manko von Crisis in Six Scenes ist am Ende also gerade das Format selbst. Um 40-45 Minuten gekürzt hätte der Regisseur womöglich seinen stimmigsten Film seit langem geschaffen, der hier durch das Auswalzen von unnötig in die Länge gezogenen Einzelszenen, die den typisch dynamischen Schnitt von Allen vermissen lassen, ein wenig verwässert wird. Gerade im Finale findet die Serie aber nochmal einen geschmeidigen Rhythmus, wenn Allen auf chaotische Konfrontation setzt und eine Vielzahl an Figuren in einem Haus zusammenbringt, was zu urkomischen Zwischenfällen führt.

Fazit

Ein weltbekannter, von vielen Menschen verehrter Regisseur dreht eine Serie, obwohl er das Fernsehen verabscheut. Woody Allens "Crisis in Six Scenes" trägt durch die strikte Verweigerung gängiger TV-Konventionen nur wenig Schaden davon. Der Regisseur erzählt einfach eine für ihn typische Geschichte mit gewohnt trockenem Humor, verbissenen Neurosen und etwas simpel gezeichneten, aber lebhaften Figuren. Der lockere, kurzweilige Rhythmus leidet etwas durch die Streckung auf für Allen ungewohnte Überlänge, so dass manche Themen und Gags etwas redundant abflachen, doch für Fans des Regisseurs bietet die Serie gemütliche, unterhaltsame 140 Minuten, die als einmaliges Experiment trotz vereinzelter Schwachpunkte geglückt sind.

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