Erwähnungen
Der große Moviebreak Jahresrückblick 2015 - Jonasson
Von siBBe in Der große Jahresrückblick der MB-Redaktion 2015
am Donnerstag, 31 Dezember 2015, 12:23 Uhr
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DIE TOP 10 FILME 2015:
1. Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)
Trotz des etwas prätenziös anmutenden Nebentitels und einer musikalischen Untermalung, die einem nahezu den letzten Nerv kosten kann, ist Alejandro G. Iñárritu mit dieser Tragikomödie ein durch und durch originelles filmisches Meisterwerk gelungen. Durch poetische Bilder und grandiose Kamerafahrten entwickelt der Film, unterstützt von den überragenden Darstellern, eine Dynamik, wie man sie lange nicht im Kino gesehen hat. Ein Triumph der Kreativität und deshalb für mich der beste Film des Jahres!
2. Victoria
Was eine experimentierfreudige Kameraführung angeht, kann es dieses deutsche Drama mit jedem anderen Film (auch mit „Birdman”) aufnehmen. Was der Kameramann Sturla Brandth Grøvlen da in einem einzigen One-Shot geleistet hat, ist atemberaubend. Durch halb improvisierte, glänzend gespielte Szenen entfaltet der Film eine seltene Authentizität, die zusammen mit der Kamera aus dem Drama ein cineastisches Experiment macht, das auch durch seine ungewöhnliche Genremischung zu überraschen und zu begeistern vermag.
3. Alles steht Kopf
Der neue Pixar-Film erzählt mit gewohnter Herzlichkeit und bunter Einfühlsamkeit eine Geschichte, die unweigerlich jeden persönlich ergreift. Über die einseitige Verwendung einer einzigen Emotionstheorie als wissenschaftliche Grundlage lässt sich sicherlich streiten, doch die Umsetzung ist so überragend, dass man dem Film nicht böse sein kann. Ein modernes Märchen, das durchaus etwas mitzuteilen hat.
4. Foxcatcher
Selten werden in einem Film so facettenreiche Charaktere gezeigt, wie es hier der Fall gewesen ist. Bennett Miller gelingt es, basierend auf einem genialen Drehbuch, psychologische Vielschichtigkeit bildgewaltig in Szene zu setzen. Neben Steve Carell ist eindeutig der Regisseur der Star dieses Films.
5. The Imitation Game
Auch wenn das Historiendrama zwischenzeitlich etwas zu sehr auf die Tränendrüse drückt und sich eindeutig im gewohnten Fahrwasser eines Hollywoodfilms befindet, ist die Geschichte so packend inszeniert und exzellent gespielt, dass der Streifen einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Neben den historischen Fakten werden auch andere relevante Themen wie die Homosexualität der Hauptfigur mit Bedacht in den Film integriert und durch Benedict Cumberbatchs schauspielerische Leistung würdig behandelt.
6. Spotlight
Das Schaupieler-Ensemble um Michael Keaton treibt uns hier zu einem Höllenritt durch die mühselige Arbeit investigativer Journalisten und den faszinierenden Dschungel des intellektuellen Schlagabtauschs. Die Stärke des Films liegt in seiner Sachlichkeit und angenehmen Unaufgeregtheit, die sich als einzig richtige Herangehensweise an eine derartige Thematik erweist.
7. Whiplash
Dieses Charakterdrama lieferte uns mit J. K. Simmons in der Rolle des Lehrers und Mentors Terence Fletcher eine unvergessliche, ikonische Figur, die in die Filmgeschichte eingehen wird. Alles in allem ist der Film eine abgründige, scharfsinnige Beziehungsstudie, die ihren Fokus mutig zu setzen versteht und nicht nur Musiker in ihren Bann zieht.
8. Still Alice
Das Filmdrama geht sensibel und realitätsnah mit der heute leider allzu präsenten Thematik der Alzheimer-Erkrankung um und glänzt vor allem durch einen gemäßigten Rhythmus der Bilder. Julianne Moore wurde zurecht mit dem Oscar ausgezeichnet, denn ihre Gestik und ihr Mienenspiel ist über jeden Zweifel erhaben.
9. The Walk
Wider Erwarten gelingt es Robert Zemeckis aus der eher weniger komplexen historischen Aufhängung ein mitreißendes und vielschichtiges Werk zu kreieren. Die Atmosphäre zweier Weltstädte und der Weg eines Künstlers zur Tat seines Lebens wird, unterstützt von der sinnvoll eingesetzten CGI-Technik, so eindrücklich und plastisch dargestellt, dass einem der Atem stockt.
10. Carol
In ehrwürdigen, eleganten Bildern erzählt Todd Haynes die Geschichte zweier Frauen, die trotz der gesellschaftlichen Umstände ihrer Zeit selbstbewusst durchs Leben gehen. Eine charismatische Cate Blanchett, eine bezaubernde Rooney Mara und die intensive Drehbuchgrundlage von Patricia Highsmith machen diesen Film zu einem Geniestreich.
Auch an mir sind dieses Jahr einige Filme vorbei gegangen, die in nächster Zeit dringend nachgeholt werden müssen. So könnte die zukünftige Sichtung von Werken wie „Steve Jobs”, „Sicario”, „Bridge of Spies”, „MacBeth” und „Mistress America” meine Top Liste des Jahres 2015 entscheidend beeinflussen.
DIE FLOP 5 FILME 2015:
1. Fifty Shades of Grey
Ein Debakel, das einem die Sprache verschlägt. Abgesehen von den schwachen Leistungen aller Beteiligten ist es traurig, dass es der Film nicht einmal wagte, Grenzen zu überschreiten.
2. Ted 2
Letztendlich ist die Fortsetzung nur eine Wiederholung des ersten Films mit einer Story, die sich verzweifelte Drehbuchautoren gegenseitig aus den Fingern genuckelt haben.
3. Königin der Wüste
Man fragt sich schon, was Werner Herzog da geritten hat, die Biografie einer bedeutenden Frau so klischeehaft (wortwörtlich) in den Sand zu setzen. Ideenlos, Richtungslos und leider auch belanglos. Was bleibt ist das Wissen, eine gute Nicole Kidman und beeindruckende Landschaftsaufnahmen gesehen zu haben.
4. Spectre
Der neue Bond-Film ist nicht ein Flop im klassischen Sinne, ist er doch ein solider Film geworden, der in keinster Weise den Erwartungen standhalten konnte. Die Action war ansehnlich, doch von der nostalgisch-emotionalen Tiefe und der Charakterentwicklung aus „Skyfall” keine Spur in Sicht. Schade, Herr Mendes!
5. Kingsman: The Secret Service
Weniger eine Agentenparodie, als eine sinnbefreite Gewalteskalation im großen Stil. Den durchaus kreativen Einfällen wurde durch das geschmacklose Abrutschen ins Extreme der Wind aus den Segeln genommen.
GEHEIMTIPPS AUS DEM JAHR 2015:
Der Staat gegen Fritz Bauer
Ein feines, faszinierendes Historiendrama, das sowohl auf die Figur Fritz Bauer als auch auf die junge deutsche Bundesrepublik ein detailreiches, durchaus neuartiges Licht wirft. Schauspielerisch ein Hochgenuss sowie mit frischem Schwung geschrieben und in Szene gesetzt.
Familienbande
Das irische Drama über die Beziehung zwischen einem kleinen Mädchen und ihrem Onkel entwickelt leichtfüßig eine unheimlich intime, witzig-melancholische Atmosphäre. Ein Film, der dazu einlädt, zwischen den Zeilen zu lesen und seine emotionale Kraft aus den stillen Momenten und metaphorischen Bildern schöpft.
Stella – Kleine Große Schwester
Dieser Film widmet sich einfühlsam und wohlüberlegt dem Thema Magersucht und entwirft dabei das Psychogramm einer Familie aus der Sicht der kleinen Stella. Pointierte Dialoge, passionierte Darsteller und die brisante Thematik machen dieses deutsch-schwedische Drama zu einem echten Geheimtipp.
10 MOST WANTED FILME 2016:
The Revenant
Raum
The Big Short
The Hateful Eight
Anomalisa
Hail, Ceasar!
Snowden
Ein Hologramm für den König
Findet Dory
Tschick
FAZIT:
Das Kinojahr 2015 hatte eine durchaus interessante Mischung zu bieten. Während die großen Werke wie gewöhnlich am Anfang des Jahres, kurz vor der Oscarverleihung, und gegen Ende des Jahres erschienen sind, gestaltete sich die Sommerflaute dieses Jahr als noch unbefriedigender als es sonst der Fall gewesen ist. Dieser Umstand ist wohl auch der Tatsache geschuldet, dass ich den gefeierten Blockbustern wie „Mad Max – Fury Road” und „Jurassic World” eher weniger abgewinnen konnte und damit zur Mitte des Jahres hin leer ausgegangen bin. Besonders gefreut hat mich die überraschende Präsenz des deutschen Kinos, das dieses Jahr einiges geleistet hat. Auf ein neues, erquickendes, anregendes Kinojahr 2016!
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