Erwähnungen
Jahresrückblick - Lidanoir
Von siBBe in Der große Jahresrückblick der MB-Redaktion 2016
am Samstag, 31 Dezember 2016, 11:28 Uhr
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DIE TOP 5 FILME 2016:
1. The 13th
Ava DuVernay beweist einmal mehr, dass sie eine der wichtigsten Filmschaffenden der Gegenwart ist. Ihr unerschrockenes Dokument staatlich sanktionierter und intendierter Sklaverei spricht eine gern verleugnete Wahrheit über den proliferierenden Rassismus aus.
Die scharfsinnige Vereinigung von Gesellschaftsdrama und Geisterhorror lässt auf eine Renaissance des Gruselfilms hoffen. Das junge iranische Kino definiert sich mit jedem Filmjahr mehr als Prisma von Dramatik und Systemkritik.
Emotional und narrativ kontrastreiches Drama, dessen mythischer Unterbau und nostalgischen Referenzialität einen politischen Subplot verbirgt. Genialer Soundtrack, beste Credits des Jahres!
4. The VVitch
Subtiler Horror, der sich bewusst von den albernen Jump Scares des modernen Genrekinos abgrenzt. Die unterliegende Religionsparabel ist psychologisch beklemmender als jeder Blutrausch.
5. Tangerine
Grell wie die Aufmachung seiner Hauptprotagonistinnen, tragikomisch wie die persönlichen Tragödien der beiden Trans-Prostituierten, einfühlsam wie die Freundschaft der kantigen Heldinnen. Die besten Storys finden sich am Rande der Gesellschaft, nicht in der Elite.
DIE FLOP 10 FILME 2016:
1. Independence Day: Resurgence
Roland Emmerich at his worst. Tiefer kann das Actionkino nicht sinken.
2. Saint Amour
Dumm, menschenverachtend, hohl, schlecht gespielt, dröge … Das neuste Werk eines Regie-Duos, das sich offenbar der Abfallproduktion verschrieben hat.
3. Passengers
Eine menschenverachtende männliche Machtphantasie, die ein latent faschistisches Konzept eines neuen Eden konstruiert. Die perfekte Masturbationsvorlage für perverse Stalker.
Im Kino werden Umweltzerstörer zu Helden stilisiert, während sich draußen die Klimakatastrophe beständig verschärft. Das die pathetische Inszenierung mit Sexismus, Frömmelei und miesen Effekten garniert ist, macht den Action-Trash filmischen zur Katastrophe.
Mel Gibson at his worst. Das ist fast so übel wie Roland Emmerich, aber es ist schwer, den König zu schlagen. Noch deprimierender als solch patriotisch verzerrte Kriegspropaganda ist, dass tatsächlich Leute den freimütigen Antisemiten und Erzreaktionär für eine coole Sau halten.
Ein Regisseur, der hier jungen Mädchen nachgeifert, aber gleichzeitig einen Riesenschiss vor dem hat, was er als ihre perfide instrumentalisierte Sexualität darstellt, setzt seinem verklemmten Machismo ein Artsy-Fartsy-Denkmal.
7. Genius
Statt drei Sätzen eine Frage: Warum eliminiert ein Regisseur weibliche und farbige Autoren sorgfältig aus einem Biopic über einen bedeutenden Verleger, stilisier Schriftsteller von höchst umstrittenem literarischen Ruhm zu Helden und verzerrt eine bedeutende Künstlerin und Kunstförderin zur albernen Hysterikerin?
8. Mother's Day
WASP-Bullshit.
Ein mit archaischer Heldenfolklore verbrämtes Hohelied auf überholte Männlichkeitsideale und den Krieg. Die pathetischen Schwarz-Weiß-Bilder werfen die Frage auf: Würgereiz bekämpfen oder einschlafen?
Ich hab dich nicht vergessen, Til. Keine Shitlist ohne dich!
GEHEIMTIPPS AUS DEM JAHR 2016:
Royahaye Dame Sobh (Starless Dreams)
Die ungeschönte Doku über den Alltag in einer Strafanstalt für junge iranische Mädchen zeigt auf die Kriminalisierung von prädestinierten Opfern, die sich eben dieser Rolle verweigern, wenn nötig mit Gewalt. Dass trotz solch kraftvoller und relevanter Jugendfilme die meisten Kinogänger noch von Fantasy-Fließbandware schwärmen, stimmt nur traurig.
Es ist weniger eine Doku als eine abgefilmte Wahlveranstaltung, aber als solche ein Protestakt. Zudem ist der Einblick in den Werdegang Clintons ein unverzichtbarer Denkanstoß für alle, die von der US-Wahl als einer zwischen „Pest und Cholera“ sprachen. Wobei die Annahme, dass diese Menschen denken wollen, gefährlich optimistisch ist.
Eine niederschmetternde, bisher weitgehend übersehene Chronik der unmittelbaren sozialen und persönlichen Auswirkungen von Rape Culture. Das inszenatorisch unvollkommene Regiedebüt verdank seine Bedeutung der Thematik, die nach wie vor aus dem kollektiven Bewusstsein verbannt wird.
10 MOST WANTED FILME 2017:
Der nächste Überraschungsfilm von Michael Moore
Lizzie Borden Project (Untitled)
MEIN SERIENJAHR 2016:
Ich werde eher Serienkillerin als Serienguckerin.
FAZIT:
Das letzte Jahr war global und persönlich eines der Schlimmsten, an die ich zurückdenken kann. Das einzige, was diesen Zeitabschnitt in ein milderndes Licht taucht, ist die Gewissheit, dass es noch übler kommen wird.
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