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Jahresrückblick - Stu

siBBe

Von siBBe in Der große Jahresrückblick der MB-Redaktion 2016

Jahresrückblick - Stu Bildnachweis: © Kool

DIE TOP 10 FILME 2016:

1. Tangerine L.A.

Dieses Jahr war kein Film so lebendig, authentisch und pulsierend wie dieser. Die Ultra-Low-Budget-Tragikomödie, die nur mit einem iPhone gedreht wurde, packte mich unvermittelt, schleifte mich durch ihre Welt und entließ mich mit purer Begeisterung. Im eher schläfrigen und über-konventionellen Kinojahr 2016 war dieser Film ein echter Wachmacher.

2. Raum

Die Befürchtung, dass hier ein widerwärtiges Verbrechen für simple Schauwerte ausgeschlachtet wird, bewahrheitet sich nicht. In tiefer Ehrfurcht huldigt das Drama nicht dem Martyrium, sondern der Liebe zwischen einer Mutter und ihrem Kind und findet dafür überwältigende Szene voll rauer Schönheit und Kraft.

3. Toni Erdmann

Dies ist kein Film, der versucht es allen recht zu machen. Viel lieber implantiert Regisseurin Ade ihrem Festivalhit etwas, was vielen großen Komödien wie auch Dramen in den letzten Jahren fehlte: Eine Eigenheit. Eine Anwendung von individuellen Merkmalen, die weder engstirnig geformt noch kalt wie ein Banner vor sich hergetragen wird. Mit zwei famosen Hauptdarstellern sowie einem wunderbaren Sinn für Komik und Dramaturgie entwickelt sich nach und nach ein hinreißendes Mosaik der Gefühle.

4. Wiener Dog

Das hier ist trotz seines typischen US-Independent-Looks ein düsteres Werk und konfrontiert uns, oft schelmenhaft, mit unseren Defiziten, aber auch denen der anderen. Im Prinzip ist Solondz ein sensibilisierende Tragikomödie, die nicht wild gestikulierend daherkommt, sondern nüchtern lächelnd, aber eben auch mit scharfen Krallen. Wahrscheinlich der böseste Film des Jahres.

5. The Lobster

Nach Dogtooth endlich wieder ein neues Meisterwerk von . Mit seiner bissigen Farce spielt, reflektiert und entfesselt er erneut mit Konventionen. Die Angst vor der Einsamkeit wird hier aus ihrem personellen Käfig gezogen und bekommt eine sozial-gesellschaftliches Bedeutung.  Sehr böse, sehr amüsant und auch sehr facettenreich.

6. Arrival

Tief verankert in Melancholie erzählt Villeneuve mehr als nur die x-te Version von Close Encounters. Sein Arrival ist packendes, unprätentiöses Erzählkino,. Eine teils bedächtig stille und stets visuell überwältigende Abhandlung über das Unbekannte,die die Zuschauer nicht mit einem guten Gefühl oder der Erinnerung an fulminantes Spektakel entlässt, sondern mit einer Frage, über die auch weit nach Abspannende noch herrlich philosophiert werden kann

7. Elle

Willkommen zurück, Paul Verhoeven. Mit Elle inszenierte der Niederländer ein Werk das scheinbar zwischen den Fronten steht. Der Film ist weder Verarbeitungs-Drama noch pure Rache-Phantasterei. Es ist ein Vexierspiel mit unseren Erwartungen, die der Film weder erfüllt noch ignoriert. Radikales Kinos, frei von Besserwisserei, falschen Versprechungen und dem Glaube di einzig wahre Antwort zu wissen. Ach ja, Isabelle Huppert  ist natürlich auch sensationell.

8.Mustang

Kein stiller Protest, sondern ein lauter Aufschrei gegen Ungerechtigkeit und widerwärtige Traditionen. Ein Drama mit Herz, Seele, Energie und einem scharfen,, enthüllenden Blick.

9. Nocturnal Animals

Tom Fords allegorischer Thriller erweist sich neben s Gone Girl - Das perfekte Opfer als weitere stilistisch herausragende Beziehungssatire. Grandios besetzt, mit viel Bosheit im Tank und jede Menge Interpretationsspielraum bot der Film am Ende des Jahres ein wohltuendes, abschließendes Highlight.

10. Psycho Raman

Willkommen im Wahnsinn, dort wo Elend gegen Elend kämpft. Dieser zittrige  Thriller verursacht Unbehagen, seelische Übelkeit und die One-Man-Show von Nawazuddin Siddiqui, der in einer ehrwürdigen Leistung einen Psychopathen porträtiert, dessen Persönliichkeit einen von der ersten Minute frösteln lässt. Vor allem eine Szene, die ich hier nicht beschreiben will, sorgte dafür, dass Psycho Raman sich 2016 in meine Synapsen eingebrannt hat.

DIE FLOP 5 FILME 2016:

1. Ben Hur

Schon lange nicht mehr war ein Blockbuster im Bereich der Erzählung so unangenehm zäh und bräsig. Sogar Emmerichs Sommer-Debakel Independence Day: Wiederkehr wirkt im Gegensatz zu Ben Hur wie vitalisierendes Kinos. Was Bekmambetow hier vorlegt ist schlicht und ergreifend desaströs und es kommt zu keiner Zeit Begeisterung, Faszination oder Interesse für die Geschichte oder die Figuren auf. Wie auch? Die Charaktere sind stupide Schablonen, die Geschichte kommt selbst dann nicht in Fahrt, wenn es zu Exzessen kommt und trotz einer Verkürzung der Geschichte, erweist sich der Film als unangenehmer Zeitfresser. Der Ben Hur von 1959 wirkt in der Tat um einiges kurzweiliger als dieser hier.

2. The Purge: Election Year

Nichts gegen dumme Filme, aber alles gegen dumme Filme die von sich sich überzeugt sind und es dem Publikum vorgaukeln, dass sie intelligent wären. Die Purge-Reihe macht das seit einigen Jahren mit großer Freude zur Selbstüberschätzung. Das Ergebnis ist katastrophales Kino, dass nicht einmal als Genre-Werk funktionieren will, weil die Macher (scheinbar) wirklich glauben, dass sie hier mehr tun, als Phrasen, Plattitüden und Pathos aneinanderzureihen.

3. London Has Fallen

Wie beim Vorgänger wird auch hier alles was nicht amerikanisch ist entweder als gefährlich, durchtrieben oder schlicht und ergreifend inkompetent dargestellt. Das gipfelt dann sogar in Szenen, in denen andere Politiker großer Nationen zuerst mit allerlei Klischeegesuppe vorgestellt werden, nur um sie dann meist explosiv über die Klinge zu schicken. Sogar unsere Bundeskanzlerin erhält ein nicht unbedingt gut getroffenes Doubles Was noch um einiges schmachvoller ist, ist jedoch wie dreist der Film moralisch zu Werke geht. Wenn die Terroristen töten, wird dies immer als grausam und menschenverachtend dargestellt (was es ja auch ist), aber wenn der Held des Films auf teils rabiateste und widerlichste Weise seine Gegner foltert und exekutiert, zelebriert er dies mit einer solch denkwidrigen, moralischen Blauäugigkeit, dass es mental schmerzt. London Has Fallen ist zweifelsohne die perfekte Masturbationsvorlage für Leute wie Donald Trump

4.Rampage: President Down

Nach Auschwitz und Siegburg der widerlichste Bollfilm. Da gab es so viel was mich angepisst hat, dass die inszenatorischen Unzulänglichkeiten des Films die Wertung nur peripher beeinflussen. was hier wirklich entsetzlich ist, ist die Inbrunst, mit der es Menschenleben zu Nichtigkeiten erklärt. Rebellion? Geht nur mit Gewalt und am Ende erschießen die Armen die Reichen. Dass dies nur der Beginn einer Gewaltspirale sein wird ist Boll egal, genau wie die Tatsache dass er seine Ideologiekritik ebenfalls mit Ideologien (Kill the Rich) betreibt. Ich kann und will nicht glauben, dass Gewalt als Werkzeug funktioniert, um die Welt besser zu machen. Klar, einiges was Boll kritisiert ist wirklich Widerwärtig, aber es mit noch größerer Widerwärtigkeit einzudämmen und auszulöschen halte ich für verwerflich. Aber für Boll scheint nur die Endlösung ein wirksames Mittel zu sein.

5. Hacksaw Ridge

Mel Gibson mag archaische Strukturen. Glaube und Armee findet er also sehr toll und beides zelebriert er in diesem teils hochnotpeinlichen Drama, in dem sich Andrew Garfield mit Südstaatenakzent um den Verstand mimt. Ganz ehrlich, diese Produktion zielt so sehr auf das Publikum ab, dass selbst widerlichste Kriegsmaschinerien wie Wir waren Helden oder Lone Survivor gut findet, dass jedes Aufbäumen gegen den Film nur Zeit- und Energieverschwendung wäre. Gucken werden sie Hacksaw Ridge so oder so – und wahrscheinlich auch gut finden. Das kann ich nur sagen Oh Gott, warum?

GEHEIMTIPPS AUS DEM JAHR 2016:

Sing Street

Ganz ehrlich, den wollte ich nicht mögen. Als ich ihn dann aber doch gesehen hatte – ich musste mich selbst dazu zwingen – hat der mich aber total gepackt. Was für ein wunderschöner, energetischer Film. Mehr als einfach nur eine Nostalgiebombe, sondern eine erfrischend unprätentiöses Stück Coming-of-Age-Kino, versehen mit einem schwungvollen Beat.

Grandma

Ein weiser Film, ohne das jemals wirklich heraushängen zu lassen, getragen von einer sensationellen Hauptdarstellerin: Willkommen bei Grandma einer einnehmenden Abhandlung über das Leben vorgetragen mit großer Klappe und wohltuender Melancholie, die aber niemals zu einer unreflektierten, nostalgischen Huldigung wird.

Bone Tomahawk

Western. Kannibalenhorror, Zivilisationskritik. Was für ein schön-stimmiger Cocktail, fesselnd und drastisch vorgetragen. Ein Film der mit seiner ganzen Faust zuschlägt und verbrannte Erde hinterlässt. Saugut.

10 MOST WANTED FILME 2017:

T2: Trainspotting

Okja

Guardians of the Galaxy Vol. 2

Happy End

Logan

The Masterpiece

Untitled Paul Thomas Anderson Fashion Project

Moonlight

Baby Driver

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

The Killing of a Sacred Deer

MEIN SERIENJAHR 2016:

Von der großen Neustarts im Serienbereich habe ich viele noch nicht gesehen. Einzig Stranger Things habe ich gesichtet und da kann ich mich dem Hype nicht anschließen. Die Serie war mir zu uneigenständig, hatte kaum eigene Ideeen und wagte sich so gut wie nichts. Für mich war die zweite Staffel Gomorra das größte Highlight im Bereich Serien. Dazu konnte mich die letzte Staffel Game of Thrones begeistern, nach dem die Serie zuvor mich eher enttäuschte. Ansonsten sorgtte The Affair, Togetherness und vor allem Deutschland 83 dafür, dass ich teilweise die Nächte durchgemacht habe, um „nur noch eine Folge“ zu sehen. Ansonsten noch großartig: Show me a Hero.

FAZIT:

2016 war kein gutes Filmjahr? Das will und kann ich weder bestätigen, noch dementieren. Ja, es gab viel Fallobst und vor allem im Blockbusterbereich reihte sich oft Enttäuschung an Enttäuschung. Aber  ein Blick Abseits von Marvel und Konsorten waren selten so ergiebig wie 2016. Deswegen kann ich von mir sagen, dass 2016 ohne Zweifel nicht in aller bester Erinnerung bei mir abgespeichert wird, aber dank einiger Perlen weigere ich mich das Jahr in Filmsicht zu dämonisieren. 2017 wird aber hoffentlich besser. Nein, ich werde nicht sagen  „kann nur besser werden“. Sein wir ehrlich, das Spiel wiederholt sich ständig. Da kommen die ersten Trailer fürs nächste Jahr und plötzlich sind alle davon überzeugt, dass es besser werden wird. War Ende 2015 auch so. Aus Fehlern lernen! Hoffen wir, das Hollywood dies auch bald tut.

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