Mit "Iron Man" hätte alles enden können, bevor es überhaupt richtig begann. Das von Jon Favreau inszenierte erste Marvel-Solo ist neben Christopher Nolans "The Dark Knight" wohl rückblickendderFilm, der 2008 den Hype um Superhelden und Comicverfilmungen erst so richtig entfachte. Und das hat schon fast eine komische Note, wo doch jetzt, ganze sieben Jahre später, beide Filme stellvertretend für eine der beiden Konkurrenz-Seiten stehen. "The Dark Knight" raubte dem Superhelden-Genre seine Unschuld, in dem er seinen kostümierten Protagonisten in das finstere, realistische Setting eines Psycho-Thrillers entführte und an die Grenzen seines selbstauferlegten Kodex drängte - hier wurden Fragen gestellt und Bilder gezeigt, die wir seinerzeit in Comicverfilmungen noch nicht gesehen hatten. Und es wurde der Grundstein für den Ansatz gelegt, mit dem sich DC jetzt sein eigenes "Cinematic Universe" ausbauen will - weg von Spaß und bunten Farben, hin zu Sepia-Tönen und Bittermienen. Auf der anderen Seite: "Iron Man". Ein Film, der seine Comic-Herkunft umarmt, anstatt sie zu leugnen, der bunt und laut ist, der Spaß machen will und Spaß macht. Und vor allem: Der deswegen noch lange nicht dumm ist.
Jon Favreau mag mit"Iron Man" nicht so tief in das Innenleben seines titelgebenden Protagonisten vorstoßen wie Nolan mit seinem Fledermausmann, und dabei auch nichts allzu Interessantes oder Neues zu Tage fördern, aber er erweckt auch nie den Anschein, mehr als das zu wollen. Er begnügt sich damit, die Wandlung eines misanthropischen Waffenhändlers zum narzisstischen Superhelden zu zeichnen, und das gelingt ihm deswegen so gut, weil er nie versucht, ein tiefschürfendes Psychogramm freizulegen, sondern vor allem auf eine Sache ausgelegt ist: Spaß. Dem Format eines klassischen Fun-Blockbusters könnte "Iron Man" gar nicht näher sein.
Dass zu einem Blockbuster dieser Größenordnung auch eine gewaltige Portion Kawumm gehört, ist natürlich klar, und Favreau lässt sich dementsprechend auch nicht lumpen. Die Actionszenen nehmen niemals zu übertriebene Ausmaße an und kommen nur wohldosiert zum Einsatz.Im Rückblick fehlt dem Film aber die eine große Szene,derMoment, der auch wirklich im Kopf bleibt. Gerade das Finale fällt leider eine ganze Spur zu schlapp aus. Und auch bei der Struktur hapert es ein wenig: Bei näherer Betrachtung zerfällt "Iron Man" quasi in zwei Hälften: Die erste Hälfte, in der Tony Stark sich in Gefangenschaft Mark 1 zusammenschraubt und die zweite, in der er den Anzug daheim weiterentwickelt. Beide Hälften unterscheiden sich stilistisch zu stark voneinander, um jemals wirklich ineinanderzugreifen. Was dennoch nicht unerwähnt bleiben darf: Der Soundtrack von Ramin Djawadi. Denn der rockt. Und zwar so richtig.
Sein Herz eingepflanzt bekommt "Iron Man" aber erst von jemand Anderem: Robert Downey Jr., dessen Besetzung nach seinen Drogenexzessen und anderweitigen Gesetzeskonflikten als großes Risiko galt. Rückblickend war diese Entscheidung ein absoluter Casting-Coup: RDJ spielt Tony Stark nicht einfach nur, eristTony Stark. Den arroganten Milliardär kauft man ihm genau so gut ab wie das tüftelnde Superhirn, und dabei vereint Downey in seiner Performance Humor, Coolness und Emotionalität mit so einer spielerischen Leichtigkeit, dass es rückblickend schon fast seltsam anmutet, dass jemals ein anderer Schauspieler für die Rolle in Erwägung gezogen wurde. Favreau gelingt es dabei, die Entwicklung seiner Hauptfigur smart und nicht allzu klischeehaft in Szene zu setzen. In den Nebenrollen glänzen die süße Gwyneth Paltrow als Tonys Assistentin und Noch-Nicht-Freundin Pepper Potts und Jeffrey Lebowski als dämonischer Obadiah Stane. Lediglich Terrence Howard weiß seinem unterschriebenen Noch-Nicht-Sidekick wenig Leben einzuhauchen (was aber wenigstens gegen Ende ironisch kommentiert wird).
Eine relativ Runde Sache ist also dieser erste "Iron Man"-Film: Cool, krachend, clever, und doch noch nicht perfekt genug, um die Messlatte für die folgenden Filme zu hoch zu setzen. Denn einen Ausblick auf die gibt es schließlich in der Post-Credit-Szene...