Erwähnungen
Wolfgang M. Schmitt im Gespräch (1)
Von GoldenEra in Filmkritiker im Gespräch (Folge 1): Wolfgang M. Schmitt und die ideologiekritische Filmanalyse
am Mittwoch, 17 Januar 2018, 22:15 Uhr
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Er analysiert, er kritisiert, er polarisiert und das macht Wolfgang M. Schmitt mit seinem Kanal Die Filmanalyse wie kein zweiter Filmkritiker auf der Plattform YouTube. Ganz nach dem Motto des Kanals "Film anders gedacht" versucht er hinter die Fassade zu blicken, versucht er die Ideologie, den gesellschaftlichen Kontext hinter dem bewegten Bild zu erkennen. Mir kam die Ehre zuteil, ihn zu seiner Tätigkeit als Kritiker und seinem Verständnis von Filmen zu interviewen.
Seit mehreren Jahren führen Sie nun schon Ihren YouTube- Kanal „Die Filmanalyse“. Mit welcher Intention betreiben Sie den Kanal und welche Geschichte steht hinter ihm? Wann haben Sie beschlossen, Ihre Gedanken im Internet zu teilen?
Das begann vor ein paar Jahren auf einer Geburtstagsfeier. Ich unterhielt mich mit Freunden und irgendwann fragte dann jemand, ob ich nicht einen Blog schreiben möchte. Und ich sagte dann, es gibt doch schon so viele, aber vielleicht wäre es doch interessant, man würde einen ideologiekritischen Blick auf Filme werfen und das auf einer Plattform wie YouTube tun, wo man das eigentlich nicht erwartet. Weil YouTube natürlich damals, heute hat sich das ein wenig gewandelt, vor allem dafür bekannt war, dass dort Beauty-Tipps, Fitness- Tipps usw. gegeben werden und man erwartete eigentlich nicht, dass dort ein Format stattfindet mit einem gewissen intellektuellen Anspruch. Und das war die Idee und dann wurde das ein paar Wochen später auch umgesetzt und dabei ist es geblieben: Jede Woche eine Filmanalyse, die sich meistens mit einem aktuellen Mainstream-Film auseinandersetzt.
Das Motto Ihres Kanals ist „Film anders gedacht“ und zum Ende Ihrer Videos zitieren Sie in diesem Zusammenhang Tarkowski mit dem Satz „Wir schauen nur, aber wir sehen nicht“. Wann haben Sie begonnen zu sehen und aufgehört zu schauen?
Ich habe eigentlich das Kino sehr spät entdeckt. Das fing erst nach dem Abitur an und dann bin ich sehr intensiv, sehr häufig ins Kino gegangen. Am Anfang vor allem in Programmkino-Filme, dann aber auch Mainstream-Filme und ich habe mich dann recht bald mit Slavoj Žižek auseinandergesetzt, der ja dafür bekannt ist, dass er auch Mainstream- Filmen recht viel Theoretisches abgewinnen kann. Und das war für mich schon ein entscheidendes Ereignis, dass ich gesehen habe, dass man diese Filme auch ganz anders analysieren kann. Man muss also eine Cameron Diaz- Komödie oder ein Zac Efron- Musical nicht als pure Unterhaltung ansehen. Das ist für mich besonders langweilig. Spannend wird es, wenn man sich den ganzen Film durch eine theoretische Brille anschaut. Und das war ein Schlüsselerlebnis, woraufhin mir der Gang ins Kino viel mehr Spaß gemacht hat als früher. Die meisten Mainstream-Filme, seien wir ehrlich, sind unerträglich und kaum auszuhalten und sie unterhalten mich auch nicht. Das liegt wohl auch daran, dass ich aus der Hochkultur komme, Opern, Theaterstücke besuche und mich dann bei Mainstream-Filmen sehr quälen muss, aber wenn man sie sich tatsächlich durch die theoretische Brille anguckt, dann sind sie äußerst spannend.
Ist es bei Ihnen manchmal der Fall, dass Sie die Qualität eines Filmes durch die theoretische Brille, wie Sie es nennen, für nicht gut befinden, den Film aber trotzdem mögen? Es gibt da den Begriff des sogenannten Guilty Plesaures. Haben Sie so etwas?
Das gibt es in zweierlei Hinsicht: Einmal natürlich als Guilty Pleasure, dass man sich freut, man sieht hier den letzten Film mit Marlene Dietrich „Just a Gigolo“, ein wirklich ziemlich schlechter Film, aber irgendwie hat er in seiner Schlechtigkeit etwas. Oder „Eine Leiche zum Dessert“, den ich sehr schätze, der sicherlich kein Meisterwerk ist, aber tatsächlich so albern und merkwürdig, dass ich ihn irgendwie liebe. Das ist ja auch dieses Phänomen, dass in dem Buch „Alte Frauen in schlechten Filmen“ beschrieben wird, dass man es irgendwie faszinierend findet, wenn große Stars in mittelmäßigen oder grottenschlechten Produktionen mitwirken.
Aber es gibt natürlich noch einen anderen Fall, dass man einen Film sieht, der handwerklich vielleicht passabel ist wie der erste Teil von „Bad Moms“, der aber dann in seiner politischen Aussage eine gewisse Brisanz hat. Also wenn ich dann hier sehe, wie der US-Wahlkampf verhandelt wird, wie es da eine Art Hillary Clinton gibt und die Bad Moms so eine Mischung aus Donald Trump und Bernie Sanders darstellen, das ist dann hoch spannend. Das sorgt noch nicht dafür, dass der Film ästhetisch herausragend ist, aber es macht ihn zumindest bemerkenswert.
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