Erwähnungen
Wissende gegen Unbefleckte
Von Aurea in Game of Thrones - Staffel 6 - Kritik
am Freitag, 18 November 2016, 20:43 Uhr
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Ganze fünf Staffeln lang konnten die Buchleser sich aus einer vermeintlich erhöhten Position über diejenigen lustig machen, die sich nur mit der Serie beschäftigt haben. Damit ist nun Schluss, jedenfalls auf dem Papier und auf den ersten Blick. Ja, die Serie geht nun eigene Wege. Doch hier und da werden Theorien, die seit dem Erscheinen der Bücher diskutiert werden, in der Serie aufgegriffen. Jon Snows Abstammung, der Verbleib von Benjen Stark, die Entstehung der White Walker: All dies sind Dinge gewesen, welche die Leser seit Ewigkeiten beschäftigen. Ob sich Buch und Serie in ihrer jeweiligen Auflösung gleichen werden? Es bleibt abzuwarten, bis dahin beantwortet die Serie jedoch solche Fragen und sorgt für Jubelschreie bei den Lesenden.
Und sonst so? Das Tempo wurde merklich angezogen. Der Cliffhanger aus Staffel 5, der schnell zum weltweit diskutierten Massenphänomen wurde, löste sich innerhalb von zwei Folgen auf. Ja, Jon Snow kehrt zurück zu den Lebenden. Auch sonst passierte gefühlt unendlich viel. Wir erfahren das wahre Alter von Melisandre, Arya erkennt endlich, dass sie nicht „Niemand“ sein kann. Daenerys verschafft sich eine Armee und segelt nach gefühlten drei Staffeln Stillstand endlich nach Westeros. Der Hound lebt noch. Tyrions Wert als Berater wird endlich anerkannt. Und Sansa und Jon erobern in einer packend inszenierten Episode gemeinsam Winterfell zurück. Mit dem Abschied von Walder Frey und Ramsay Bolton (der vorher noch genug Gelegenheiten bekam, seine Widerwärtigkeit zu beweisen) verschwinden gleich zwei riesige Scheusale aus der Serie, von denen der Abschied leichtfiel. Herzzerreißend hingegen war die Geschichte um Hodor, die neben all der Magie noch das Thema Zeitreisen in die Serienmythologie einführte. Teile der Greyjoys befinden sich im Aufwind, selbst Dorne ist in den etwa zwei Minuten, die es in dieser Staffel zu sehen ist, nicht komplett unerträglich. Und wer hätte zu Beginn der Staffel gedacht, dass zehn Folgen später ausgerechnet Cersei auf dem Thron sitzt? Mit einem zielsicher ausgeführten Anschlag entledigte sie sich all ihrer Feinde in Kings Landing. Der Preis dafür ist hoch, immerhin sind nun all ihre Kinder unter der Erde. Genug Konfliktpotenzial für das sich anbahnende Finale also. Die Anzahl an tatsächlich wichtigen Figuren wurde ausgedünnt.
Ein straffes Programm also, und wenn man nun bedenkt, dass es nach bisherigem Plan nur zwei weitere, verkürzte Staffeln geben wird, dann ist klar: Nicht nur der Winter naht, sondern auch das Ende. Waren einige Dinge, die in dieser Staffel geschehen sind, vorhersehbar? Bestimmt. Das machte sie nicht weniger aufregend. Jons erster Atemzug, der erste ungehinderte Blick auf Benjen Starks Gesicht… Fünf Staffeln lang lernten wir als Zuschauer, dass auf jeden erfreulichen Moment in dieser Serie mindestens drei herbe Schläge in die Magengrube folgten. Staffel sechs zeigte zum ersten Mal eine Welt, in der es Hoffnung gibt, in der auch mal etwas Gutes geschehen kann, ohne dass in der nächsten Folge gleich Mord und Totschlag folgen. Oder jedenfalls machte es ab und an mal eine Ausnahme von diesem Programm.
Erneut macht sich das stetig steigende Budget der einzelnen Episoden bemerkbar. Mit dem Battle of the Bastards gab es erneut eine spektakuläre Schlachtsequenz, diesmal auf offenem Feld und bei Tageslicht. Daenerys‘ Drachen durften gemeinsam feurige Vernichtung auf eine ganze Flotte herabregnen lassen. Der Soundtrack von Ramin Djawadi scheint ebenfalls von Episode zu Episode besser zu werden, vermutlich steckt mittlerweile fortgeschrittene Magie dahinter. Und auch die Kameraarbeit in dieser Staffel sorgte für einige Überraschungen. Wer hätte zum Beginn der zehnten Folge schon eine so ruhige Einführung mit diesen herrlichen, langen Kamerafahrten erwartet? Auch nach sechs Jahren steckt Game of Thrones voller Überraschungen, und die Neugierde auf den Ausgang überschattet zumindest aktuell noch die Angst vor der Leere, die das Finale in der Serienlandschaft hinterlassen wird.
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