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Hannibal - Staffel 2 - Kritik

Andre

Von Andre in Hannibal - Staffel 2 - Kritik

Hannibal - Staffel 2 - Kritik Bildnachweis: http://screenrant.com/hannibal-season-3-plot-characters-details/

Es ist schon erstaunlich, auf welch hohem Qualitätslevel aktuelle Serien aus den USA gerade liegen. „Hannibal“ sah von den Produktionswerten her schon in der ersten Staffel unverschämt gut aus, die nun bei uns im Handel erhältliche Fortsetzung toppt dies noch und schafft zumindest auf rein visueller Ebene locker Kinoniveau.

Einfach hat es die Serie aus dem Hause NBC jedoch nicht. Der amerikanische Serienmarkt wird gerade regelrecht überflutet mit Psychothrillern im Serienformat. Da wären der (eintönige?) Dauerbrenner „Criminal Minds“, das eher peinliche „The Following“ oder das bei uns noch unbekannte „Those Who Kill“, das bereits schon jetzt von den Kritikern verrissen wird.

Ein Thema zieht sich durch alle Formate: Abgehalfterte Ermittler, auf der Jagd nach Serienkiller, welche meist immer einen Schritt voraus sind und ihre Opfer auf möglichst grausame Weise hinrichten. Viele Überraschungen gibt es da nicht mehr.

HBO erschuf mit „True Detective“ eine brillante Ausnahme und konnte als Serie aus der Masse ausbrechen. Und dies aus folgendem Grund: Die Macher legten den Fokus einfach auf die zwei Helden, mitsamt ihrem Seelenleben und ihrer Motivation, ohne in den Gewaltszenen allzu grafisch zu werden.

Betrachtet man sich die literarische Vorlage und die möglichen Handlungsfäden rund um Hannibal Lecter, bleiben da auf den ersten Blick nicht viele Optionen sich inhaltlich abzusetzen, geht es doch um einen der bekanntesten Serienkiller überhaupt – und ein paar seiner nicht minder bedrohlichen Pendants, die er für sich instrumentalisiert. Und doch kann man „Hannibal“, was Inhalt und Stil angeht, im Genre qualitativ ganz oben ansiedeln.

Auch für Staffel 2 adaptierte Drehbuchautor Bryan Fuller Passagen aus Thomas Harris erstem Hannibal Lecter Roman „Roter Drache“ und reicherte diese mit eigenen Ideen an. Wie in vielen Interviews zu lesen ist, war Fuller vor allem eines wichtig: Einen filmischen Alptraum zu erschaffen, mit Mordszenarien, die so böse und over-the-top sind, wie sie es in der Realität nie geben würde. In Staffel 1 gab es zum Beispiel einen Mörder, der Champignons auf den Leichen seiner Opfer züchtete. In Staffel 2 lernen wir, dass Bienen gern auch einen menschlichen Körper als Behausung nutzen, entsprechende Dressur vorausgesetzt. Zart besaitete Gemüter sollten hier lieber Abstand waren. Freunde des gepflegten Horrors jedoch werden entzückt ob der Kreativität der Macher sein.

Für die beeindruckende visuelle Wucht, die die Serie im Laufe der Staffel entfaltet, zeichnet sich erneut Regisseur David Slade verantwortlich. Auch Cube-Regisseur Vincenzo Natali darf sich in einer Folge austoben. Austoben deshalb, weil manche Morde wahrhaft abstoßend sind und die Kamera oft in Nahaufnahme draufhält. Hier jedoch entfaltet “Hannibal” manchmal auch eine Art dunkle Schönheit, denn die Bilder sind oft ausgefeilt wie Gemälde. Jedes Detail, seien es verstörende Bilder, unheimliche Geräusche oder unheilschwangere Musik, ist perfekt aufeinander abgestimmt.

Allein wie Dr. Lecter in jeder Folge ein anderes Gericht zubereitet, und die Art wie die Kamera seine Kochkünste umspielt, könnte einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Allerdings weiß man ja, woher das Fleisch stammt…

Davon abgesehen ist es Fuller auch eindrucksvoll gelungen, aus dem Schatten von Thomas Harris‘ Romanen wie auch den beiden „Roter Drache“ Filmen zu treten. Mads Mikkelsen gibt den Hannibal mit viel Understatement und hat eine sehr hypnotischen Art, die geradezu unheimlich ist. Es gelingt erfolgreich, den Doktor als absoluten Superschurken der Serie in Stellung zu bringen. Vor allem ringt Mikkelsen seinem Charakter hier und da auch einige unerwartete Schwächen ab, verspürt er doch nach all dem Gräuel, welches er seinem „Freund“, dem FBI Profiler Will Graham, antat, eine Art Mitleid und Traurigkeit. Schauspielerisch ist das jedenfalls ganz große Klasse!

Hugh Dancy interpretiert seinen Will Graham ebenfalls auf eine frische Art und Weise, wie man sie so bisher noch nicht in anderen Serien gesehen hat, ist Graham seiner Nemesis Dr. Lecter doch fast ebenbürtig. Laurence Fishburne macht erneut einen tollen Job und gibt sich als FBI Boss Jack Crawford sehr verletzlich, menschlich und damit manipulierbar. Auch alle Nebencharaktere sind sehr gut besetzt.

Am Ende von Staffel ist Autor Fuller ja ein dramaturgisch interessanter Kniff gelungen, der so nicht unbedingt vorhersehbar war. Die Rollen zwischen Will und Lecter wurden auf dramatische Weise getauscht: Will wird für Lecters Verbrechen in der bekannten Gefängnisanstalt Baltimore inhaftiert ( wo Lecter irgendwann einmal von Clarice Starling besucht wird). Während Will also sich selbst reflektiert, in Alpträumen von einem Hannibal in Hirschgestalt verfolgt wird und versucht seine Gedächtnislücken aufzuarbeiten, arbeitet Lecter als Profiler beim FBI. Eine ungemein spannende neue Ausgangssituation, wünscht man sich doch ständig, dass Graham dem Gefängnis entfliehen kann und Lecters doppeltes Spiel aufgedeckt wird.

Die neue Staffel von „Hannibal“ beginnt in media res. Das heißt konkret, dass wir uns schon in Folge eins mitten im blutigen Staffelfinale befinden, bevor schließlich auf einen Zeitpunkt mehrere Wochen zuvor zurückgeschnitten wird. Ein Stilmittel, das nicht immer funktioniert, hier aber die Grundspannung ordentlich anheizt. Schließlich weiß jeder, wo Dr. Lecter einmal landet – aber der Weg dorthin, der bleibt ungewiss, zumal Autor Fuller im weiteren Verlauf auch deutlich von der Vorlage abzuweichen scheint, wie der schockierende Cliffhanger am Ende der Staffel beweist.

Die Mordfälle ziehen sich wie schon in Staffel 1 entweder über nur eine Folge, manchmal auch über zwei Folgen. Das wirkt oft etwas hektisch und viel zu unglaubwürdig, in welch kurzer Zeit (wir sprechen von ca. 40 Min pro Folge) ein Täter überführt wird. Das typische Akte X-Syndrom. Manche Folgen haben keinen Einfluss auf die Rahmenhandlung und wirken so durchaus überflüssig, was man schon der Vorgängerstaffel ankreiden konnte. „Hannibal“ ist klar am stärksten, wenn sich die Macher auf das Dreiergespann Crawford, Graham und Lecter fokussieren. Ersterer hat mit seiner schwer kranken Frau zu kämpfen und weiß nicht mehr wem er glauben kann. Graham ist innerlich tief verletzt und verstört, hat mit seinem Leben abgeschlossen. Und Lecter ist ein intelligenter Psychopath, der mit allen ein grausames Spiel treibt.

Kritisieren könnte man auch die zeitweise etwas zu ausschweifenden Dialoge. In „Hannibal“ wird viel geredet. Sehr viel. Große Teile der Handlung finden in einem Besprechungszimmer oder in Hannibals Büro statt. Die Dialoge sind teils herausragend, nahezu philosophisch, da die Natur des Bösen mitsamt den Auswirkungen und Ausprägungen ausgiebig examiniert wird. Es gibt aber auch Momente, in denen man sich etwas mehr Tempo wünscht und die Wortgefechte ermüdend wirken.

Auch macht es nicht immer Sinn, geschweige denn ist es logisch, wie einfach Hannibal es gelingt, seine Gegner psychisch zu manipulieren und gegeneinander auszuspielen.

Image titleFazit: “Hannibal” ist wohl eine der derzeit besten Psychothriller-Serien auf dem Markt. Verstörende Bilder, eindrucksvolle (handgemachte!) Spezialeffekte, brillante Dialoge und ein herausragender Cast sorgen für beste Unterhaltung für Fans des Genres. Lediglich ein etwas schleppender Start, manch ausufernder Dialog sowie überflüssige Nebenkriegsschauplätze sorgen für Abzüge.

Zur Blu-Ray Version:
Das Bonusmaterial kann sich sehen lassen, gibt es doch vier aufschlussreiche Featurettes sowie ausführliche Interviews mit dem Cast und der Crew.
Das Bild besticht durch einen guten Schwarzwert und hervorragende Schärfe, jedoch arbeiten die Macher mit teils starker Körnung als Stilmittel. Der Ton liegt in DTS vor und ist ebenfalls toll abgemischt.

Bewertung: 8,5 / 10

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