Erwähnungen
Von Robotern, Klassikern und neuen Projekten: Bastian Pastewka und Andreas Bourani im Interview
Von Malinche in Interview mit Bastian Pastewka und Andreas Bourani zu »Baymax«
am Dienstag, 17 Februar 2015, 13:58 Uhr
- 0
- 0
Die Story: Der begabte Teenager Hiro kapselt sich nach dem tragischen Unfalltod seines älteren Bruders Tadashi völlig ab — bis der Gesundheitsroboter Baymaxauftaucht, Tadashis letzte große Erfindung. Auf Mitgefühl programmiert und rührend tollpatschig hilft Baymax Hiro, seine Trauer zu überwinden — und sich gemeinsam mit seinen Freunden einer mysteriösen Bedrohung zu stellen, die ihre Heimatstadt bedroht.
In der deutschen Synchronfassung sind unter anderem Comedian Bastian Pastewka (»Der WiXXER«) als Baymax und Sänger Andreas Bourani als Hiros Kumpel Fred zu hören. Im Interview plauderten die beiden über Roboter, Disney-Filme und neue Projekte.
Bastian Pastewka erzählt, dass er bereits durch Zufall den ersten Trailer für »Baymax« im Netz gesehen hatte, bevor er die Rolle bekam. »Und kurz darauf kam die Anfrage: Möchtest du dort mitsprechen? Ich hab gesagt: Ja, wen denn? Den weißen Roboter. Ich war erstaunt: Der spricht doch gar nicht! Denn in besagtem ersten Clip hatte die Figur noch keine Stimme. Und als mir versichert wurde, dass der lustige Baymax auch spricht, hab ich gejubelt: Sofort! Klar!« Zumal der behäbige, fast wie ein Michelin-Männchen wirkende Baymax »im Fortgang des Films sich von einem lustigen kleinen Gummiroboter zu einer Art von Superheld entwickelt, also Superheld im Rahmen seiner Möglichkeiten.«
Von Superschurken und WM-Hits
Für Pastewka war es nicht die erste Erfahrung als Synchronsprecher, er durfte beispielsweise schon dem DreamWorks-Schurken »Megamind« seine Stimme leihen. Außerdem geht er als Hörspielsprecher ins Ohr: Mit einigen Kollegen bringt er bislang verschollene Fälle des Radio-Detektivs Paul Temple als Live-Hörspiel auf die Bühne. Ist das Synchronisieren also bereits Routine?
»Das wird es nie«, sagt Bastian Pastewka. »Ich muss mich immer wieder neu in einen Charakter reindenken, man muss in dieser Synchronsituation im besten Fall auch immer wieder neu gut sein. Denn es hilft ja nichts, man muss diese Arbeit mit genau dem gleichen Respekt angehen wie viele andere Projekte.«
Andreas Bourani hingegen hat vor seinem Einsatz in »Baymax« noch nie eine Filmfigur gesprochen, obwohl seine Stimme vielen bekannt sein dürfte. Schließlich lieferte er mit dem Titel »Auf uns« die WM-Hymne 2014. Was so nie geplant war. »Ich hab da überhaupt nicht drüber nachgedacht«, bekennt Bourani. »Der Song ist ein knappes Jahr vor der WM entstanden, und als ich ihn veröffentlicht habe, ist das eine Ode für meine Freunde gewesen, dafür war das Stück immer gedacht. Und dann hat sich das halt einfach überschnitten.« Die ARD wählte den Chart-Erfolg nämlich für ihre Berichterstattung aus. Dabei ist Bourani, wie er verschmitzt lächelnd zugibt, eigentlich gar kein Fußballfan: »Also, die Pokalspiele, Champions League oder so was, das hab ich mir nie angeguckt. Ist ganz lustig, dann den WM-Song zu haben. Ich hab tatsächlich immer Handballsportarten gemacht.«
»Der Roboter hat eine kleine Seele«
Bei seiner Sprechrolle in »Baymax« kommt es auf Sportlichkeit etwas weniger an. Bourani leiht seine Stimme Fred, einen überaus lässigen und umgängigen Typen, der Monster und Comics liebt und so etwas wie das Maskottchen seiner Clique darstellt. Auf die Frage, wie gut der emotionale Zugang zu dieser Figur funktioniert hat, erklärt Andreas Bourani: »Es gibt tatsächlich auch viele Schnittmengen: Dass er einen Charakter hat, der immer das Abenteuer sucht, ein sehr optimistischer Typ ist, auch so ein bisschen tollpatschig, manchmal so ein Besserwisser (in mir schlummert auch so einer, manchmal, der immer glaubt, alles irgendwie besser zu wissen), der sich aber selbst dabei auch nicht so ernst nimmt.«
Die Herausforderung für Bastian Pastewka bestand darin, Baymax glaubhaft nach einem Roboter klingen zu lassen — aber eben nicht nur: »Baymax hat eine kleine Seele, was man ja nach einer gewissen Zeit merkt, und deshalb war es wichtig, ihn nicht durchgehend wie ein unfertiges technisches Gerät klingen zu lassen.«
Er habe deshalb versucht, nicht die ganze Zeit so monoton zu sprechen wie ein Navigationssystem: »Das wäre ja nach fünf Minuten langweilig geworden.« Ein wenig technische Unterstützung für den blechernen Klang hatte er durchaus, denn »grundsätzlich sollte meine Stimme ja so klingen, als käme sie aus Baymax’ Magen«. Doch am meisten verließ Pastewka sich auf seine eigene Stimme. »Meine Lieblingsstelle im Film ist, wenn Baymax’ Akku schwächer und er selbst immer langsamer wird«, sagt er und führt diesen leiernden Effekt mit sichtlicher Freude direkt vor. »Das war ein großer Spaß, das zu sprechen.«
Musik, Sprache und Emotionen
Spaß hat es auch Andreas Bourani gemacht. Als Sänger kann er zwar auf Erfahrung im Umgang mit seiner Stimme zurückgreifen, doch das Synchronsprechen verlangte ihm auch ganz anderes ab. »Ich war überrascht, wie viel Emotion es zum Sprechen braucht. Ich hab im Studio bei den Sprechproben schon gemerkt, dass ich noch viel mehr geben kann, weil die Figuren wortlos schon so viele Emotionen rüberbringen, wie die Bewegungen sind, dass man durch die Stimme wirklich eigentlich überziehen muss, um diese Emotionen, die man visuell wahrnimmt, dann auch zu übertragen.«
Gewisse Berührungspunkte zu seiner Sängerkarriere gibt es gerade im Hinblick auf die Emotionen aber doch: »Das überschneidet sich natürlich mit Musik, ich bin jemand, der versucht, auch die Vielfalt des Lebens in seinen Songs festzuhalten, die schönen Seiten und die traurigen Geschichten zu vereinen und dann in meinem Fall halt über Musik zu transportieren.«
Hat die Erfahrung im Synchronstudio jetzt in ihm die Lust geweckt, sich künftig vielleicht öfter als Schauspieler auszuprobieren?
»Ja, schon auch«, gibt Bourani zu, »aber ich hab natürlich schon Respekt vor dieser Zunft. Ich bin ja eigentlich Musiker, ich hab jetzt nicht Schauspiel gelernt oder so … Ich müsste mich da schon gut vorbereiten, um sowas zu machen.«
»Bild und Sprache aus einem Guss«
Eine Menge Vorbereitung und Konzentration erfordert ja auch das Synchronsprechen, zumal Bourani und Pastewka als Sprecher für einen bereits fertigen Animationsfilm natürlich vor anderen Herausforderungen standen als die Originalsprecher: »Die amerikanischen Schauspieler geben erst mal nur ihre Stimme ab, und zwar so, wie das Drehbuch ihnen vorgibt«, führt Pastewka aus. »Und erst dann wird um die Stimme herum die Figur animiert.« Die Originalsprecher haben also den Vorteil, dass sie direkt an der Charakterentwicklung ihrer Figur beteiligt sind. Bleibt einem da als deutscher Synchronsprecher noch Raum für einen solchen Gestaltungsprozess?
»Grün, dick, schleimig«
Bastian Pastewka schüttelt den Kopf. »Das war nie mein Ziel«, sagt er. Auch die Imitation des Originals nicht. »Das bringt nichts. Aber man muss schon ein bisschen hören, wie sie’s im Original gemacht haben, denn es spiegelt sich immer wider im Bild. Die Figuren, die die Animatoren kreieren, sind meist so gut, dass man stets erkennt: Aha, die haben genau hingehört. Und deshalb wirken in den Originalversionen Bild und Sprache der Animationen wirklich immer wie aus einem Guss. Da muss man sich halt anstrengen, dies in irgendeiner Form auch auf Deutsch hinzubekommen.«
In der Mitarbeit an dem deutschen Film »Ghosthunters« hat Pastewka dafür die Möglichkeit gehabt, sich direkt an der Gestaltung seiner Figur zu beteiligen: »Bei diesem Film lief es für mich erstmals so, wie ich es mir vorstellte: Ich habe ein Drehbuch bekommen, zu dieser Zeit war noch kein Meter Film gedreht. Ich habe den Text meiner Rolle Hugo (ein kleiner, gut gelaunter Geist) gesprochen und dies wurde aufgezeichnet. Die Animatoren haben dann anhand meiner Stimme die Figur zum Leben erweckt und diese wurde in die später gedrehten Filmszenen integriert. Erst dann habe ich sehen können, was ich da eigentlich gesprochen habe. Und siehe da: Hugo sieht aus wie ich: grün, dick, schleimig.«
Probier’s mal mit Gemütlichkeit
Sowohl für Bourani als auch für Pastewka war es etwas ganz Besonderes, sich in einen Disney-Film einzubringen: »Das ist ja eigentlich so die Königsdisziplin«, meint Andreas Bourani. »Ich bin selber mit Disney-Filmen auch groß geworden, und jeder von uns hat, glaub ich, schon mal einen Disney-Film gesehen.«
Klar, dass auch beide gern die Frage nach ihrem Lieblingsfilm beantworten — bei beiden ganz vorne dabei ist das Dschungelbuch.
»Das war mein erster Disneyfilm«, erinnert sich Bastian Pastewka, »und auch der einzige, den ich bis heute mitsprechen kann.« Und er beginnt, ganz ernsthaft und mit absoluter Textsicherheit das Lied des Affenkönigs King Louie zu rezitieren: »Ich bin der König im Affenstaat, der größte Klettermax … Oh dubidu, ich wäre gern wie duhuhu …«
Auch Bouranis liebstes Disneylied stammt aus dem Dschungelbuch: »Das ist von Balu dem Bären Probier’s mal mit Gemütlichkeit.« Passenderweise hat Andreas Bourani gerade erst an einer deutschsprachigen Disney-Compilation mitgewirkt. Geworden ist es da aber ein ganz anderes Lied. »Mary Poppins’ Supercalifragilisticexpialigetisch hätte es auch werden können, das find ich auch ganz toll, damit bin ich selbst auch groß geworden. Aber ich hab mich dann für Beauty and the Beast entschieden, weil ich dachte, das passt gut zu meiner Stimme.«
»Was wollen wir überhaupt noch erzählen?«
Natürlich haben beide Künstler auch jenseits von Baymax und Disney-Liedern noch andere Projekte in der Mache: Andreas Bourani wird 2015 auf Tour gehen, 25 Konzerte in ganz Deutschland stehen an.
Bastian Pastewka kündigt eine vierteilige Miniserie im ZDF an, in der ein Mann beschließt, seiner Schuldenfalle durch das Drucken von Falschgeld im eigenen Keller zu entgehen.
Erzählen sollten die zwei zum Abschluss vielleicht noch etwas über »Baymax«: Was macht diesen Film aus?
»Das ist ein sehr lustiger Film, in dem viel Humor drinsteckt«, urteilt Andreas Bourani, »es gibt aber auch Szenen, die sehr nachdenklich machen, auch Szenen, die ein bisschen traurig stimmen — die Vielfalt eben, die das Leben auch bietet, die steckt auch in diesem Film drin. Es ist ein wunderschöner Familienfilm für Jung und Alt.«
Und Bastian Pastewka sagt: »Es ist das, was ich als Kind immer sehen mochte: ein guter Abenteuerfilm. Und ein wenig grüßt Baymax auch die Welt von Transformers, aber zugleich hatte ich nicht das Gefühl, dass es in unserem Film nur noch kracht, knallt und zischt. Nein, mich überzeugt die originelle Geschichte, die Figuren, mit denen man sich identifizieren kann und fast wie nebenbei ist noch ein lustiger weißer Roboter dabei.«
Klingt nach einer Geschichte, von der man sich schwer trennen kann. Und eine Fortsetzung von »Baymax« ist nicht ausgeschlossen. Würden die beiden auch dafür als Sprecher zur Verfügung stehen?
»Ich bin für alles bereit«, bestätigt Bastian Pastewka. »Wenn Baymax weitermachen möchte, soll er mich anrufen — ich glaube, telefonieren kann er. Oder er soll mir kurz ‘ne SMS schicken!«
Ein Roboter für alle Fälle
Hätten Pastewka und Bourani als Kinder gern selbst einen Roboter wie Baymax gehabt?
Pastewka guckt erst einmal empört. »Was heißt als kleiner Junge? Ich wünsch mir noch immer so einen Gesundheitsroboter. Und ich bin heute 42!«
Ähnlich sieht es auch Bourani: »Ja, das wäre natürlich fantastisch gewesen! Geschweige denn, den selbst erfunden zu haben! Da hab ich nicht so das Talent wie Hiro, der wirklich ganz tolle Sachen erfunden hat.« Er sei aber auch zufrieden, möglichst viele Sachen selbst zu erledigen, anstatt sie auf hilfreiche Roboter oder eine Art Hofstaat abzwälzen: »Den hab ich mir tatsächlich nicht aufgebaut. Weil der Hofstaat natürlich auch viel Gefahr in sich birgt. Es kann schnell passieren, dass man eben Sachen nicht mehr selber macht, die man eigentlich auch selber machen kann, weil andere Leute das dann für einen übernehmen. Und dann wird man schnell bequem und faul, und ich bin noch ein bisschen jung, um so Fett anzusetzen.« Einen Manager hat Bourani trotzdem. Und gesteht halblaut: »Aber ich würde ihn gegen Baymax natürlich auch fast eintauschen!«
Wird geladen...