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Interview mit Jorge Ramírez-Suárez

Soren

Von Soren in Interview mit Jorge Ramírez-Suárez, Regisseur von "Guten Tag, Ramon"

Interview mit Jorge Ramírez-Suárez Bildnachweis: © 20th Century Fox | Regisseur Jorge Ramírez-Suárez (l.) und Hauptdarsteller Kristyan Ferrer (rechts)

"Guten Tag, Ramon" - eins der ersten Dinge, die der junge mexikanische Einwanderer im gleichnamigen Film versteht, nachdem er im winterlichen Deutschland ankommt. Nach verzweifelten Versuchen in seiner Heimat Arbeit zu finden oder in die USA zu gelangen, erzählt ihm ein Freund er könne bei seiner Tante in Deutschland unterkommen. Nachdem Ramon (Kristyan Ferrer) jedoch in Deutschland ankommt, stellt sich heraus, dass alles ganz anders ist, als es ihm erzählt wurde.

Im Rahmen des Exground-Filmfest 2014, traf sich einer unserer Reporter mit dem Regisseur Jorge Ramírez Suárez (im Interview JRS) in Wiesbaden, wo der Film auch zum größten Teil gedreht wurde, um ihn zu interviewen.


Moviebreak: Für „Guten Tag, Ramon“ waren sie nicht nur Regisseur, sondern auch Drehbuchautor, Produzent und verantwortlich für den Schnitt. Diese Vereinigung von so vielen Rollen habe sie in anderen Filmen auch schon vorgenommen.

JRS: Ja, das stimmt.

Moviebreak: Ist das nicht eine Menge Arbeit und Verantwortung für eine einzelne Person? Oder fühlen sie sich damit besser, weil sie mehr kreative Freiheit ausleben können?

JRS: Das ist auf jeden Fall eine kreative Frage. Ich habe beispielsweise auch bei „Rabbit on the Moon“ alle diese Rollen übernommen. Allerdings mache ich den Schnitt nie alleine, sondern in Zusammenarbeit mit jemand anderem. Ein zweites Paar Augen ist dafür ist sehr wichtig. Aber ich möchte auch immer daran beteiligt sein, denn Drehbuch und Rohmaterial sind eine Sache, aber es ist sehr einfach einen Film im Schnitt kaputt zu machen, weil dann eventuell der ganze Rhythmus verloren gehen kann. Meine Filme sind für mich wie ein Baby. Klar, kann ich mich bei dem Drehbuch eines anderen auch nur auf die Regie beschränken und dann ist mein Job erledigt, aber wenn es mein Baby ist, muss ich auch darauf aufpassen. [lacht]

Moviebreak: Beim Sehen des Films fällt auf, dass in den zwei Stunden eine Menge Nebencharaktere auftauchen, an denen offensichtlich mehr dran ist als gezeigt wird und man hat das Gefühl, dass sie noch eine größere Rolle spielen könnten. Die Geschichte könnte jederzeit so viele Richtungen einschlagen und es wird viel mit den Erwartungen gespielt. Gibt es denn da Dinge, die beim Schnitt herausgefallen sind oder die im Drehbuch vorkommen, es aber nicht in den Film geschafft haben?

JRS: Nein. Ich habe zwar einige Szenen wegfallen lassen, aber das war nur für den Rhythmus. Ich statte meine kleinen Rollen immer mit eine Menge Details aus, damit sie wirken wie echte Personen. Die können dann natürlich trotzdem noch etwas repräsentieren, wie etwa der Alltagsrassismus, den der Verkäufer im Laden Ramon gegenüber zeigt. Aber zunächst geht es darum, die Figuren etwas dichter zu machen.

Moviebreak: Show, don´t tell.

JRS: Ja, genau. Trotzdem gibt es in meine Filmen aber auch immer eine Menge Humor. Ich bin auch sehr darauf gespannt, wie das deutsche Publikum den Film aufnehmen wird. Für das mexikanische Publikum waren eine Menge Sachen sehr lustig, besonders all die Erfahrungen, die Ramon mit Essen und Musik macht. Etwa die Szene in der Ramon das erste Mal ein Gehalt bekommt und sich davon Chillis und Zutaten für Tortillas kauft. Ich bin mir nicht sicher, wie lustig das für ein deutsches Publikum ist. Ich hoffe aber, das wird funktionieren, weil ich diese Mischung aus Tragödie und Komödie immer sehr gerne mache und das wichtig für meine Filme ist. Es gibt eine Menge Regisseure in Mexiko, die das Thema Migration auch aufgegriffen haben, aber es ganz ohne Humor behandelt haben. Ich habe immer das Gefühl solchen Filmen fehlt etwas, weil sie etwas lebensfremd sind. Das Leben ist nicht immer lustig, aber es ist auch nicht immer traurig. Beides zu zeigen ist für mich eine Art echtes Leben in einer erfundenen Geschichte darzustellen.

Moviebreak: Die Sprachbarriere spielt in dem Film eine große Rolle und oft müssen Figuren mit einander kommunizieren, ohne sich verstehen zu können. Gerade zwischen Ruth und Ramon kommt es oft zu Szenen, in denen beide Figuren eher Monologe führen, weil der Andere sie nicht versteht und trotzdem sehr offen kommunizieren. Wie schwierig war es, solche Szenen zu schreiben?

JRS: Da gibt es diese eine Szene beim Abendessen, die eine der beliebtesten Szenen beim Publikum ist und die mir auch beim Schreiben am Besten gefallen hat. Aber ja, es war schwierig diese Szene zu schreiben. Als ich das Drehbuch jemandem zu lesen gab, sagte er, es wäre schwierig zu Glauben, das diese Szene stattfinden könnte...

Moviebreak: Na gut, ein großer Teil der Geschichte basiert auf bestimmten Zufällen oder Glück, aber dass die Geschichte nicht ganz wahrscheinlich ist, bedeutet ja nicht, dass sie unrealistisch ist. Es spricht ja nichts dagegen, dass die Szene so stattfinden könnte.

JRS: Genau. Später habe ich aber auch noch das Gegenteil gehört. Eine Bekannte sagte mir, dass sie solche Gespräche mit ihren Schwiegereltern hatte, die nur Ungarisch sprachen, was sie selbst nicht beherrschte. Intensive Gespräche, die viel mehr mit Ausdruck und Emotionen funktionierten als mit Worten. Sprache ist sicher das wichtigste Instrument zwischenmenschlicher Kommunikation, aber es gibt auch Dinge die darüber hinausgehen und es ist sehr interessant damit zu arbeiten. Ich selbst kam das erste Mal 1979 nach Deutschland und verstand kein Wort Deutsch, sondern nur Spanisch und Englisch. Die Dinge, die Leute um mich herum auf der Straße sagten, waren fast nur Geräusche für mich. Eine Erfahrung, die bestimmt viele Menschen machen, wenn sie ein anderes Land besuchen. Das war etwas, das ich einfangen und vermitteln wollte.

Moviebreak: Sie sprachen gerade von persönlichen Erfahrungen, die den Film beeinflusst haben...

JRS: Es ist eher, das Gefühl, dass diese persönlichen Erfahrungen vermittelt haben, die den Film beeinflussten, nicht die konkreten Erfahrungen selbst.

Moviebreak: War es auch ein solches Gefühl, dass sie dazu brachte den Film größtenteils in Wiesbaden zu drehen?

JRS: Ja und Nein. Ich lebte lange Zeit in Bonn und kenne mich ein bisschen entlang des Rheins aus. Für mich war es wichtig den Film am Rhein zu drehen, weil das in Mexiko sehr unüblich ist. Die Azteken bauten Mexiko City, oder damals Tenochtitlan, in einem See, bis dieser von den Konquistadoren trocken gelegt wurde. Städte an Flüssen gibt es in Mexiko eigentlich nicht und Durango, woher Ramon kommt, ist extrem trocken. Entsprechend ist der Schnee und das viele Wasser etwas Besonderes für ihn.

Moviebreak: Wie sind sie dann genau auf Wiesbaden gekommen?

JRS: Meine Frau kommt hier aus der Gegend und meine Schwiegereltern wohnen noch hier. Ich kannte mich in Wiesbaden schon etwas aus und finde es sehr schön. Besonders den Stadtteil Biebrich wollte ich dabei darstellen.

Moviebreak: An einigen Einstellungen bemerkt man auch eine Vertrautheit mit der Umgebung.

JRS: Ja, andererseits wollte ich auch die klischeehaften Postkartenaufnahmen, wie etwa vom Schloss in Wiesbaden vermeiden. Einige Szenen spielen zwar in der Umgebung und man kann es auch erkennen, aber der eigentliche Charakter kommt nicht von so etwas, sondern von Biebrich. Die Straßen am Rhein, die kleinen Läden und solche Dinge sind es, die die Atmosphäre ausmachen.

Moviebreak: „Guten Tag, Ramon“ handelt von einem jungen Mann, der in ein anderes Land geht um dort zu arbeiten, dann aber mit unerwarteten Schwierigkeiten konfrontiert wird. Gab es bei ihrer Arbeit auch unerwartete Schwierigkeiten?

JRS: Nein, der Dreh war absolut super. Wir hatten eine gemischte Crew aus Mexikanern, Deutschen und noch ein paar Leuten aus anderen Ländern. Diese Mischung hat großartig funktioniert. Am ersten Tag war man sich gegenüber vielleicht noch ein wenig skeptisch, weil man nicht wusste, wie in dem jeweils anderen Land gearbeitet wird, aber schon zweiten oder dritten Tag haben alle auf sehr hohem Niveau zusammengearbeitet. Das einzige was uns ein bisschen zu schaffen gemacht hat, war das Wetter. „Guten Tag, Ramon“ funktioniert ganz wesentlich als eine winterliche Geschichte, um den Kontrast von Durango und Wiesbaden darzustellen, aber auch weil das kalte Wetter an einigen Stellen als Triebfeder für die Geschichte funktioniert. Wenn es also schneite, mussten wir uns mit den Dreharbeiten beeilen. Wenn der Schnee nur zwei oder drei Tage liegen blieb, mussten wir vielleicht danach eine oder zwei Wochen warten, damit wir weiter drehen konnten, weil die Kontinuität sonst nicht funktioniert hätte. Zeitdruck ist für einen Regisseur immer ein großes Thema und wenn man so dem Wetter ausgeliefert ist, kann einen das schon ganz schön ins Schwitzen bringen.

Moviebreak: Unsere Zeit ist leider schon vorbei. Schön, dass sie für uns Zeit hatten und Danke für das Interview.

JRS: Ich danke Ihnen!


Am 05.02.2015 startet die deutsch-mexikanische Co-Produktion „Guten Tag, Ramon“ in den deutschen Kinos. In Mexiko ist er bereits letztes Jahr angelaufen und wurde dort einer der größten Überraschungserfolge des Jahres.

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