Klassikradio: Die Szene hat auch eine Verbindung zur allerersten Szene, wo das im Alltag passiert. Da geht es schief.
Ruben Östlund: Ja! Die erste Szene ist mir persönlich passiert. Ich wurde nie ausgeraubt, aber ich erinnere mich, dass ich an den Schultern gepackt wurde. Und die Person hat gesagt: „Ey, du, du hilfst mir jetzt!“ Und mit dieser Aktion hat er den Zuschauer-Effekt gebrochen. Plötzlich musste ich mich beteiligen. Da hat er intuitiv sehr schlau gehandelt. Man muss ja nicht gleich den Helden spielen, aber man setzt sich mit der Situation auseinander.
Klassikradio: Wie war es, mit Elisabeth Moss zu drehen? Wie haben Sie sie für den Film bekommen?
Ruben Östlund: Ich habe sie in London getroffen und habe ein paar Improvisationen mit ihr gemacht. Ich mache Improvisations-Arbeiten gerne selber und habe dann gegen sie gespielt. Ich fand sie sehr intelligent. Sie weiß, wie man ein Setup nutzt oder macht unerwartete Dinge, die man einfach nicht schreiben kann. Es gibt eine Szene, wo das sehr offensichtlich wird. Das ist die Kondom-Szene, wo sie das Kondom in den Mülleimer tut. Und dann sollte sie aus dem Raum gehen. Aber in einem Take ist sie plötzlich einfach rausgerannt. Und das hat der Szene wieder einen anderen Winkel gegeben. Sie ist wirklich eine intelligente Schauspielerin. Es hat Spaß gemacht, mit ihr zu arbeiten. Wirklich.
NDR: Das hätte sie aber wahrscheinlich nicht in Amerika gemacht.
Ruben Östlund: Nein, nein. Nicht diese Szene. (lacht)
Was bleibt nach einem Film? Was bleibt nach The Square? Wenn Ruben Östlunds Plan aufgeht, dann unterscheiden sich die Antworten für jeden Zuschauer, auch wenn sie mehr oder weniger in die gleiche Richtung gehen. Für mich blieb ein wohlig-warmes Gefühl der Herausforderung. Eines, das mir gezeigt hat, dass diese Gesellschaft weiß Gott nicht aus einem Bilderbuch stammt. Aber vor allem eines, das beweist, dass die Künste Einfluss nehmen können und müssen. Dass die Macht des Films einfach nicht kleinzukriegen ist, solang es jene gibt, die sie offenbaren. Ruben Östlund macht wichtige, große, spannende, schlaue und verdammt unterhaltsame Filme. Ohne großem Tamtam, mit einer Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit, dass es eine Wonne ist. Da ist es nicht zu überraschend, welches Objekt Östlund sich ausgesucht hat, um seine Karriere in einem Museum zu vertreten: Die Gitarre aus seinem ersten Film Gitarrmongot. Wo ein Junge mit Downsyndrom auf dem zerschossenen Teil (Löcher im Gehäuse, herunterhängende Saiten) Punkrock-Lieder zum Besten gibt. Der schwedische Regisseur lächelt bei dem Gedanken daran; ein Junge, der mit seiner Gitarre in der Ecke sitzt und Aufmerksamkeit generieren will. So sieht er sich.
The Square startet in den deutschen Kinos am 19.10.2017. Viel Spaß im Kino!