{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Kommentar zum unlogischen und deshalb gelungenen "Jurassic World: Fallen Kingdom"

Noergolas

Von Noergolas in MBs Kommentarspalte: "Jurassic World: Fallen Kingdom" ist unlogisch und das ist auch gut so

Kommentar zum unlogischen und deshalb gelungenen "Jurassic World: Fallen Kingdom" Bildnachweis: © Universal Pictures | "Guck mal, Chris, all diese Logiklöcher!"

Im dritten Akt von J.A. Bayonas Jurassic World: Fallen Kingdom ereignet sich ein Moment, den der finale Trailer bereits vorwegnimmt: Ein für den Film neu herangezüchteter Dino-Antagonist, der mordlustige "Indoraptor", bricht herein in die Idylle eines Kinderzimmers. Im Bett liegt, nur der Kopf lugt unter der Decke hervor, ein vor Angst zitterndes kleines Mädchen. Der Indoraptor bahnt sich seinen Weg durch das Zimmer, dabei klopft eine seiner garstigen Hinterklauen unaufhörlich auf den Boden, scheinbar in ungeduldiger Erwartung darauf, das Kind in Stücke zu reißen. Gipfeln tut dies in einer großartigen Einstellung, in der er seine Klaue über dem Bett ausstreckt - ehe sein Vorhaben von einem jäh ins Zimmer hereinstürmenden Chris Pratt vereitelt wird (ebenfalls ein Moment, den der Trailer vorwegnimmt).

Es war unter anderem diese Szene, die den furchteinflößenden Indoraptor in solch eine Komfortzone eindringen und ihn einer späteren Einstellung sogar auf dem Boden liegendes Spielzeug zerstampfen lässt, die meine Vorfreude auf Fallen Kingdom schürte. Unter dem Dirigat von Regisseur J.A. Bayona (A Monster Calls) und Kameramann Oscar Faura (The Imitation Game) erlangen die Dinosaurier des Jurassic-Franchise wieder etwas von ihrem Mythos zurück, von ihrer poetischen und außerweltlichen Wirkung. Immer wieder findet der Film neue Wege, sie entrückt in Szene zu setzen - als überlebensgroße Wandschatten, todbringende Spiegelungen oder schemenhafte Umrisse in Blitzgewitter, Mondlicht oder Rauchschwaden. Finsterer und furchterregender, aber eben auch erhabener und tragischer, haben die Dinos noch nie gewirkt - zumindest nicht seit Steven Spielberg seiner Schöpfung als Regisseur den Rücken kehrte.

Da gibt es nur ein kleines Problem. Was der Trailer ausspart, sind die Umstände, unter denen dieser Moment des Kinderzimmerhorrors überhaupt erst zustande kommt. Die Jagd des Indoraptors nach Chris Pratt, Bryce Dallas Howard und dem kleinen Mädchen ist zu diesem Zeitpunkt schon in vollem Gange und letztere landet nach der strikten Anweisung, wegzurennen und sich zu verstecken, in jenem Zimmer. Anstatt auf den äußeren Fenstersims zu klettern (eine Fähigkeit, die sie zu diesem Zeitpunkt bereits unter Beweis gestellt hat), sich im Schrank zu verstecken oder - alas! - zumindest unter das Bett zu kriechen, landet sie aus unerfindlichen Gründen im Bett, noch nicht einmal komplett unter der Decke. Dass das beim Versteckspiel mit Opa Lockwood (James Cromwell) funktioniert, mag ja sein - aber auf der Flucht vor einem blutrünstigen Dino? Wie doof kann man denn eigentlich sein?

Das ist eine Frage, die man sich während Jurassic World: Fallen Kingdom wiederholt stellt. Von der sagenhaft atmosphärischen Eröffnungsszene bis in die letzten Minuten hinein, treffen alle Figuren des Films immer wieder Entscheidungen, die jeglicher menschlichen Logik entbehren. Nicht die Menschen treffen sie, so scheint es, sondern der Film trifft sie für sie. Damit er passieren, sich fortbewegen kann. Weil er sich nicht für eine innere oder äußere oder überhaupt irgendeine Art von Logik interessiert, sondern schlicht andere Schwerpunkte setzt. Etwa seinen spannenden Ideen für die Jurassic-World-Reihe nachgehen, Tentpole- und Franchise-Größenverhältnisse neu abstecken, und dabei natürlich den Dinos, auch 25 Jahre später noch immer die Hauptattraktion, eine Bühne bauen. Damit sie von uns geliebt, gefürchtet und bestaunt werden können. Was für ein schreckliches Vergehen!

Als was ich diesen Kommentar verstanden wissen möchte, ist ein Plädoyer gegen die verquere Vorstellung von Filmrezeption (und ihren Verfechtern), die sich als Abtastung eines Films auf seine vermeintlichen Lücken in einer meistens nicht näher definierten (weil nicht definierbaren) Logik versteht. Eine sonderbare Idee von Logik, auf die sich alle stets einigen können, aber nie im Detail auszuführen bereit sind. Was letztendlich auch ein völlig fruchtloser Diskurs ist, denn: An einem Film ein sogennantes "Logikloch" festzustellen - schlimmer noch: es dem Film vorzuwerfen - denkt hübsch unkompliziert am Film vorbei, an seiner Geschichte, seiner Wirkung, seinem Subtext, seinen Gefühlen und Gedanken. Schlicht: an allem was ihn doch eigentlich erst interessant macht. Was eigentlich kein Wunder ist, scheint uns das Internet, vor allem die Ära unsäglicher Youtube-Kanäle und ihrer vorgeblichen Filmkritik, doch zur Ausschau nach sogenannten "plot-holes" (um)erzogen zu haben.

Deswegen zum Abschluss ein Tipp: die selbstzufriedene Gewissheit darüber, dass man bei der Dinoflucht nicht ins, sondern unter das Bett gekrabbelt wäre, ist weder wertvoll noch besonders nachhaltig. Die Freude darüber, dass das Mädchen dafür zu doof war und uns eine aufregende, schöne Sequenz beschert wird - eben ein Moment, der zum Auslösen emotionaler Reize und Reaktionen imstande ist oder womöglich sogar erzählerisches oder thematisches Gewicht besitzt - ist triumphal, ein Sieg fürs Kino und die Kinozuschauer. Das Hirn darf - nein, muss! - dafür sogar anbleiben. Aber eben auch das Herz.

Wird geladen...