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Ostberlin lässt wieder die Puppen tanzen: Kritik zur 2. Staffel von "Der Palast"

Tiger

Von Tiger in Ostberlin lässt wieder die Puppen tanzen: Kritik zur 2. Staffel von "Der Palast"

Ostberlin lässt wieder die Puppen tanzen: Kritik zur 2. Staffel von "Der Palast" Bildnachweis: © Constantin Film (Universal Pictures) | Werbemotiv zu "Der Palast - Staffel 2"

Berlin 1990. Nach dem Mauerfall herrscht Aufbruchstimmung in der ehemals geteilten Stadt. Doch für viele bedeutet die Wende Ungewissheit und Zukunftsangst- auch im legendären Ostberliner Palast, wo das Ensemble Abend für Abend vor halbleerem Zuschauerraum tanzt. Während der neue Intendant Gerd Kolberg droht, aus dem Revuetheater ein Casino zu machen, versucht Ballettdirektorin Regina Feldmann zunächst die berühmte „Kickline“ wieder aufzustellen. Zum Vortanzen reisen die Geschwister Luise und Lukas Jansen von der Ostsee an. Gemeinsam mit der Münchnerin Karla Tanner beziehen die jungen Tanztalente eine WG im Osten der Stadt. Ihrem großen Traum so nah, ahnen die Neuen noch nicht vor der drohenden Schließung des berühmten Hauses … Zugleich steht Regina auch privat vor der größten Herausforderung ihres Lebens – in einer Zeit des Umbruchs, in der der Palast sich als größte Showbühne der Welt neu beweisen und erfinden muss.  

Kritik:

Nach dem Erfolg der Miniserie Der Palast musste natürlich eine Fortsetzung her und deswegen drehte man drei Jahre später Staffel 2, obwohl es zunächst nicht geplant war. Während in der ersten Staffel der Palast mehr oder weniger nur als Aufhänger für das „doppelte Ost-West-Lottchen“ diente, nimmt er in Staffel zwei deutlich mehr Platz ein, denn die Handlung dreht sich viel mehr um die Tänzer und Tänzerinnen und um die spektakuläre Show. Das ist ein großer Pluspunkt der zweiten Staffel, weil man viel mehr in die glitzernde Show-Welt eintauchen kann. Diese Vorgehensweise hat aber auch ihre Nachteile, weil der Schwerpunkt gar nicht mehr auf der spannenden Storyline liegt, sondern viel mehr aus vielen kleinen Geschichten besteht, die zwar alle irgendwie miteinander verbunden sind, doch trotzdem keinen roten Faden aufweisen. Staffel 2 ist mit vielen Themen überfrachtet, die nach und nach abgearbeitet werden, aber stets die Spannung vermissen lassen.
Image titleWährend man in der ersten Staffel mit den Zwillingsschwestern mitfieberte und gespannt auf die Auflösung der verzwickten familiären Geschichte wartete und auch Angst hatte, dass die Figuren von der Stasi erwischt werden, wartet man bei der 2. Staffel vergebens auf die Höhepunkte. Es läuft alles viel zu glatt und gerade bei den letzten beiden Folgen lässt die Serie komplett nach. Während man am Anfang noch gespannt ist, ob die beiden Geschwister überhaupt nach dem Vortanzen angenommen werden, gestaltet sich die spätere Handlung als völlig frei von Höhepunkten und die Aufarbeitung der Stasivergangenheit und die Einführung queerer Figuren erfolgt schulbuchmäßig, wie das Abhacken einer Checkliste, aber leider völlig ohne Gefühl. Man kauft den beiden Frauen, die hier zusammen sein sollten, nicht einmal ab, dass sie gute Freundinnen sind, erst recht nicht, dass sie ein Paar sind. Dafür inszeniert man das Geschwisterpaar Lukas (Lukas Brandl, Gipfelstürmer) und Luise (Lary Müller, Love in Tahiti) fast schon inzestuös, weil Luise aus irgendeinem Grund eine völlig kranke Fixierung auf ihren Bruder aufweist und eifersüchtig ist, auf alle Frauen, die ihm näher kommen.

Zu Luises Bedauern sind einige Ladys scharf auf ihren Bruder, so wie die Tänzerin Karla (Taynara Wolf, Germany's Next Topmodel), die sich ihm ständig an den Hals wirft. Auch in dieser Hinsicht verläuft, die Serie recht unspektakulär und irgendwelche Kleinigkeiten werden stark aufgebauscht. Beispielsweise trink Karla am Abend vor ihrem Auftritt ein Mojito und ist am nächsten Tag immer noch betrunken, weswegen sie bei der Show negativ auffällt. Außerdem plagen sie auch noch starke Rückenschmerzen und deswegen wird sie nicht etwa zum Arzt gebracht, sondern in eine Wanne voller Eis gelegt. Es wird auch zu keinem Zeitpunkt aufgeklärt, warum sie so krasse Schmerzen hat, doch zum Glück hat sie eine gute Freundin wie Luise, die sie auf Eis legt und sie später trocken rubbelt. Dann ist auf einmal alles wieder gut, obwohl Karla (Taynara Wolf) zuvor fast schon den sterbenden Schwan gab.  Es wird bei dieser Staffel unnötig übertrieben und dennoch erreicht man das gewünschte Ziel nicht, denn obwohl die Handlung immer bizarrer wird, nimmt die Spannungskurve nicht zu, sondern stetig ab.
Image titleZu den seltsamen Momenten der Serie gehört auch der Teil, in dem sich ein älterer Herr namens Erwin (Axel Werner, Systemsprenger) nach seiner eigenen Aussage als „Indianer“ verkleidet, um seinen Freiheitsdrang auszudrücken. Offenbar gab es in der DDR sogenannte „Indianer Camps“ in denen sich die Leute mit Freiheitsdrang verkleidet haben. Nur leider erklärt es die Serie nicht, sondern lässt den alten Herrn sich verkleiden, als wäre es die normalste Sache auf der Welt. Für diejenigen, die sich mit der DDR nicht auskennen und nicht in dieser Zeit aufgewachsen sind, erscheint die Verkleidung zunächst als bizarr und unangebracht. Man hätte wenigstens ein paar Worte dazu sagen können und etwas tiefer in die Thematik eintauchen können, wenn man aus dem älteren Herrn unbedingt Winnetou machen wollte. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden, doch wenn man diese Thematik aufgreift, dann doch wenigstens mit der dazugehörigen Erklärung, sonst hat dieser Handlungsstrang einen zu schrägen Beigeschmack.

Wenn man die Geschichte völlig außer Acht lässt und sich nur auf die Optik konzentriert, hat die Serie viele schöne Momente zu bieten: gut ausgearbeitete Choreografien, schöne Tanzszenen, schillernde Kostüme. Das alles verleiht der Staffel einen besonderen Glanz und lässt sie wie eine Art unterhaltsame Show erscheinen. Nur leider kann die zweite Staffel nicht mit der ersten Staffel mithalten und das, obwohl hier viele wichtige Themen angerissen werden, wie Abwicklung ostdeutscher Betriebe, Hausbesetzer-Problematik, Aufarbeitung der Stasivergangenheit und andere Konflikte, die es nach der Wiedervereinigung gab. Allerdings geht die zweite Staffel zu keinem Zeitpunkt so wirklich in die Tiefe und kann dem Vergleich mit der ersten Staffel nicht standhalten.

Technischer Part:

Image titleConstantin Film (Universal Pictures Germany GmbH)
veröffentliche Staffel 2 von Der Palast auf 2 DVDs am 17. Januar 2025 in hervorragender Bild- und Tonqualität auf Deutsch in Dolby Digital 5.1 und Dolby Digital 2.0 mit einer deutschen Hörfilmfassung (in Dolby Digital 2.0) mit deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte. Es sind keine Bonusmaterialien vorhanden.

Fazit:

Trotz spektakulärer Shows, wunderschöner Kostüme und gut ausgearbeiteter Choreografien, bleibt die zweite Staffel deutlich hinter den Erwartungen zurück und kann weder mit Spannung noch mit einer guten Story dienen. Die Staffel dreht sich mehr oder weniger nur im Kreis, hat keinen roten Faden und entwickelt sich teilweise sogar ziemlich schräg. Statt in die Tiefe zu gehen, arbeitet man alle DDR-relevanten Themen ziemlich oberflächlich ab und beendet die Staffel genauso unspektakulär, wie man sie angefangen hat.

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