Von Souli in Road to "Spectre" - Unsere große James Bond Retrospektive: Teil 1
am Sonntag, 12 April 2015, 20:14 Uhr
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Zu den Tönen von Matt Monros Titelsong züngeln die neonflackernden Opening Credits über nackte Haut und leiten den zweiten Einsatz von Englands charmanter Doppelnull ein, den es dieses Mal von Istanbul, über Jugoslawien, bis nach Venedig verschlägt - nur nicht ins titelgebende Moskau. Gab sich der Vorgänger "James Bond 007 jagt Dr. No" mit seinen träumerischen Stränden noch exotisch und abenteuerlich, ist "From Russia with Love" betont ruhig. Das Tempo ist langsam und lässt mehr Raum für kleine Längen, die sich auch immer wieder gerne einschleichen. Dabei stößt vor allem der herausgestellte Sexismus sauer auf, der heutzutage immer wieder gern mit einem Schmunzeln abgetan wird - fälschlicherweise aber nicht wegen seines ironischen Charakters, sondern weil er aufgrund seines verbissenen Ernstes so überholt wirkt. Waren die Frauen in "James Bond 007 jagt Dr. No" wenigstens "nur" damit beschäftigt, sich Bond um den Hals zu werfen, müssen sie sich hier in knapper Kleidung bis auf den Tod bekämpfen - um einen Mann! Und als ob das noch nicht genug wäre, missfällt Bond diese bestialische Sitte und er bietet eine weitaus humanere Variante an: Um herauszufinden, welche der beiden besser als Ehefrau geeignet ist, wird er selbst mit beiden gemeinsam die Nacht verbringen. Ohne Worte! Die gemächliche Inszenierung, so unvorteilhaft sie manchmal auch wirkt, bringt die beste Szene des ganzen Films hervor: Der "Showdown" zwischen Bond und Bösewicht Grant (diabolisch-arisch: Robert Shaw) im Zugabteil ist ein vor leiser Intensität nur so strotzender Schlagabtausch in Dialog-Form. Hier wird eine Spannungsqualität erreicht, die Terence Young in "James Bond 007 Dr. No" noch nicht mal im Ansatz zu erzeugen vermochte. Da wirkt das Ende des Films - eine müde Bootstour mit anschließendem Zimmermädchen-Schreck - geradezu unterwältigend. Wer also beschließt, den unangenehm sexistischen Unterton von "From Russia with Love" auf den zeitlichen Kontext zu schieben, mit "Das ist eben James Bond!" abzutun, oder ganz einfach zu ignorieren, dürfte auch mit diesem zweiten Bond-Film großen Spaß haben. Ein gänzlich unbedenkliches Vergnügen sind diese russischen Liebesgrüße aber eben auch nicht.