Fade Off. Ein klackendes Geräusch, immer wiederkehrend zischt es durch die Luft; es automatsiert sich, genauso wie die dumpfe Kirmesmusik, welche dem Geräusch einen Unterton bietet. Fade In. Ein ästhetisierendes Bild knüpft sich vor dem Auge zurecht: ein muskelbepackter Körperbau schwingt ein Butterfly, bis es mit einer Wucht in die Wand geschlagen wird. Der Körper nimmt sich seine Lederjacke vom Tisch, stößt die Tür auf und begibt sich nach draußen, wo ein Trubel aus Menschen regiert. Doch in diesem geht er nicht unter, nein, die Kamera folgt ihm, als er die Jacke und ein Shirt überstreift und sich eine Kippe anzündet. Vorbei an den grellen Lichtern einer trüben Kirmes-Atmosphäre, geht er schnellen Schrittes seinen Weg durch Menschenmassen und Fahrattraktionen, immer das Ziel vor Augen, bis es erreicht ist: Er begibt sich in ein großes Zelt, die Menschen jubeln ihm zu, doch er ist schweigsam, ernst, still. Laut wird er zwischen dem Grölen von Motoren angekündigt. »Handsome Luke!«, jubelt die Menge, während er mit einem schnellem, maskulinem Armschwung seine Zigarette wegwirft und sich auf sein weißes Dirtbike setzt. Obwohl er noch nicht sein Gesicht gewahrt hat, strahlte er bereits Ästhetik aus, doch jetzt, wo die Kamera eine Nahaufnahme wagt, wird jedem bewusst: Er ist pure flawless. Er setzt den Helm auf, schnürrt ihn zu, lässt den Motor aufheulen und fährt in einen stählernden Käfig; ein Käfig, der ihn als noch unantastbarer darstellt, als wie er ohnehin schon ist.
Das ist Ikonographie, Cinematographie und gleichzeitig die Eröffnungszene aus The Place Beyond the Pines. Natürlich ist the handsome Luke niemand anderes als Ryan Gosling himself und wie schon in Drive ikonographiert er erneut seine Darstellung in Derek Cianfrances Werk. Das beginnt mit seinem stählernden Körper, der roten Lederjacke, den blondierten Haaren und endet mit der brennenden Zigarette im Mundwinkel. Dennoch ist Luke Glanton kein Musterbeispiel an Perfektion: er arbeitet als Stuntman beim Wanderzirkus auf einer Kirmes in den trostlosen Käffern von New York, ist schweigsam, introvertiert, motivlos- was ist besonders an ihm? Selbstverständlich wird er als Darsteller in Szene gesetzt, doch das macht ihn noch nicht zum Crush jeder Frau.
Neben seinem introvertiertem Charakter (was natürlich interessant wirkt und neugierig macht) verfügt er über emphatisches Einfühlsvermögen und seine ambitionierte Vaterrolle, welche Eigenschaften selbstverständlich eine gewisse Leidenschaft hervorrufen. Dagegen ist er perspektivlos, kriminell, gewalttätig und hat mit den Sünden seiner Vergangenheit zu kämpfen, was die schmachtenden Frauen im Kinosaal jedoch herzlich wenig interessiert. Doch gerade da kommt die Gefahr auf: Man darf nämlich Ryan Goslings Rollen nicht auf ein Sexsymbol degradieren, denn auch wenn er oft und gerne sein Sixpack entblößt, ist da doch mehr, als nur eine körperliche Zuneigung- jene die durch ikonographische Mittel hervorgerufen wird.