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Varg Veum - Staffel 2 - Serienkritik

Andre

Von Andre in Varg Veum - Staffel 2 - Serienkritik

Varg Veum - Staffel 2 - Serienkritik
Inhalt: Hartnäckig, unangepasst und dickköpfig – das ist Varg Veum. Als Privatdetektiv ermittelte er in düsteren Fällen, auf eigene Faust und der örtlichen Polizei immer einen Schritt voraus. Um mehr Zeit mit seiner Freundin Karin verbringen zu können, hatte er sich von seinem risikoreichen Ermittler-Dasein abgewandt. Doch die Idylle währt nicht lange. Seine Vergangenheit holt ihn immer wieder ein. Als sein erbitterter Feind „Das Messer“ aus dem Gefängnis entlassen wird, muss sich Varg Veum nicht nur den brutalen Attacken eines Mörders erwehren, sondern sich auch den Abgründen seiner eigenen Seele stellen. In den sechs packenden norwegischen Thrillern, bekommt es Varg Veum mit einem düsteren Rachefeldzug, brutalen Morden, einem Anschlag auf ein Rüstungsunternehmen und skrupellosen Menschenhändlern zu tun und setzt alles daran, die Täter zu überführen. Als jedoch ein Drogendealer Vargs Freundin und ihr ungeborenes Kind bedroht, muss er eine folgenschwere Entscheidung treffen …

Kritik:
„Varg Veum“ ist eine norwegische Krimiserie, die in zwei Staffeln bisher zwölf Folgen umspannt und  auf der gleichnamigen Romanreihe des norwegischen Autors Gunnar Staalesen basiert. Bücher aus Skandinavien sind ja in Deutschland nach wie vor ein Renner, doch Staalesen konnte schon lange vor der Millenium-Trilogie auch hierzulande große Erfolge erzielen. Genau genommen ist Varg Veum – in Deutschland auch bekannt als „Der Wolf" - ein Romanheld der 80er Jahre. Aufgrund der anhaltenden Popularität in Norwegen war es nur eine Frage der Zeit, bis die Romane verfilmt werden würden, was dann auch zwischen 2007 und 2012 mit großen Aufwand in Angriff genommen und durch eine Produktionsgesellschaft der ARD unterstützt wurde.

Varg Veum (auf deutsch: "Verbannter Wolf") ist keine Serie mit einer fortlaufenden Handlung. Jede Folge beschreibt einen in sich abgeschlossenen Kriminalfall. Einen losen Faden bildet lediglich Vargs Beziehung zu seiner Lebensgefährtin sowie die mal mehr, mal weniger freiwillige Zusammenarbeit mit dem Hauptkommissar Hamren. Erstmals erscheint die Komplettbox mit allen sechs Folgen der zweiten Staffel in Deutschland.

Was beim Sichten der ersten Folge sogleich positiv auffällt, ist die düstere Atmosphäre. Kein Wunder, gilt Bergen doch als regenreichste Stadt Europas. Wenn schwarze Wolken den Himmel verdunkeln und Nebel über der Stadt liegt, bleibt so mancher Mord unbemerkt. Hier kommt der Privatermittler Varg Veum ins Spiel. Engagiert wird dieser immer dann, wenn die Polizei im wahrsten Sinn des Wortes im Dunkeln tappt.
In jeder Folge der zweiten Staffel hat man es demnach mit Mördern, Terroristen und Vergewaltigern zu tun. Das ist vom Qualitätsniveau her ähnlich wie die sonntäglichen Tatorte. Oft unterhaltsam, jedoch nicht immer spannend und aufregend inszeniert. Aber dazu später mehr.

Weiterer Pluspunkt neben der düsteren Stimmung sind die durchweg gut besetzten und in Deutschland unbekannten Darsteller, die alle einen tollen Job abliefern und ihre Rollen glaubwürdig verkörpern. Allen voran der in Norwegen überaus populäre Trond Espen Seim ("The Thing"), dem die Rolle perfekt auf den Leib geschrieben zu sein scheint. Der Typ hat Charisma, eine sehr einnehmende Präsenz und passt super in die Rolle des eigenwilligen Privatermittlers. Veum ist ein Mensch mit Ecken und Kanten, der sich von der Gesellschaft zurückgezogen und einen sehr pessimistischen Blick auf die Welt hat. Beim lösen seiner Fälle pfeift er oft auf das Gesetz und schrammt an den Grenzen der Legalität vorbei. Als ehemaliger Sozialarbeiten fällt es Veum schwer, wegzusehen, wenn Menschen Unrecht angetan wird.
Den oft sehr blutrünstigen Fällen werden als Kontrast humoristische Einlagen und traumhafte Aufnahmen von Norwegens Küstenlandschaft gegenüber gestellt.
In dem Mittelpunkt rückt auch öfter Mal Vargs Lebensgefährtin, ebenfalls prominent besetzt mit Lene Nystrøm, die nach wie vor recht erfolgreich mit ihrer Band Aqua (auch ein Hit bei uns: Barbie Girl) durch die Welt tourt. Darüber hinaus gibt es viele weitere unverbrauchte Gesichter, die die Reihe durchweg positiv bereichern.

Soweit könnte man schon ein positives Fazit gehen, doch inhaltlich gibt es jedoch einige Kritikpunkte. Denn die Deutschen sind ja ziemlich krimiverwöhnt muss man zugeben. Tatort, SOKO XY, Der Kriminalist, Der letzte Bulle, Polizeiruf 110 und und und. Dazu kommen unzählige Serien aus den USofA. Klar, dass Varg Veum da keinen einfachen Stand hat und die sechs in sich abgeschlossenen Krimis inhaltlich nun nichts bieten, was man als Kenner nicht schon kennt. Dazu kommen der im Leben gescheiterte und vom Alkohol abhängige Protagonist, die Freundin die ihm ständig ins Gewissen redet und ein unfreiwilliger Partner auf Seiten des Gesetzes – alles altbekannte Elemente. Der eine oder andere Krimifan könnte sich also durchaus etwas langweilen. Der Spannungsbogen ist in jeder Folge ähnlich aufgebaut: Dem Zuschauer werden falsche Hinweise präsentiert, wodurch der Verdacht auf düstere Gestalten gelegt wird, die im Nachhinein unschuldig sind. Jede Fall schlägt bis zum Showdown teils so wilde Haken in der Handlung, dass man dieser trotz bekannter Stilmittel zumindest nicht vorwerfen kann vorhersehbar zu sein.

Wenn man auf anspruchsvolle und komplexe Charaktere steht, wird Varg Veum diesen Ansprüchen ebenfalls nicht gerecht. Tiefgang oder eine Weiterentwicklung des Hauptcharakters Veum ist im Laufe der einzelnen Folgen trotz einiger Schicksalsschläge kaum festzustellen. Im Vergleich zu herkömmlichen Serien wird der Privatermittler nur grob umrissen, fast etwas oberflächlich dargestellt. Das liegt nicht an den schauspielerischen Qualitäten, sondern ganz einfach am Drehbuch. Oft werden Beweggründe nicht erklärt, Handlungsweisen sind unglaubwürdig und entbehren einer Logik. Eher zufällig stolpert Veum über wichtige Zeugen und Hinweise, die er vor  Kommissar Hamre (aus oft unverständlichen Gründen) verbirgt. Weshalb die zwei trotzdem ein freundschaftliches Verhältnis pflegen und weshalb Veum dabei meist polizeilich unantastbar bleibt, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Vor allem Nebencharakteren wie Hamre fehlt eine Biografie, ein Hintergrund, der sie interessanter machen würde. Das wurde schon in Staffel 1 kritisiert und ist in Staffel 2 nicht anders.

Eine zwiespältige Sicht könnte man darüber hinaus auf den Einsatz unterschiedlicher Regisseure haben, bringt doch jeder Dirigent hinter der Kamera einen eigenwilligen Bild- und Stilmix ein. Sei es in Sachen Kamerafahrten, Schnitt, dem Farbton oder der Musikauswahl. Da fehlt einerseits ganz klar ein einheitlicher unverwechselbarer Look, trotz der tollen Kulisse in Form der Stadt Bergen. Andererseits ähnelt so keine Folge der anderen, so dass man mit Varg Veum durchaus einige vergnügliche Abende verbringen kann.
Zwei Folgen der zweiten Staffel wurden für das norwegische Kino inszeniert und das macht sich definitiv bemerkbar. Ist die Handlung in manchen TV-Folgen etwas zäh und hält sich zu sehr mit Nebensächlichkeiten auf, setzen die Kinofolgen von Anfang auf ein packendes Tempo und eine gute Portion Action, so zum Beispiel in Folge 4 „Geschäft mit dem Tod". Hier wird die Spannungsschraube ordentlich angezogen, Verfolgungsjagden und Schießereien sorgen für genug Abwechslung und Action.

Fazit: Varg Veum ist zwar inhaltlich etwas durchwachsen, wird aber sicherlich seine Liebhaber finden. Wer wie der Schreiber dieser Zeilen eigentlich kein Krimifan ist, kann sich wunderbar unterhalten, denn die einzelne Fälle in Spielfilmlänge grenzen sich inhaltlich so stark voneinander ab, so dass dem Zuschauer immer etwas Neues geboten wird. Dazu gibt es traumhafte Landschaftsaufnahmen, ein gelungener düsterer Look und vor allem ein charismatischer Ermittler, den man einfach mögen muss.
Loben muss man übrigens auch die professionelle deutsche Synchronisation, auch wenn man sich daran gewöhnen muss, dass Trond Espen Seim dieselbe Stimme wie Hugh Jackman hat.

Bewertung: 7/10


Anmerkung: Die zweite Staffel wurde in einer DVD-Box zu einem fairen Preis veröffentlicht und enthält neben allen sechs Filmen ein 15-minütiges Making-Of. An Bild und Tonqualität gibt es (für DVD-Standards) nur wenig auszusetzen.

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