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Inhalt

In ihrer Jugend war die Pianistin Jenny ein musikalisches Wunderkind, doch das Leben meinte es nicht gut mit ihr. Nach 15 Jahren Haft wegen eines Mordes, den sie nicht begangen hat, ist von ihrem Talent nur Wut und Erinnerung geblieben. Als sie nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis im christlichen Glauben Halt sucht, erfährt sie, dass ihre Jugendliebe, einst verantwortlich für ihr Martyrium, unter dem Künstlernamen Gimmiemore ein international gefeierter Star geworden ist. Das überwältigende Bedürfnis nach Rache gefährdet ihre fragile Übereinkunft mit Gott und ihre Beziehung zu einem syrischen Musiker, der Jenny ehrliche Zuwendung und Vertrauen entgegenbringt. In einer zynischen TV-Talent-Show provoziert sie die Wiederbegegnung mit ihrem einstigen Peiniger und Geliebten und es kommt zu einem intimen Duell auf Leben und Tod.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Im Leben ist es nie zu spät. Nicht für Rache oder Vergebung, einen Neuanfang oder die Fortsetzung einer alten Story. Wie sie Chris Kraus (Die Blumen von gestern) auf dramatischer und dramaturgischer Ebene ausbreitet. Dass sein ambivalentes Sequel zu seinem Durchbruchserfolg Vier Minuten, dessen hochgelobte Hauptdarstellerin Hannah Herzsprung (Das fliegende Klassenzimmer) erneut überzeugend den Part der zu Unrecht des Mordes verurteilten Wunderpianistin Jenny einnimmt, die Unfähigkeit, mit der Vergangenheit abzuschließen, zugleich abbildet und verkörpert, ist nicht die einzige Crux der inkohärenten Inszenierung.

Deren Stimmung wechselt so abrupt wie die der Protagonistin, die nach der Titel-Zeitspanne ihre Haftstrafe abgesessen hat, und bei einer christlichen Hilfsorganisation untergekommen ist. Eine Reihe der aberwitzigen Zufälle führt sie zu ihrem alten Kommilitonen Mangold (Christian Friedel, The Zone of Interest), der ihre Feindseligkeit ebenso übergeht wie der geflüchtete Syrer Omar (Hassan Akkouch, Alle wollen geliebte werden). Beide sieht Mangold als Kandidatenpaar einer TV-Talentshow für Menschen mit Handicap, ausgerechnet moderiert von Jennys als Popsänger Gimmiemore (Albert Schuch, Funeral for a Dog) berühmtem Ex - dem wahren Mörder.

Wer hier noch nicht ob der sich türmenden Absurditäten ausgestiegen ist, kann sich denken, wie es weitergeht: Auf Rache sinnend konkurriert Jenny in der Talentshow mit Omar, der sie ungeachtet ihrer rassistischen Beleidigungen liebt. Was dann zwischen Krimi-Drama, Liebeskomödie und Reality-TV-Parodie schlingernd folgt, übertrifft an Unwahrscheinlichkeit und Unglaubwürdigkeit jede Seifenoper. Einer solchen entspricht auch die überlange Episodenstruktur, die umständlich etablierte Nebenfiguren komplett vergisst, klaffende Logiklücken reißt und angerissene Handlungsstränge verwirft. Noch verworrener sind die Charaktere.

Deren Intention und Motivation wechselt beständig, nicht etwa aufgrund psychischer Zerrissenheit, sondern der Unentschlossenheit Kraus‘ selbstverfassten Drehbuchs. Das entschuldigt Manipulation, Mord und Falschaussage mit einer fatalen Erkrankung und rechtfertigt mit einem harschen Schicksal Rassismus und Ableismus - implizit auch den eigenen. Jennys rassistische Beleidigungen des zum Stereotyp des optimistischen Ideal-Immigranten infantilisierten Omar sollen augenscheinlich amüsant sein, ebenso wie der Gedanke, dass Menschen mit Handicap besitzen, woran es der überlangen Fortsetzung mangelt: Talent und kreative Ambition.

Fazit

Der Titel meint womöglich die gefühlte Laufzeit Chris Kraus überkonstruierter Mischung aus Psychodrama, Thriller, Liebeskomödie und Medien-Satire. Hannah Herzsprung kämpft mit ihrer intensiven Darstellung nicht nur gegen die Unglaubwürdigkeit des Plots, sondern um die emotionale Authentizität ihrer aus Klischees zusammengesetzten Figur. Deren aggressive Menschenverachtung dient augenscheinlich als Maske der Häme und Ressentiments der holprigen Inszenierung. Deren in modrig-kalte Farben getauchte Kamerabilder suggerieren einen brutalen Realismus, von dem das abgeschmackte Melodram kaum weiter entfernt sein könnte. 

Kritik: Lida Bach

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