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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Im London des Inselreiches Ozeanien arbeitet Winston Smith (John Hurt) für das Ministerium für Wahrheit, das die Informationen innerhalb des Reiches zugunsten der übermächtigen "Partei" anpasst. Doch zweifelt Smith schon seit geraumer Zeit am System, in dem das Regime immer mehr die Daumenschrauben anzieht. Er beginnt, ein Tagebuch zu führen und begeht damit ein Gedankenverbrechen. Mit der Parteischwester Julia (Suzanna Hamilton) entflieht Smith den Fesseln des Überwachungsstaates und mietet sich in einem abgelegenen Zimmer ein, bis das System sie letztlich aufspürt...
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

George Orwells wahrscheinlich berühmtestes Buch wurde bereits 1956 verfilmt und musste aufgrund seiner skriptischen Freiheiten ordentlich Kritik einstecken. Dadurch verblasste Orwells Aussage in derart signifikanter Weise, dass die Wut und Hingabe über die Kritik an den Systempraktiken praktisch vollends entstutzt worden war. Michael Radfords Version hingegen tat sich an, den eklatanten Kern wieder aufleben zu lassen, in all seiner Grauheit, Unbarmherzigkeit und dem, was die Buchvorlage so eindringlich werden ließ.

Auch der Film setzt mitten in den Mühlen des Systems an, und noch bevor die Mechanismen der alternativen Welt überhaupt abgehandelt wurden, führt uns der Film auch in die Personenstruktur von Winston Smith ein. Was wir dort zu sehen kriegen, sind vornehmlich graue Kulissen, zusammengeklaubtes Inventar und Menschen, die in ihren Uniformen eine vorgeschriebene Freundlichkeit leben. Das Szenario wirkt also weniger vordergründig, sondern im Kern schon verlogen und angepasst, und der Zuschauer kriegt diesen politisch motivierten Lebensweg mit aller Härte sanft zu spüren. Doch mit Smith als Wegbegleiter tauchen wir gleichzeitig in die Gedankenwelt des Querdenkers ein, in seine Notizen des Tagebuchs, vor allem in seiner aktiven Weise, hinterrücks Protest zu üben.

In bilderhafter Weise wird plastisch wie selten zuvor die Trennlinie zwischen Realität und Wahrnehmung vollzogen, in denen der Protagonist ausgesucht umherwandelt. Die Methodik der Partei wird hingegen lediglich in wenigen Beispielen deutlich, die jedoch omnipräsent für Unbehagen sorgen. Anhand von wenigen Figuren und deren Dialogen werden diese aufgezeigt, die für unseren Protagonisten von Belang sind, indem man schon früh die Propaganda als Massenveranstaltung aufzieht, Big Brother als Bildnis für den freiheitsliebenden Menschen auf riesigen Bildschirmen und kleinen Monitoren allgegenwärtig macht und darüber hinaus im Kleinen die Verwegenheit der Partei darstellt, etwa wenn Kameras hinter Bildern auftauchen. Das zeigt sich nicht nur in der Gestaltung der Welt, sondern auch in der Denkstruktur der Figuren und die scheinbare Ausweglosigkeit, die damit verbunden ist.

Wie eklatant realitätsbezogen dieser fantastische Stoff ist, zeigt sich in fast hellseherischer Fähigkeit von Orwell, der die Maschinerie bis auf´s Kleinste auseinandernahm und Strukturen entblößt, die wir selbst in der heutigen Zeit zuhauf wiederfinden. Sei es das Prinzip der freundlichen Worte, der Anpassung eines Diktionärs oder die Reglementierung von Gedanken oder Kunst. Diese und andere Lebensweisen finden sich selbst im Hier und Jetzt in einer Aussortierungsphase und läuft damit Gefahr, zur dystopischen Realität zu wachsen. "1984" wird durch diesen Realitätsbezug zu einer erschreckenden Vision und bleibt nicht nur ein Hirngespinst mit gutmenschlichen Zügen.

Auch kann die Inszenierung dafür sorgen, dass der eindringliche Eindruck bestehen bleibt. Nicht nur in der Körnigkeit der Bilder, sondern auch in leichter Kameraarbeit und der Auslassung von Schnitten erreicht der Film eine Intensität, die niemanden kalt lassen dürfte. Dabei wurde darauf geachtet, den Rahmen etwas persönlicher zu gestalten, denn selbst Landschaften durften nicht ohne Figuren auskommen, was die Zugänglichkeit beträchtlich erhöht. Somit erreicht auch die Welt in ihrer Kahlheit das Auge des Betrachters, ohne es ihm mit Gewalt ins Auge zu drücken, denn an Aussagekraft spart der Film in keinster Weise. So sorgen auch die Dialoge für eine eindeutige Zuordnung und hält sich nicht damit auf, schwülstig seine Absicht aufzutragen - ganz im Gegenteil, denn zeigt sich der Protest in der rauhen Natur des Menschen, die die Partei auszurotten versucht.

Dies schafft auch mit John Hurt der vordergründigste Charakter spielend. Mit den tiefen Ringen unter den Augen, seiner drahtigen Erscheinung und markanten Gesichtszügen wirkt der britische Superstar wie das Abbild eines typischen Menschen, der zur Systemkritik geboren wurde. In jeder Einstellung hält er standhaft seine Mimik und kommt mit wenigen Gestiken aus und überstrahlt fast unmerklich den gesamten Stab, der sinnvoll mit Performances seitens Suzanna Hamilton oder dem leider danach verstorbenen Richard Burton ausgefüllt ist. Sie und noch so viele Statisten schreien uns ihre Überzeugungen wütend ins Gesicht.

Bleibt noch zu klären, inwiefern diese Verfilmung funktioniert. Es ist fast schon Naturgesetz, dass der Film nicht die Bildhaftigkeit des Textes erreicht, doch schafft er es, die Aussage auf seine Weise sehr gut darzustellen. Dies ist keine blankgezogene, visuelle Ergänzung zum Buch, sondern schon fast sowas wie eine reinrassige Kopie inklusive plastischen Gesichtern. Für sich betrachtet natürlich ein Filmod der besonderen Sorte, den man vielleicht mal nicht mit der Vorlage vergleichen sollte - dies ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Hier würde eine Übereinanderlegung unweigerlich für ein Abwatschen der Zelluloidversion führen, die sie nicht verdient hat.

Fazit

Eine eindringliche Dystopie zu verfilmen ging zwar 1956 zugunsten der Zugänglichkeit in die Hose, doch schaffte es Michael Radford, den Eindruck fulminant wieder zu kitten - und das mehr, als dem Kinofan lieb sein dürfte. "1984" visualisiert den Zorn sowie die Essenz der Buchvorlage so hervorragend, dass die leise Kritik brutal effektiv in der Macht der Partei erstickt wird. Es ist nicht schön, was uns da gezeigt wird, aber es wirkt weitaus mehr als die fadenscheinigen Actionversuche aus der Neuzeit. Also: Watch Big Brother, because Big Brother is watching you!

Kritik: Sascha Wuttke

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