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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Der junge Takaki wechselte nach einem Umzug in eine neue Grundschule in Tokio, ehe ein Jahr später ein Mädchen namens Akari in seine Klasse versetzt wird. Takaki weiß, wie es ist „neu“ in einer Klasse zu sein und empfindet sofort Sympathien für Akari. Da beide kränklich, schüchtern und eher Leseratten in der Schulbibliothek sind, als Sportler auf dem Spielfeld sind, entsteht zwischen ihnen schnell eine tiefes freundschaftliches Band. Doch durch Akaris erneutem Umzug ins 80 km entfernte Iwafune schiebt sich eine Distanz zwischen die beiden; durch einen regen Briefverkehr versuchen sie sich gegenseitig nicht aus den Augen zu verlieren. Doch als Takaki erfährt, dass seine Familie ans wortwörtliche andere Ende Japans umzieht, startet er den Versuch Akari noch ein letztes Mal zu besuchen.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit der Abdankung des Königs der japanischen Animation, Hayao Miyazaki, nach seinem letzten Film „The Wind Rises“, gilt es einen Thronfolger zu ernennen. Sowohl Presse als auch Fans sind der Meinung diesen schon in Makoto Shinkai gefunden zu haben. Der 40-jährige Animator erzählt in seinen Filmen oft Geschichten über unerfüllte Liebe und melancholische Sehnsucht, untermalt diese mit sinnigen Piano-Klängen in einem traumhaft animierten Bühnenbild, hervorragend repräsentiert durch das Jugenddrama „5 Centimeters per Second“.

Shinkai versteht es in seinem Werk aus dem Jahr 2007 so gut wie kein Zweiter, eine melancholisch-traurige Atmosphäre zu kreieren, die über alle drei Episoden (je 20 Minuten) aufrechterhalten wird. Dabei kontrastiert Shinkai auf meisterlichem Niveau die fast schon zu wunderschöne Landschaft im Hintergrund, sei es das Meer bei Sonnenuntergang oder Wiesen bei Nacht, die im Mondlicht von einer leichten Sommerbrise zum Tanzen ermutigt werden, mit dem trostlosen Innenleben der drei Hauptfiguren Takaki, Akari und Kanae, ihren unerfüllten Sehnsüchten, verpassten Chancen und hoffnungsloser Liebe. Eine Liebe, die immer weiter abdriftet, je mehr Menschen sie kennenlernen und je mehr Zeit verstreicht, bis am Ende nur noch Erinnerungen verbleiben. Dadurch bildet auch nicht Liebe das Grundelement in „5 Centimeters per Second“, sondern Zeit, das auf nichts und niemanden wartet und sogar die stärksten Gefühle eines Menschen verrosten und zu Staub zerfallen lassen kann. Wunderschön und sehr clever dargestellt wird dies mit langen Landschaftsaufnahmen, in denen der Fluss der Zeit durch einen leichten Windhauch, dem langsamen, fast schon märchenhaften, Dahingleiten einiger Wolkenfetzen, der Casio-Armbanduhr Takakis und (v.a. in der ersten Episode) mit gefühlt unendlichen Bahnverzögerungen visualisiert wird.

Die Landschaftsaufnahmen bestechen dabei mit solch brillanter Qualität, Schönheit und Detailreichtum, dass man leicht dazu geneigt ist „5 Centimeters per Second“ als das „schönste“ Anime-Werk zu bezeichnen. Vor allem im Kontrast mit den Charakter-Animationen im Vordergrund, die mit einer eher niedrigen Bildrate animiert werden, wirken die Hintergründe so hochwertig, dass Shinkais Drama in der Popkultur und unter Anime-Fans schon den Spitznamen „5 Wallpapers per Second“ erhalten hat. Die eher niedrige Framerate der Figuren, mag dabei einen negativen Eindruck hinterlassen und neben dem prachtvollen Hintergrund qualitativ abfallen, doch könnte man die hakelig-langsamen Animationen der Charaktere auch als eine weitere Illustration von „Zeit“ interpretieren.

Als Erzählstruktur verwendet Shinkai Voice Over, vor allem in der ersten und dritten Episode. Die Off-Erzählerstimmen sowohl Takakis als auch Akaris sprechen dabei von Sehnsucht und Wehmut, Bedauern und Hoffnung. Drehbuchzeilen wie „Wie schnell muss ich leben, um dich wiederzusehen?“ klingen auf blankem Papier, wie kitschige Teenie-Lyrik, doch entfalten sie nicht im Geringsten diesen Eindruck. In Kombination mit den atemberaubenden Bildern und dem traurig-schönen Piano-Score von Tenmo, das die Atmosphäre perfekt zu unterstreichen weiß, drücken die Dialogzeilen mächtig auf die Tränendrüsen. Zitate wie „Takaki ist so nett, es bringt mich manchmal zum Weinen.“, die in „5 Centimeters per Second“, die in ihrer Einfachheit sowohl Liebe, als auch absolute Verzweiflung ausdrücken.

Getragen wird Shinkais Jugenddrama von den drei Hauptcharakteren Takaki, Akari und Kanae, wobei letztere erst in der zweiten Episode vorgestellt wird. Es ist legitim, alle drei Figuren als nicht besonders tiefgründig oder hervorstechend zu kritisieren, doch ist genau die bescheidene Normalität der drei Jugendlichen das, was im Kontext von „5 Centimeters per Second“ Sinn macht. Obwohl man immer wieder von der Mutter hört, man sei etwas Besonderes, so ist man es eigentlich nicht (Wären alle Kinder „besonders“, reduziert sich das „Besonders“ nicht zur Normalität?). Takaki ist ein Jugendlicher, der sich so durch die Schulzeit zu schlagen versucht, Akari ein nettes junges Mädchen und Kanae eine Schülerin, die noch nicht weiß, was sie nach ihrem Abschluss werden möchte und ihre heimliche Liebe Takaki zu beichten versucht. Vollkommen herkömmliche Dinge, die jeder Jugendliche durchmacht, die genau deshalb den Knackpunkt bilden und der Grund sind, weshalb sich der Zuschauer sofort mit ihnen identifizieren kann.

Ob der 60-minütige Anime zu kitschig und gefühlsduselig ist, ist der subjektiven Meinung des Zuschauers überlassen. Schließlich ist „5 Centimeters per Second“ pure Poesie in den Off-Texten, purer Kitsch in der eigentlichen Handlung und pures Gefühlskino, wie es im Buche steht.

Fazit

Es gibt Geschichten, die in ihrer Handlung so normal, unauffällig und bescheiden sind, dass man sich fragen könnte, ob diese überhaupt erzählenswert sind, obwohl zwischen all den Mechas in „Neon Genesis Evangelion“, den Gliedmaßen-abtrennenden Diclonii in „Elfen Lied“ und menschenfressenden Titanen in „Attack on Titan“, diese kleinen Alltagsgeschichten, die Geschichten sind, die letztendlich wirklich zählen. „5 Centimeters per Second“ erzählt die Geschichte vom jungen Takaki und seiner besten Kindheitsfreundin (und späteren ersten Liebe) Akari. Wie sie als Kinder auf den Straßen herum toben, sich verlieben, getrennt werden und als Jugendliche eine Verbindung versuchen aufrecht zu erhalten. Auf ihrem Weg des Erwachsenwerdens suchen sie sich selbst, entfernen sich voneinander, verlieben sich neu, doch mit dem Gedanken des jeweils anderen immer im unterbewussten Hinterkopf (oder „im Herzen“, wer es gerne etwas kitschiger haben möchte). Makoto Shinkai beweist, dass der Alltag und das Leben immer noch die besten Handlungen schreiben und erzählt eine zutiefst melancholische und realistische Geschichte in einem fast schon märchenhaften Gewand; steckt alltägliche Probleme gewöhnlicher Jugendlicher (Schulstress, Liebe, Trennung, etc) mit den glaubwürdigsten Teenager-Figuren in ein zu Tränen rührendes Drama, darüber, wie das Leben halt manchmal so spielt. Unberechenbar in seiner Laufbahn, wie der Gleitflug eines Kirschblütenblatts zu Boden mit 5 cm/s.

Kritik: Kadir Güngör

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