Inhalt
200 Jahre nach ihrem Tod wird Ellen Ripley von skrupellosen Militär-Wissenschaftlern an Bord des terranischen Raumkreuzers U.S.M. Auriga wieder zum Leben erweckt: In einer Testreihe werden die Gene ihrer Überreste so oft geklont, bis es gelingt, sie und die Alien-Königin in ihrem Körper lebensfähig zu halten. Wider Erwarten überlebt sie den Eingriff, bei dem die Königin operativ aus dem Körper entfernt wird. Die Wissenschaftler wollen die xenomorphen Aliens für den militärischen Einsatz weiterzüchten. Zu diesem Zweck benötigen sie Wirtskörper, die ihnen von Weltraumpiraten in Form von entführten Kolonisten geliefert werden. Bald schon schlüpfen die ersten Aliens, die in vermeintlich ausbruchsicheren Käfigen untergebracht werden.
Kritik
Eine – im wahrsten Sinne des Wortes – schwere Geburt, dieses bereits schnell nach dem schon alles andere als problemlos über die Bühne gebrachten Alien³ angekündigte Sequel, das danach aber eine ganze Weile wie ungelegte Eier erschien. Sigourney Weaver (Der Tod und das Mädchen) hatte zunächst kein Interesse an der Wiederbelebung ihrer eigentlich den Heldinentod gestorbenen Figur der Lieutenant Ripley, weswegen der als Drehbuchautor angeheuerte Joss Whedon (Marvel’s The Avengers) zunächst einen Skript-Entwurf ohne sie entwickelte. Dieser wurde von den Produzenten direkt abgeschmettert und die ganze Geschichte schien praktisch gestorben. Bis Sigourney Weaver diesen in die Finger bekam und aufgrund der Ansätze doch plötzlich Bock auf die Sache hatte, schlussendlich sogar selbst als Produzentin aktiv wurde. Die Suche nach einem passenden Regisseur gestaltete sich ähnlich abenteuerlich und nachdem sogar Genre-Größen wie David Cronenberg (Die Fliege), John Carpenter (Das Ding aus einer anderen Welt) oder George A. Romero (Zombie – Dawn of the Dead) im Gespräch waren (und z.T. direkt ablehnten), fiel die Wahl völlig überraschend auf den Franzosen Jean-Pierre Jeunet (Delicatessen), der sich als großer Fan der Reihe aber praktisch um den Job riss – obwohl er kein Wort Englisch sprach. Da kamen ihm die ausführlichen Französischkenntnisse von Sigourney Weaver und Co-Star Winona Ryder (Edward mit den Scherenhänden) natürlich äußerst zugute und am Ende wurde es doch noch was mit der komplizierten Zangen-(Wieder)Geburt des wohl bedeutsamsten Franchise des Science-Fiction-Horrors.
Aber auch ohne diese holprige Entstehungsgeschichte hatte er direkt einen schweren Stand. Nachdem Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (1979) und Aliens – Die Rückkehr (1986) sowohl bei Fans als auch Kritik (zurecht) den Status als zeitlose, unanfechtbare Klassiker und Meilensteine der Filmgeschichte innehatten, wurde bereits Alien³ (1992) ziemlich kontrovers aufgenommen. Der spätere Meisterregisseur David Fincher (Fight Club) verzweifelte beim Dreh seines Debütfilms und distanzierte sich in der Folge von dem fertigen Werk, in dem gegen seinen Willen endlos herumgefuhrwerkt wurde. Der später erschienene, wesentlich längere Director’s Cut entsprach wohl etwas mehr seiner Vision (und ist auch deutlich besser), war aber schlussendlich noch sehr weit davon entfernt. Diese widersprüchliche Ambivalenz merkt man selbst der Langfassung noch an, denn in Alien³ schlummert unübersehbar eine weiteres Genre-Meisterwerk, was sich allein an dem genialen Setting, der ultra-nihilistischen Stimmung und so manch ikonischen Momenten feststellen lässt, was aber durch eine eindeutig zerfahrene Narration und ein (selbst für damalige Verhältnisse) unterirdisches CGI torpediert wird. Dennoch ist selbst dieser Torso partiell noch so wahnsinnig stark und stimmungsvoll, dass er seine Fans um sich scharen kann. Auch wenn sie ihn deutlich vehementer verteidigen müssen.
Alien – Die Wiedergeburt wurde ein ähnliches Schicksal zu Teil. An den Kinokassen unbestreitbar erfolgreich, in seiner Resonanz allerdings sehr gemischt aufgenommen. Was sich auch verstehen lässt, denn Teil 4 ist - mit weitem Abstand - der am wenigsten düstere und tatsächlich auch spannendste Teil der Reihe. Den unbändigen, beklemmenden Survivalhorror seiner Vorgänger wird niemals erreicht und darauf reduziert müsste der Film in der Tat als waschechter Flop bezeichnet werden. Dafür besitzt er andere Qualitäten und das ist für einen vierten Teil eines langlebigen Franchise gar keine schlechte Idee. Statt dem gewohnt langsamen Spannungsaufbau gehen Joss Whedon und Jean-Pierre Jeunet direkt in die Vollen und nach nur kurzer Zeit werden eine geklonte und mit Alien-DNA verschmolzene Ripley sowie eine Gruppe Weltraumpiraten von einem Dutzend Xenomorphen gehetzt. Da bleibt kaum Zeit zum Durchschnauben, Tempo ersetzt echten Nervenkitzel. Naturgemäß bleibt so kein Platz für Langeweile und Dank einigen kreativen Einfällen gewinnt Alien – Die Wiedergeburt etwas, was so ein drittel Sequel dringend benötigt: Alleinstellungsmerkmale und Wiedererkennungswert, was mit einem einfachen Wiederholen der Erfolgsformel kaum machbar gewesen wäre.
Gerade im Kontrast zu dem extrem finster angelegten dritten Teil schafft die Fortsetzung eine echte Abwechslung. Viel dreckiger und hoffnungsloser konnte es kaum werden, eine Kopie davon hätte nur scheitern können. Stattdessen wirkt es hier deutlich verspielter, teilweise gar humorvoller, aber auf gar keinen Fall zimperlich. In Sachen Splatter und Gore wird hier recht deftig aufgefahren und wer Bock auf satten Creature-Schlock hat, ist hier an der goldrichtigen Adresse. Dazu kommen zwar nicht so düstere, aber sehr detailversessene Sets und vor allem einiger saustarke Setpieces, wie z.B. die erste (und bisher einzige) Unterwasser-Jagd des kompletten Franchise. Der Look des Films ist generell äußerst hochwertig, was natürlich auch daran liegt, dass der größte Schwachpunkt des direkten Vorgängers massiv ausgebessert wurde. Das miserable CGI von Alien³ steht in keinem Vergleich zu den Effekten hier, wobei deutlich positiv hervorgehoben werden muss, dass sich immer noch hauptsächlich auf echte Handarbeit verlassen wird. Computergenerierte Aliens kommen zum Einsatz, aber nicht inflationär und im endscheidenden Moment ist noch so viel haptisch, dass man sich fast wehmütig diese Zeiten zurücksehnt.
Dass Alien – Die Wiedergeburt gerade von Hardcore-Jüngern so verrissen wurde, liegt vielleicht auch an einigen ungewöhnlichen Entscheidungen. Die Verschmelzung von Ripley und ihrer Nemesis ist ein klarer Stilbruch und speziell am Ende hat das Folgen, die auf der Kante zum Edeltrash tanzen. Für Puristen womöglich ein Affront, in seiner Neuauslegung aber auch ein mutiger und vielleicht notwendiger Schritt, um wirklich etwas Neues zu erzählen und der an sich abgeschlossene Ripley-Saga eine Daseinsberechtigung zu geben. Man merkt, dass sowohl Joss Whedon als auch Jean-Pierre Jeunet echte Fans des Franchise sind und ihren Beitrag nicht nur als x-beliebige Fließbandfortsetzung auslegen wollten. Das sie dafür mit gewissen Prinzipien brechen mussten ist gewagt, macht aber im Kontext der bisherigen Serie absolut Sinn. Perfekt ist Alien – Die Wiedergeburt – sowohl in der Kinofassung als auch im Director’s Cut – natürlich keinesfalls und im direkten Ranking der bisherigen Filme auch klar die Nummer vier, aber viel mehr war ja auch kaum zu erwarten.
Fazit
Insbesondere mit etwas Abstand zu den damaligen Erwartungshaltungen und in Relation zu der Entwicklung der Reihe ein zu Unrecht immer vorschnell gescholtener Teil, der sich zwar deutlich von seinen Vorgängern absetzt, aber dadurch auch eine eigene Identität erhält. Das ist rasant, sieht gut aus, ist klasse besetzt, bietet einige interessante Einfälle und viel wildes Monster-Geschmodder. Kein weiteres Meisterwerk, aber für einen vierten Teil überdurchschnittlich gut und eigenständig. Und selbst Ridley Scott persönlich konnte das Franchise in der Folge nicht mehr besser machen, trotz extremer Bemühungen.
Autor: Jacko Kunze