Inhalt
Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt die ist schön. Zumindest in der Theorie, denn das offene Meer ist und bleibt stets unkontrollierbar. Diese bittere Erfahrung muss auch ein geschulter Seefahrer (Robert Redford) machen, als sein Segelboot eines morgens einen Container rammt und der idyllische Segeltein plötzlich zum Kampf ums Überleben wird. Denn auch wenn es dem namenlosen Abenteurer gelingt das Leck notdürftig zu stopfen, so hat das einströmende Wasser doch erheblichen Schaden an der Bordelektronik verursacht. Ohne Motor und vor allem ohne Kommunikationsmöglichkeit treibt sein Schiff geradewegs auf einen Sturm zu, der dem angeschlagenen Kahn endgültig den Rest gibt und so unseren Mann dazu zwingt, sich in einer 2m² großen Rettungsinsel gegen die endlose Kraft der See zu stemmen.
Ein letzter Strohhalm bleibt ihm jedoch, denn der Wind treibt ihn geradewegs auf eine viel befahrene Handelsroute, auf der täglich diverse Schiffe verkehren. Doch das erbarmungslose Meer fordert Stunde für Stunde ihren Tribut und mit jedem weiteren Tag ohne Proviant schwindet die Hoffnung immer weiter.
Kritik
Tom Hanks wird von somalischen Piraten entführt, Sandra Bullok und George Clooney treiben führerlos ins All und nun kentert auch noch Robert Redford auf einem gemütlichen Segeltrip... den Hollywood Stars ging es wahrlich schon mal besser. Profiteur des Ganzen ist jedoch ganz klar der Zuschauer, denn gerade in Extremsituationen zeigt die Schauspielelite ja gerne mal was in ihnen steckt.
Doch während seine Kollegen zumindest ein bis zwei Gesprächspartner haben, verbringt Redfort seine Zeit in „All is Lost“ lieber schweigend, denn bis auf einen kurzen Monolog zu Beginn des Filmes und einem einmaligen Gefühlsausbruch wird im Film nicht gesprochen.
Ohne Dialoge bleiben Redford, der im Übrigen für seine 77 Jahre noch verdammt gut in Form ist, nur seine Mimik und Gestik, um den Zuschauer an seinen Emotionen teilhaben zu lassen und dies gelingt im wirklich grandios, Nicht nur, dass er optisch perfekt in die Rolle eines erfahrenen Seebären passt, er verkörpert darüber hinaus auch eine innere Ruhe, die sich wunderbar dem Tempo des Films anpasst. Zwar mag dies für den Zuschauer zunächst überraschend und unangebracht sein, wenn er etwa in aller Seelenruhe an Deck spaziert, während gerade Wasser strömend in sein Schiff eindringt. Vor allem wenn man selber in einer solchen Situation vermutlich von 0 auf 180 binnen eines Sekundenbruchteils wäre. Doch schon nach kurzer Zeit wird einem klar, dass so ein Verhalten am Ende vermutlich nur noch mehr Schaden anrichten würde.
Als Zuschauer leidet man, dank der tollen Leistung von Redford, daher bis zum Schluss mit dem namenlosen Seefahrer, denn solange die Credits noch nicht laufen besteht noch Hoffnung auf die Rettung.
Auch optisch ist „All is Lost“ wirklich sehenswert, denn die Mischung aus CGI und Aufnahmen auf offener See, beziehungsweise im Studio, sind zwar keine neue Erfindung, doch bedenkt man das sehr geringe Budget von gerade einmal 9 Millionen Dollar muss man vor den Filmmachern wirklich seinen Hut ziehen. Ein großer Teil dieses Lobs gebührt vor allem Peter Zuccarini, der gemein hin als einer der besten Unterwasserfotografen der Welt gilt und schon bei „Life of Pi“ und „Pirates of the Caribbean“ mitwirkte.
Wer bei einem Film ohne Dialoge nun aber einem gewaltigem Soundtrack erwartet, um den Zuschauer auch stets in die nötige Gefühlslage des Charakters zu versetzen, der wird eines besseren belehrt, denn neben der Musik der See und einem kurzen Piano Lied zum Ende hin bleibt der Film seiner ruhigen Note treu, was in einer Zeit, in der das Motto „höher, schneller, weiter“ in nahezu jeden Bereich der Popkultur Einzug gefunden hat, eine wohlklingende Abwechslung ist.
Fazit
Es erwarten den Zuschauer keine Explosionen, keine atemberaubende 3D Technik, keine Monster, keine schlechten Gags, keine Romanze, keine epische Musik und noch nicht einmal Dialoge. Doch erst wenn man all dies entfernt kehrt man wieder zur Wurzel des Kinos zurück, in der ein guter Schauspieler den Zuschauer nur dank seiner Körpersprache und der guten Kulisse an die Leinwand fesseln konnte. "All Is Lost“ bedient sich eben jener Tugenden und erschafft so ein Kinoerlebnis, welches in jüngster Vergangenheit definitiv seines Gleichen sucht. Damit mag Regisseur J.C. Chandor nicht den Geschmack der Masse treffen, doch wer auf der Suche nach einem ruhigen und dennoch hoch spannendem Film ist, der sollte auf jeden Fall zusammen mit Robert Redford in See stechen.
Autor: Sebastian Pierchalla