6.2

MB-Kritik

Atlantis -Das Geheimnis der verlorenen Stadt 2001

Action, Sci-Fi, Adventure, Fantasy, Animation, Family – USA

6.2

Corey Burton
Claudia Christian
Michael J. Fox
James Garner
John Mahoney
Phil Morris
Leonard Nimoy
Don Novello
Jacqueline Obradors
Florence Stanley
David Ogden Stiers
Natalie Strom
Cree Summer
Jim Varney
Jim Cummings
Patrick Pinney

Inhalt

Der junge Milo Thatch, ein tollpatschiger Sprachwissenschaftler, begibt sich auf die gefährliche Suche nach dem lange verlorenen Atlantis. Bei ihm ist ein Team etwas sonderbarer Experten: der “durchgeknallte” Sprengmeister Vinny, die schlagfertige Anna, der Spaßmacher Boudelaire, Erd-Buddler aus Leidenschaft, und einige andere kuriose Typen. Milo’s kühnste Erwartungen werden übertroffen, als er und sein Team Atlantis und dessen Bewohner entdecken. Doch er hat nicht lange Zeit, mit der faszinierenden atlantischen Prinzessin Kida das atemberaubende Unterwasserreich zu erkunden, denn der skrupellose Expeditionsführer Rourke versucht, die geheimnisvolle Energiequelle von Atlantis in seine Gewalt zu bringen. Werden es Milo und Kida schaffen, Atlantis vor dem entgültigen Untergang zu bewah

Kritik

Atlantis, die Insel des Atlas, ist laut dem Philosophen Platon ein mythisches Inselreich gewesen, das innerhalb von einem Tag und einer Nacht durch eine schreckliche Naturkatastrophe unterging. Die verschiedenen Lokalisationsversuche, Theorien und die Behauptung, die Zivilisation von Atlantis sei sehr fortschrittlich gewesen, hat unzählige Geschichten inspiriert. 2001 nahm sich Disney dieser sagenumwobenen Insel an und schuf ihren 41. Zeichentrickfilm Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt. Der Film aus den Federn der Regisseure Gary Trousdale (Die Schöne und das Biest) und Kirk Wise (Der Glöckner von Notre Dame) konnte sich nicht als Klassiker durchsetzen, obgleich verschiedene interessante Ansätze sich durch den Film ziehen.

Die Geschichte startet in dem Arbeitsumfeld des enthusiastischen, aber durchaus antisozialen Kartographen und Linguisten Milo Thatch, der seit jeher – inspiriert durch seinen Großvater – dem Gespinst um Atlantis hinterherjagt. Wir erleben den großen Tiefpunkt des verträumten jungen Mannes, nur um ihn dann bei seinem größten Erfolg gleich darauf bejubeln zu können. Angeheuert von einem Freund seines Großvaters begibt sich Milo Thatch mit einer wild durcheinander gewürfelten Gruppe an Experten auf die Expedition das untergegangene Königreich zu finden. Anstatt mit einem weiteren musikalischen Film aufzuwarten, entschied sich Disney gegen die Einbindung von gesungenen Liedern und steuerte eine künstlerische Richtung á la Jules Verne an. Der Zeichenstil orientiert sich größtenteils an dem visuellen Stil von Comiczeichner Mike Mignola (Hellboy) und erntete dafür gleichermaßen positive wie auch negative Kritik. Zu den traditionellen Zeichnungen mischt Disney hier auch eine große Portion CGI, was dem damaligen Trend Richtung animierten Filmen geschuldet war.

James Newton Howard wurde für die musikalische Untermalung des Films engagiert und verleiht den eindrucksvollen Szenen eine ganz spezielle Note, die die mystische und abenteuerliche Natur der Geschichte wunderbar einfängt. Disney, prädestiniert für eine besonders tiefgehende kreative Entwicklungsphase ihrer Filme, entschied sich dafür, den in Atlantis lebenden Menschen eine eigene Sprache zu geben, entwickelt vom berühmten Linguisten Marc Okrand, der auch für die Sprache Klingonisch in Star Trek verantwortlich ist. In den Szenen, in denen sich Disney für ein langsames Voranschreiten der Ereignisse entscheidet, merkt man jedem einzelnen Frame die Liebe und Hingebung zu Szenerien und einem authentischen Aufbau von Flora und Fauna im Hintergrund an. Sobald die Geschichte Fahrt aufnimmt und in Actionsequenzen gipfelt, verschwimmen die Details allerdings und verlieren einiges an Einzigartigkeit.

Wohingegen die Charaktere, die jeweils von einem eigenen kleinen Team aus Animatoren kreiert wurden, eine beeindruckende Diversität und harte Brüche aufweisen, die klar mit den Stereotypen der Geschlechter im Zwiespalt stehen. Dort haben wir den eher forschen Vinny, der als Demolierungsexperte seinem Aussehen alle Ehre macht, insgeheim aber die Blumengeschäfte seiner Familie fortführen möchte. Die burschikose Audrey Ramirez hingegen ist das jüngste Mitglied der Truppe und arbeitet als Chef-Mechanikerin für die Expedition. Das Charakterspektrum ist breit aufgestellt und für einen Film von lediglich 96 Minuten bekommt jeder Nebencharakter einige Minuten Zeit, in denen nicht nur Milo Thatch, sondern auch der Zuschauer sie besser kennenlernt.

Als zweiter Hauptcharakter tritt die atlantianische Prinzessin Kidagakash Kida Nedakh auf. Ähnlich Pocahontas oder Ghiblis Prinzessin Mononoke prallen mit Milo und Kida zwei Welten aufeinander, die einzig und alleine durch die drängende Neugier, die Herkunft des jeweils anderen zu ergründen, einen gemeinsamen Nenner finden. Die Prinzessin wirkt hier als das deutlich ältere und kampferprobte Pendant zum schwächlichen und naiven Linguisten – muss aber trotz allem am Ende von Milo aus einer ausweglosen Situation gerettet werden. Dieses Klischee schafft Atlantis nicht zu durchbrechen, ungeachtet der unkonventionellen Ansätze der Figurenkonstellation.

Gleichwohl der düsteren Natur der Geschichte, ist der Twist, mit dem Atlantis aufwartet, enttäuschend plump und vorhersehbar. Der letzte Teil der Geschichte wirkt gehetzt und verschenkt einiges an Potential, das die ausgeklügelt abgeschottete Zivilisation hätte bieten können. Viel zu viel Zeit verbringt die Geschichte mit dem Aufbruch nach Atlantis, der langen und beschwerlichen Reise, ehe erst nach einer Hälfte der Spielzeit die untergangene Insel überhaupt in Sichtweite kommt. Actionszenen überwiegen in dem Disneyspektakel und nehmen den Raum für die Entfaltung der atlantianischen Kultur, die zum Zeitpunkt des Filmes zwar im Sterben liegt, aber trotz allem einiges an Material für weitergesponnene Nebenhandlungen geboten hätte.

Fazit

"Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt" ist Disneys Versuch alte Konventionen aufzubrechen und das Publikum nicht nur mit CGI und Liederarmut zu begeistern, sondern sich auch an breit aufgestellte Charaktertypen heranzutasten. Zu einem Großteil gelingt dies auch, verliert aber vor allem gegen Ende vielversprechende düstere und kreative Ansätze gegen generische Actionsequenzen.

Autor: Miriam Aissaoui
Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.