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Die Komödie von Billy Wilder aus dem Jahr 1972 basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Samuel A. Taylor. Der amerikanische Unternehmer Wendell Armbruster reist auf die italienische Insel Ischia, um seinen toten Vater in die USA zu überführen. Die Britin Pamela Piggott möchte ihre tote Mutter abholen. Die Eltern der beiden kamen gemeinsam ums Leben. Zwischen Wendell und Pamela funkt es.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Ein Ausländer der auf die Idee kommt in Italien den Löffel abzugeben muss ein Vollidiot sein!“

Zu dieser frustrierten Erkenntnis kommt der US-Geschäftsmann & Imperium-Erbe Wendell Armbruster, Jr. (Jack Lemmon, Das Appartement), der nach dem tödlichen Autounfalls seines Vaters in Italien die notwendigen Formalitäten für die Überführung der Leiche nicht mit der erwünschten, für ihn und amerikanische Verhältnisse selbstverständlichen Eile abwickeln kann. Schnell soll es zurückgehen in die Heimat, schließlich soll die als halber Staatsakt und großes Medienspektakel angelegte Beisetzung des Wirtschaftspatriarchen schon in wenigen Tagen in Baltimore über die Bühne gehen. Aber das ist aus verschiedenen Gründen nicht ganz so einfach, schließlich liegt ein Sonntag und auch sonst mehrere, ausgiebige Mittagsruhen dazwischen; der Italiener an sich besteht eben auf den Unantastbarkeit des Tages des Herren und der Pflege des Dolce Vita. Mal ganz abgesehen davon, dass Armbruster Senior nicht ganz allein das Zeitliche gesegnet hat und diese Überraschung für den Junior einige pikante Problemchen mit sich bringt. Eines davon hört auf den Namen Miss Piggott (Juliet Mills, Rancho River)…

Mit der Adaption des Bühnenstücks von Samuel A. Taylor (Sabrina) liefert Starregisseur Billy Willder (Zeugin der Anklage) im Herbst seiner großen Karriere einen leichten, sommerlich-neckischen Schwank ab, der unbestreitbar von dessen erprobtem und qualitativ hohem Niveau im Bereich frech geschriebener und treffsicher getimter Screwball-Comedy gezeichnet ist. Im Gegenzug jedoch nicht freizusprechen von eklatanten Schönheitsfehler, die beinah mehr sind als nur das. Ein ziemlich offensichtlicher Makel ist die ohne triftigen Grund überproportionale Laufzeit von satten 144 Minuten, dessen stressresistente Erzählweise zwar zur südländischen Gelassenheit passt, aber selbstverständlich das Tempo – sonst ein Markenzeichen von Wilder’s Komödien – gehörig und nicht immer vorteilhaft drosselt. Der Film nimmt nie so richtig Fahrt auf und schaltet auch dann gerne einen Gang zurück, wenn der Plot plötzlich doch droht einen ordentlichen Schub zu bekommen. Das ist entspannt, das hat durchaus auch Flair, wirkt über die gesamte, fast epische Dauer eher wie ein verdünntes denn ein ausgiebiges Vergnügen.

Sogar schon grenzwertig sind die vermittelten Weltanschauungen und Idealbilder. Hauptdarstellerin Juliet Mills bzw. die von ihr verkörperte Miss Piggott soll eine Frau mit deutlichen Gewichtsproblemen sein, die sich durchgehend mit Bezeichnungen wie „dicke Nudel“, „Pudding“ oder „Fettarsch“ konfrontiert sieht, was auch nie irgendwie relativiert wird, wodurch ein sehr merkwürdiger, beinah gefährlicher oder wenigstens unverantwortlicher Standard gesetzt ist. Wenn Frauen mit dieser Figur schon einen „Aussätzigen-Status“ haben, na dann gute Nacht, ein Hoch auf die Bulimie. Klischees dürfen und sollen in so einem Film natürlich sehr bewusst und gezielt benutzt werden, als Waffen der Satire dienen, aber nahezu jeden Italiener und somit praktisch eine ganze Nation als latent verlogen, diebisch, korrupt oder geringfügig primitiv, rückständig bis gar zurückgeblieben darzustellen (ohne auch das wenigstens am Ende leicht abzumildern), sollte nicht Zweck der Übung sein. Ach so, und Ehebruch ist generell völlig in Ordnung, wenn doch das Wetter so schön ist, ist klar. Wird wenigstens das nochmal leicht hinterfragt? Die Antwort sparen wir mal aus…

Klingt als Kritikpunkt heftig und könnte einigen Werken locker komplett das Genick brechen, aber nun kommt eben die Fähigkeit eines Billy Wilder ins Spiel. Mit der Souveränität seines Schöpfers - besonders der bereits blinden, erprobten Chemie zwischen ihm und seinem erstklassigen Stamm-Star Jack Lemmon – charmt Avanti, Avanti! selbst diese krassen Fußnoten fast noch in Grund und Boden. Manchmal hat einen der Film fast so weit, dass sie schon vergessen sind, zumindest kurzzeitig in den Hintergrund gedrängt. Auch das passt freilich prima zum Thema der Handlung, aber letztlich ist auch der wie jeder noch so schöne Urlaub mal vorbei und dann sehen gewisse Dinge halt nicht mehr so unbeschwert aus. Billy Wilder sollte man für so klug, reflektiert und selbstkritisch halten, dass auch ihm das aufgefallen wäre. Nobody is perfect und für einen der schwächeren Filme der Vita ist das immer noch relativ ordentlich.

Fazit

Viel zu lang und sogar in mehrfacher Hinsicht – um es mal vorsichtig zu formulieren – sehr „unglücklich“ in seiner Darstellung, was sich nicht in allen Punkten einfach nur mit schwacher Ironie erklären lässt. Trotzdem macht „Avanti, Avanti!“ noch Spaß, wenn auch zu sehr mit dem Fuß auf der Bremse und zu oft in den Straßengraben der unüberlegten Seitenhiebe rumpelnd. Wer das komplett ausblenden kann oder will, wird sicher noch mehr Freude damit haben. Außer Frage steht definitiv, dass Billy Wilder schon entschieden besser war.

Kritik: Jacko Kunze

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