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Mit „Der weiße Hai“ hatte Steven Spielberg bekanntlich eine Welle des rohen, blutigen Tierhorrors losgetreten und die Weltmeere als unwirtlich und bedrohlich entlarvt. Leider hatte er mit dem Streifen mit dafür gesorgt, dass dem Raubfisch auch ein extrem schlechter Ruf zuteil wurde. 1978 schien auch das Filmteam um Wayne Crawford und Harry Kerwin, sinnbildlich gesprochen, Blut geleckt zu haben und suchten sich andere Räuber der Meere aus, um in ihrer Low-Budget-Produktion als Antagonist zu fungieren. So wurde „Barracuda“ geboren, ein Trashprodukt vor ländlicher Kulisse, wo die Fischart noch nicht einmal zu den Ehren kam, die der Titel versprach…
Kritik
Versprochen und gehalten wurde indes, dass Blut fließt. Denn im kleinen US-amerikanischen Küstenstädchen Palm Cove geht die Angst um, als Sporttaucher grausam zugerichtet an Land gespült werden. Gleichzeitig versucht der Biologe Mike Canfield (Wayne Crawford), der ansässigen Chemiefirma die Verseuchung der Meere nachzuweisen. Zusammen mit Sheriff Ben Williams (William Kerwin) und dessen Tochter Liza (Roberta Leighton) heftet er sich an eine Spur, die für die ganze Stadt zur tödlichen Bedrohung wird.
Es beginnt ja doch recht spannend mit einer Unterwassersequenz, in der die titelgebenden Raubfische ihr blutiges Werk verrichten. Taucher, die von aggressiv gewordenen Barracudas regelrecht zerfetzt werden – da scheint doch sehr die Liebe zu Spielbergs Vorzeigestreifen heraus. Die Szenen machen für jeden Horrorfan alter Schule durchaus Spaß, weil sie schön sachte einen kleinen Spannungsbogen aufbauen und im richtigen Moment schön martialische Auswüchse annehmen. Dass das dann beim zweiten und dritten Mal genauso abläuft lässt sich insofern verschmerzen, als dass auch unser Biologenheld in dieselbe Situation gerät. Das aber nur soviel zum Tierhorror, denn den kann man hier auch schon wieder abhaken. Die Raubfische bringen nämlich nur den Stein in´s Rollen, und an Land entfaltet sich ein ganz anderer Plot, der mit den Vorfällen im Meer nicht mehr so viel gemein hat bzw. lediglich die Wirkung einer Chemiekatastrophe darstellt. Da wird dann ein Ökothriller ausgepackt, der in der minimalistischen Kleinstadtidylle seinen Trashfaktor ordentlich durchscheinen lässt.
Hier scheint auch eine etwas naive Herangehensweise durch, die man mit den amerikanischen Vorzeigefamilien asoziiert. Man stellt fest, man ist besorgt, wird immer wieder mit neuen Vorfällen konfrontiert, aber befreundet sich sorglos miteinander und lernt sogar ganz harmonisch die wichtigsten Personen des Städtchens kennen. Dass da „etwas nicht stimmt“, wie es Sheriff Williams nach der Hälfte des Films endlich entfährt, weiß der Zuschauer auch schon längst und wundert sich, dass die Figuren bis dahin den Braten noch nicht gerochen haben. Plotlöcher sind also genug vorhanden, aber auch anders betrachtet nicht so üppig, dass man sich nur noch die Augen reiben würde. Was da auf Spielbergs Pfaden tritt, hatte plötzlich keine Lust mehr und zweigte recht schnell auf unbekanntes Terrain ab, und das macht die Story sogar recht ansprechend. Zwar sind die dubiosen Anzugmänner als Fädenzieher hintendran an Eindimensionalität kaum zu überbieten (und in ihren Motiven unpassender nicht gewählt worden) sowie die Figuren teils erschreckend naiv gezeichnet, halten aber den Betrachter irgendwie doch bei der Stange. Wer sind die Anzugtypen denn und was wollen sie? Wenn sie sich einsilbig nur ein Kopfnicken zuschieben, weiß man, dass die letztlich noch ein Wörtchen mitzureden haben.
Inszenatorisch braucht sich der Film jedoch nicht zu verstecken, weil gerade die Unterwasseraufnahmen, die Wayne Crawford persönlich zu verantworten hat, erfrischend intensiv geworden sind. Klar werden da Fischschwärme und die Vorzüge am Meeresgrund gezeigt, aber machen im Gegenzug die blutigen Szenen noch etwas her. Zwar sind die Schnitte hier und da schwach gesetzt worden, was vor allem an der Musik durch ihren abrupten Einsatz auffällt, aber es kommt sogar etwas Spannung auf. Dabei verlagert sich recht schnell der Fokus auf´s Land, wo alles etwas sehr kleinbürgerlich wirkt, aber respektablerweise nicht den Fehler macht, sich mit Kinderkrankheiten im Detail zu bekleckern. Besonders sticht jedenfalls die Musik hervor, die, wenn sie mal nicht unnötig unterbrochen wird, die Atmosphäre toll unterstreicht und sich leise aber sicher immer mehr in den Vordergrund spielt. Es wurden ein paar Synthesizerstücke von Komponist Klaus Schulze eingebaut, die vielleicht nicht immer zum Szenenbild passen, aber ihre Wirkung nicht verfehlen.
Auch im Vordergrund müssen auch die Schauspieler bewertet werden, die den Film mehr zu tragen hatten, als ihnen wohl lieb war. Da gibt es tatsächlich ein paar Lichtblicke in Person von Wayne Crawford oder William Kerwin, die ihre Sache doch recht ansprechend über die Bühne bringen und damit Sympathiepunkte ernten. Bei den Nebenrollen wird es leider aber auch schnell wieder übler, wenn sie ein ganzes Spektrum an schlecht geschriebenen und bemüht performten Rollen abdecken. Wenn da eine Roberta Leighton die Schüchterne bzw. optisch reizvolles Anhängsel gibt, irgendein schwarz gekleideter Bösehannes grummelig dreinschaut oder dem Zeitungsreporter ein ordentlicher Nervfaktor angerechnet werden muss, dann sieht man schnell, dass man sich wohl die halbe nähere Bekanntschaft als Platzhalter für die vielen Rollen hingestellt hat. Da muss sich der Streifen gefallen lassen, dass er sogar bekanntere Gesichter in die Trashecke mit hineinzieht.
Fazit
Natürlich ist „Barracuda“ reinster Trash, dem anzumerken ist, dass „Der weiße Hai“ ordentlich auf ihn abgefärbt hat. Die Schauspieler sind mehrheitlich unterirdisch, und das gezeigte Bild hat mehr naiv-unfreiwillig komischen Charme, als ihm lieb war. Aber dennoch fällt der Streifen irgendwie in den Bereich Kult, weil die Story trotz einiger Unzulänglichkeiten nicht nur Spielberg nacheifern wollte. Der Aufhänger, die Barracudas, wird zwar schnell in den Hintergrund gedrängt, um einer Öko-Message Platz zu machen, aber liegt auch ein bisschen der Reiz dabei. Für eine unterhaltsame Spät-nachts-Betrachtung allemal taugliches B-Movie.
Autor: Sascha Wuttke