Inhalt
In den 1980er Jahren in England wächst der zehn Jahre alte Edward in einem Altersheim auf, das seine Eltern führen. Dabei ist er besessen von dem Leben nach dem Tod und will unbedingt herausfinden, was mit den alten Bewohnern passiert, wenn sie sterben.
Kritik
Wenn etwas nach einer halben Ewigkeit wieder aus der Vergangenheit gekramt wird, sollte es wirklich relevant sein, ließe sich annehmen. Ist es aber nicht, sogar im doppelten Sinn nicht im Fall John Crowleys (Der Distelfink) sentimentaler Seniorenkomödie. Die findet nach gut 16 Jahren doch noch einen Weg in den hiesigen Kinoverleih, nach einem anno dazumal wenig beachteten Kinostart im Heimatland des Hauptdarstellers Michael Caine, In voller Blüte). Dessen darstellerische Zuverlässigkeit und Zugkraft ist die einzige Erklärung für den späten Kinostart.
Der Staub auf der generischen Geschichte um die unwahrscheinliche und angesichts des ätzenden Egoismus des kindlichen Hauptcharakters reichlich unglaubwürdige Freundschaft des 10-jährigen Edward (Bill Milner, Burial - Die Leiche des Führers) mit dementen Clarence (Caine) entstammt nicht nur den 16 Jahren auf der Wartebank oder der 80er-Jahre-Handlungsära. Peter Harness paternalistischer Plot von Vergeben und Vergessen, letztes sowohl mental als auch moralisch, ist mehr heuchlerisch als herzerwärmend. Eine Aufarbeitung der Konflikte, sei es in Calrence Vergangenheit oder Edwards Gegenwart, findet nicht statt.
Das vorgebliche Plädoyer für Empathie ist tatsächlich eines für altbackene Rollenbilder und patriarchalische Privilegien. Die fordern von Frauen wie Edwards aufopferungsvoller Mutter (Anne-Marie Duff, Bad Sisters), Männern um des Haus- und deren Seelenfriedens Willen zu verzeihen: ihrem untreuen Gatten (David Morrissey, The Long Shadow), streitsüchtigen Sohn oder dem in ihrem Privatpflegeheim einquartierten Clarence stellvertretend für dessen verstorbene Ehefrau. Letzte bleibt ein charakterloser Marker Clarence‘ Wehmut, der ihn zu einem Freitod-Versuch treibt. Doch mit einem Rentner-Witz lässt sich auch das weglachen.
Fazit
Mit gleichermaßen abfälligen und abgenutzten Alterswitzen untergräbt John Crowley das Mitgefühl für geistig verwirrte ältere Menschen, das seine Freundschaftsfarce zu werben vorgibt. Der willkürliche Wechsel zwischen geriatrischen Gags und Ernsthaftigkeit enthüllt die mitmenschliche Message der ziellos zwischen Kinderfilm, Buddy-Comedy und Senioren-Story lavierenden Handlung als fadenscheinige Floskel. Einzig Michael Caines engagierte Darstellung eines altersschwachen Ex-Magiers bringt etwas Elan in die dröge Inszenierung. So viele Filme bekamen zu Unrecht nie einen hiesigen Kinostart. Das ist keiner davon.
Autor: Lida Bach