Inhalt
Vor Jahren musste Lucius (Paul Mescal) den Tod des geliebten Helden Maximus durch die Hand seines Onkels miterleben. Jetzt ist er gezwungen, selbst das Kolosseum zu betreten, nachdem seine Heimat von den tyrannischen Kaisern erobert wurde, die Rom nun mit eiserner Faust regieren. Die Zukunft des Reiches steht auf dem Spiel, und mit Wut im Herzen muss sich Lucius auf seine Vergangenheit besinnen, um die Stärke zu finden, den Ruhm Roms seinem Volk zurückzugeben.
Kritik
„There was a dream that was Rome. It shall be real again” gehörten einst zu den letzten Worten des strebenden Maximus, des Soldaten für das Rom des Kaisers, und inzwischen, Midlife-Crisis Gurus, Marcus Aurelius. Maximus, der Soldat, der zum Sklaven wurde, der Sklave der als Gladiator durch Brot und Spiele sich den Respekt und die Liebe seines Volkes zurückeroberte und schließlich einen Imperator zu Fall brachte. Auch fast zwei Dekaden nach Maximus Tod ist der Traum von einem gerechten Rom der Bürger nicht zurückgekehrt, denn in den antiken Mauern des Imperiums herrschen weiterhin Dekadenz und ein Trieb nach weiterer Expansion, verkörpert durch die neuen Herrscher Caracalla (Fred Hechinger, Vox Lux) und Geta (Joseph Quinn, A Quiet Place: Day One). Auch 24 Jahre nach Erscheinen von Ridley Scotts (Blade Runner, Alien) Megaerfolg Gladiator, welcher gerade einmal ein Jahr vor Der Herr der Ringe-Trilogie bereits Maßstäbe an das Unterhaltungskino des 21. Jahrhundert setzte, hören die Menschen nicht auf, über das römische Imperium nachzudenken, doch die Welt ist eine andere geworden. Während Franchises, IP-Wahn, Remakes und Reboots jede Originalität weggespült haben und doch jede Form von „echten Kino,“ also, Unterhaltung, die nicht am Fließband produziert wurde, vermissen lässt, hätte Gladiator II n diesem Szenario wie Maximus ein einsamer Rebell der alten Tage sein können, doch Scotts Film reiht sich, trotz eines charmanten Größenwahns, in den saufenden Prunk des Adels ein und verrät sich selbst.
Als weiteres Opfer von Roms Expansion ist ein nördlich afrikanisches Volkes Numida zu verbuchen, das unter der Leitung von Tribun Acacius (Pedro Pascal, The Unbearable Weight of Massive Talent) eingenommen wird und den dort heimischen Hanno (Paul Mescal, Aftersun) seine Frau und Heim kostet. Hanno schwört blutige Rache und fällt dem angesehenen Gladiatoren-Trainer Macrinus (Denzel Washington, Training Day) in die Hände. Dieser ist von seiner ungezähmten Wut fasziniert und trainiert ihn für die Spiele im Kolosseum, wo Hanno hofft, Acacius zu begegnen und sich an diesem zu rächen. Zwar wird jenes Kolosseum nun von wildgewordenen Rhinos und später sogar Haien bevölkert, aber wer bei dieser Inhaltangabe eine aufgewärmte Version des Originals riecht, liegt völlig richtig. Die ersten zwei Drittel von Gladiator II lassen sich als zahnloses Remake seines Vorgängers verbuchen, das in bester Star Wars: Das Erwachen der Macht-Manier jeden Plot-Punkt nach dem anderen abzählt und auch an Legacy-Verweisen nicht zu knapp ausfällt. Zurück sind die weißen Tunikas und stählernen Röcke, zurück das Pathos der Todgeweihten und das alles gar nicht mal unbeeindruckend.
Es ist faszinierend mit welcher Spektakel-Gier der inzwischen fast 90-jährige Scott sich dieser Fortsetzung seines antiken, hochgebrezelten Pulp-Revenge-Plots hingibt, man würde sich nur wünschen, Rhinos, Haie und Gladiatoren im Ring kämpften für mehr als einer bloßen Nacherzählung. Jenes Dilemma überträgt sich auch auf den Cast: Während Washington sein Charisma zunächst gut einsetzt um mehr als eine typische Mentoren Figur daraus zu machen, hecheln die Antagonisten Hechinger und Quinn sehr den durchtriebenen Vorbildern des Originals hinterher. Besonders Pascal wirkt in der Rolle des ambivalenten Tribuns wahnsinnig hilflos und kann wenige eigene Akzente setzten. Lichtblick ist hier Hauptdarsteller Paul Mescal, der nie versucht als reine Russell Crowe-Kopie daherzukommen und mit wütender Manie sich durch Schwert- und sogar Paviankämpfe (im wahrsten Sinne des Wortes) durchbeißt.
Mescal hat leider das Problem, in seinen Versuchen aus Hanno einen selbstbestimmten Rachegelüsten folgenden Völkerherren zu machen, gegen den eigenen Film anzukämpfen. Spätestens wenn die aus dem Original vertraute Lucilla (Connie Nielsen, Wonder Woman) Hanno während dessen initialen Gladiatoren-Kampf erblickt wird klar, das hinter dem simplen Rächer mehr Hintergrund steckt. Während Scott vor 20 Jahren noch einigermaßen wusste, mit wie viel Inhaltsballast er seine im Kern sehr simple Geschichte für das Mindestmaß an Pathos aufladen musste, wird er hier größenwahnsinnig. Der Text des Vorgängers wird nun zum heiligen, sakralen Vorbild und jede Bewegung sämtlicher Akteure hat sich diesem unterzuordnen. Schon bald kniet Hanno vor dem gerahmten Schwert und Brustpanzer von Maximus. Statt Rache soll die von Maximus einst angekündigte Revolution Roms nun tatsächlich von statten gehen, nach der einzigen Logik, die diese Fortsetzung wirklich versteht: Größer, bombastischer aber nie substanziell. Das größte Problem daran ist das all diese Plot Mechanismen weder Ausdrücke charakterlicher Motivationen sind, noch dem Versuch einer Ambivalenz in bekannten Schemata entgegenkommen. Solange der Thron eines unantastbaren Originals über allem schwebt, wirkt jede Revolution, auch die von Rom, nur behauptet.
Fazit
„Was wir im Leben tun, hallt in der Ewigkeit“ Ridley Scotts „Gladiator II“ ist die tragische Kehrseite dieses beliebten Zitates. Komplett dem Echo seines Vorgängers hinterherjagend kann man diese Fortsetzung entweder als ein weiteres verhülltes Remake oder als Nostalgie-Köder verbuchen, bei denen nur einzelne Set-Pieces und einige gut aufgelegte Performances durch die bemühten 148 Minuten helfen. Im alten Rom schrieb man in der Arena Geschichte, vor einigen Jahren konnte man es im Kino. „Gladiator II“ wird innerhalb einiger Monate vergessen sein.
Autor: Jakob Jurisch