Inhalt
Nach zehn Jahren, in denen ihre Tochter Alba von ihrer Mutter Elisabeth großgezogen wurde, kehrt Catherine aus der Schweiz zurück nach Luxemburg. Am Rand des Tennisplatzes schaut sie zu, wie ihre Tochter von der Großmutter trainiert wird. Deutlich spiegelt ihr Gesicht, wie gut sie sich an die Mischung aus Motivation und Beschämung aus ihrer eigenen Kindheit erinnern kann. Die Rollen in diesem weiblichen Familientrio sind verteilt. Hat Catherine nach der langen Zeit überhaupt eine Chance, ihrer Tochter eine Mutter zu sein? Auf einer spontanen Fahrt in das Sommerhaus der Familie zeigen sich die Sehnsüchte und Verwundungen der beiden. Dabei wirken sie manchmal eher wie ungleiche Schwestern, die im Garten tanzen und dieselben kindlichen Sweatshirts tragen. Wenn sie Catherines Hund Charbon im Wald begraben, ähneln sie zwei Kindern bei einer Zeremonie für ein Haustier. Den Hund hatte Catherine nach einem Song benannt, "Black Like Coal". So dunkel wie ihre Stimmungstiefs, gegen die sie Tabletten nimmt.
Kritik
Im verzweifelten Ringen der vom Leben gebeutelten Hauptfigur um Liebe und Achtung liegt eine seltsame Analogie zum begierigen Streben der Regisseurin nach ebenjenen Gefühlen, wenn auch auf künstlerischer Ebene. Auf ein ungelenkes Kinderfilmdebüt folgten lediglich ein paar belanglose TV-Arbeiten, die das Versanden der frischen Karriere zu markieren schienen. Auch die junge Catherine (Lolita Chammah) ist gestrauchelt, bevor sie je auf eigenen Beinen stand. Beim zweiten Versuch will sie nun alles richtig machen und wieder gut, was geht. Genau wie Laura Schroeder, die für das wie ein zweites Debüt wirkende Ensembledrama alle Register ihres Könnens zieht.
Der symbolistisch angehauchte Titel verweist auf den emotionalen Leitfaden einer Geschichte, die sich bis zu einer surrealen Szene vorwagt. Witterung und Landschaft in den idyllischen Wäldern Luxemburgs, wohin Catherine unvermittelt zurückkehrt, spiegeln die wechselnden Stimmungen der drei zentralen Protagonistinnen. Sonniges Badewetter schlägt in Hagel um, als das fragile Band zwischen Catherine und ihrer entfremdeten Tochter Alba (Themis Pauwels) zu reißen droht. Langsam weicht die klamme Kälte zarten Sonnenstrahlen, die kein Regenschauer vertreiben kann. Derweil ziehen die Heldin und die 10-Jährige am ersten gemeinsamen Tag nach Jahren wie Märchengestalten durch einen halb gefahrvoll, halb schützend umhüllenden Wald der Gefühle.
Die nicht vollends böse Hexe in dieser Allegorie ist Catherines Mutter Elizabeth (Isabelle Huppert). Den sportlichen Drill, unter dem sie als Kind litt und später ihre Tochter leiden ließ, spürt jetzt Alba. Kindsein entdeckt sie schrittweise, wie die sprunghafte Catherine in die Erwachsenenrolle hinein wächst und Elizabeth lernen muss, die Mutterfunktion abzugeben. Kürzlich für Elle mit dem Golden Globe ausgezeichnet, spielt Huppert erneut an der Seite ihrer nicht minder begabten Tochter. Die emotionale Energie dieser Union trägt das zurückgenommene Gruppenporträt auch über die Längen, die sich bei traumwandlerischen Waldspaziergängen und Flussfahrten ausdehnen.
Fazit
Das grandiose Darstellerinnen-Trio ist das Herz des von melancholischem Indie-Pop untermalten Familiendramas. Hinter der psychischen Labilität und emotionalen Härte ihrer Figur enthüllt die Regisseurin wahlweise eine imponierende Stärke und sehnsüchtige Zärtlichkeit und berührt so die seelischen Parallelen der vordergründig grundverschiedenen Charaktere.
Autor: Lida Bach