Inhalt
Die kluge und anmutige Belle (Emma Watson) lebt mit ihrem leicht exzentrischen Vater Maurice (Kevin Kline) ein beschauliches Leben, das nur durch die Avancen des Dorfschönlings Gaston (Luke Evans) gestört wird. Doch als Maurice auf einer Reise in die Fänge eines Ungeheuers (Dan Stevens) gerät, bietet die mutige junge Frau ihre Freiheit im Austausch gegen das Leben ihres Vaters an. Trotz ihrer Furcht freundet sich Belle mit den verzauberten Bediensteten im verwunschenen Schloss des Biests an. Mit der Zeit lernt sie hinter dessen abscheuliche Fassade zu blicken und erkennt seine wahre Schönheit…
Kritik
Mit sieben Milliarden Dollar Umsatz im vergangenen Jahr ist Disney zur Zeit so erfolgreich wie kein Studio zuvor. Diesen Erfolg verdankt der Maus-Konzern nicht nur den zwei eingekauften Franchises Marvel und Star Wars, sondern auch den beliebten Realverfilmungen der hauseigenen Animationsklassiker. Nach Alice im Wunderland, Maleficent, Cinderella und dem jüngst mit einem Oscar ausgezeichneten The Jungle Book, nimmt sich das Studio nun dem allseits beliebten Die Schöne und das Biest an. Dabei lastet ein enormer Druck auf dem Studio. Haben die bisherigen Realverfilmungen, ob der Qualität ihrer Zeichentrickvorgänger, viel Raum für Verbesserungen gelassen, scheint für viele der erste Animationsfilm, der jemals für den besten Film bei den Oscars nominiert wurde, ein Meisterwerk zu sein, das man nicht mehr verbessern kann. Daher stellt sich die Frage, ob es Regisseur Bill Condon (Mr. Holmes) gelingt, einem der beliebtesten Animationsklassiker der Filmgeschichte nicht nur gerecht zu werden, sondern ihn evtl. sogar noch zu verbessern, oder ob wir – wie die Trailer vermuten lassen – lediglich eine plumpe 1:1 Realfilm-Kopie erhalten. Die Antwort auf diese Frage ist: Ein bisschen von beidem.
Die Realverfilmung von Die Schöne und das Biest erzählt exakt dieselbe Geschichte wie der Animationsfilm von 1991. Regisseur Bill Condon und die beiden Autoren Stephen Chbosky (Vielleicht lieber morgen) und Evan Spiliotopolus (The Huntsman & The Ice Queen) halten sich dabei fast schon sklavisch an die Vorlage – jedoch mit einigen Ausnahmen. Auch der beliebte Animationsklassiker ist nämlich nicht gänzlich frei von Fehlern. So greift das kreative Team hinter dem Film eben diese Probleme auf und versucht sie anhand von sinnvollen Änderungen zu umgehen. Diese verbessern nicht nur das Pacing des Films und geben den Charakteren mehr Tiefe, sondern vermitteln darüber hinaus die Prämisse des Films wesentlich glaubhafter als es der Animationsfilm vermochte. Obwohl alle vorgenommenen Erweiterungen und Änderungen dabei stets Sinn ergeben, hapert es stellenweise an deren Umsetzung. Condon gelingt es leider nicht immer diese nahtlos in den Fluss des Films einzufügen.
Anders verhält es sich mit den neuen Songs, die perfekt zum schon vorhandenen, oscarprämierten Soundtrack des Animationsklassikers passen. Interpretiert werden diese auf teils erfrischende, teils sehr nah am Original angelegte Art und Weise vom überaus talentierten und motivierten Cast. Dieser ist ohnehin das Herz des Films und hätte besser nicht besetzt werden können. Ob Emma Watson, Dan Stevens, Luke Evans, Kevin Kline, Josh Gad, Ewan McGregor, Ian McKellen, Emma Thompson, Stanley Tucci, Audra McDonald, Gugu Mbatha-Raw oder Nathan Mack, sie alle schaffen es nicht nur die ehemals animierten Charaktere zum Leben zu erwecken, sondern ihnen gleichzeitig mehr Tiefe zu verleihen. Allen voran begeistert Emma Watson mit ihrer wesentlich selbstbewussteren und emanzipierteren Belle. Die heimlichen Helden des Films sind jedoch Luke Evans als Gaston und Josh Gad als LeFou. In jeder Szene, in der die beiden zu sehen sind, stehlen sie allen Anderen die Show. Zum Wohle des Films sind ihre Szenen aber vergleichsweise rar gesät und überschatten damit nicht die eigentlichen Protagonisten des Films. Auch die Diversität des Casts ist an dieser Stelle löblich zu erwähnen. Nicht zuletzt ob des ersten offiziell homosexuellen Charakters in einem Disney-Film. Bleibt nur zu hoffen, dass das schon bald nichts besonderes mehr ist.
Das überzeugende Schauspiel des Casts ist zum Großteil sicher auch dem aufwändigen und pompösen Produktionsdesign des Films geschuldet. Es scheint fast unmöglich in solch tollen Kulissen und Requisiten nicht der Magie der Geschichte zu verfallen. Dieser märchenhafte Look wird durch die CGI Charaktere ergänzt, die sich nahtlos in ihre Umgebung einfügen. Und obwohl ihre Designs alle sehr gut gelungen sind, variieren sie Teils doch zu stark voneinander. Während einige Gegenstände sehr lebendig und fast schon menschlich aussehen, muten andere tatsächlich eher wie leblose Gegenstände an. Dank der gelungenen Animation und der Schauspieler, die den Gegenständen ihre Stimme leihen, ist es am Ende nicht der Look, sondern vor allem ihr Charakter, der sie ausmacht.
Man kann die Realverfilmung von Die Schöne und das Biest kaum unabhängig vom Animationsfilm betrachten, eben weil dieser einen so großen Einfluss auf den Film ausübt. Versucht man aber den Realfilm als eigenständiges Werk zu sehen, so ist Die Schöne und das Biest ob des durchweg überzeugenden Casts, der pompösen Inszenierung und den unvergesslichen Musikeinlagen einer der besten Märchenfilme der letzten Jahre. Selbst wenn er also im direkten Vergleich einiges an Originalität vermissen lässt, ist er noch lange kein schlechter Film. Im Gegenteil, Disney ist mit Die Schöne und das Biest ein fantastischer Märchenfilm gelungen, der die Magie der alten Disney-Filme wiederbelebt.
Fazit
If it ain't broken, don't fix it. Bill Condons pompös inszenierter Film "Die Schöne und das Biest" folgt in weiten Teilen der Vorlage von 1991. Durch kleine Neuerungen und einen bis in die letzte Nebenrolle perfekt besetzten Cast jedoch, schafft es der Film wesentlich runder und glaubwürdiger zu sein, als seine Vorlage. Das macht "Die Schöne und das Biest" nicht zum originellsten, wohl aber zum besten Märchenfilm der letzten Jahre.
Autor: Tobias Bangemann