Inhalt
Der Musiklehrer Robert Beck entdeckt das herausragende Talent seines Schülers Rauli. Dieser 17-jährige Litauer ist ein Außenseiter in der Klasse, aber auch begnadeter Gitarrenspieler und Songschreiber. Beck sieht seine Chance gekommen, aus seinem bequem gewordenen Leben auszuscheren. Einst selbst gefeierter Newcomer im Musikgeschäft, verbringt er nun seinen Alltag damit, gelangweilten Teenagern Musikunterricht zu geben. Nicht ganz uneigennützig, will er Raulis Karriere aufbauen und sich selbst damit in ein anderes, glamouröseres Leben zurück katapultieren. Aber nicht nur Beck, sondern auch der räselhafte Rauli haben beide ihre Geheimnisse.
Kritik
Mit „Becks letzter Sommer“ verfilmten die Macher der recht erfolgreichen Uni-Komödie „13 Semester“ den Debüt-Roman des deutschen Autor Benedikt Wells, übrigens der jüngste Autor der je vom Diogenes unter Vertrag genommen wurde, der von einem Musiklehrer erzählt, der in einem Schüler seine Chance sieht, sich noch einmal musikalisch beweisen zu können. Die Tragikomödie mit Road Movie-Finish wartet dabei mit Christian Ulmen („Herr Lehmann“, „Männerherzen“) als Hauptdarsteller auf, der die Rolle des frustrierten Pädagogen überzeugend verkörpert. Kein Wunder war Ulmen doch für Autor Wells quasi eine Vorlage. Anders ausgedrückt: Wer Ulmens bisherige Figuren kennt, kennt auch den Musiklehrer Robert Beck.
Die Geschichte die rund um ihn gesponnen wird, ist letztlich simple und erhält ihre Energie vor allem daraus, dass Beck in dem ausländischen Schüler Rauli (Nahuel Pérez Biscayart) Talent erkennt, welches er fördern will. Gewiss spielt da durchaus auch eine soziale Ader eine Rolle, aber viel mehr als das, erkennt Beck in den musikalisch höchst begabten aber menschlich äußerst unbeständigen Rauli auch sich selbst wieder. Der gebürtige Lette wird für den desillusionierten Lehrer zu einer Art Projektionsfläche. Mit ihm will er sich nun selbst beweisen, dass mehr in ihm steckt als ein Musiker, der seine Lebensfreude seinem statischen Job geopfert hat.
Dabei erweist sich Rauli als nicht unbedingt leicht zu zähmende und vor allem zu lenkende Persönlichkeit. Ein Umstand, der für Beck aber Normalität ist, immerhin frequentiert sein Freund und Nachbar Charlie (Eugene Soel Boateng) ebenfalls seinen Alltag und Charlie ist mental ungefähr so beständig wie eine zerkratzte Schallplatte. Wie „Becks letzter Sommer“ diese Persönlichkeiten innerhalb der Geschichte walten lässt erweist sich dabei als angenehm unvoreingenommen. Der Film versucht zu einfach gestrickte Klischees und charakterliche Expositionen zu vermeiden. Gelingen tut ihm das nicht immer. Im Gegensatz zu anderen, sommerlich angehauchten Komödien, wagt es „Becks letzter Sommer“ aber auch Negativismen siegen zu lassen. Das letzte Mal in solch einer Konsequenz sah man das - bei einem deutschen Film, der durchaus für ein breiteres Publikum gemacht wurde - bei „Vincent will Meer“.
Insgesamt frönt „Becks letzter Sommer“ einer relativ unaufgeregten Herangehensweise. Das macht ihn größtenteils sympathisch sowie charismatisch. Dennoch erzählt der Film an sich keine wirklich aufregend neue Geschichte. „Lebe deinen Traum“, diese Botschaft sickert durch alle Poren des Films. Schön, dass er dabei niemals die Schattenseite dieser Feel-Good-Agenda aus dem Sichtfeld lässt. Bedauerlich hingegen, dass der ganze narrative Aufbau viel zu unfokussiert geschieht. „Becks letzter Sommer“ möchte sich selbst am liebsten als Road Movie verstanden wissen, doch bis es zum Verlassen der Straßen von Berlin kommt, ist es für eine ernsthafte Genre-Transformation bereits zu spät. Deswegen wird Frieder Wittichs Film teilweise unschön unfertig und nicht richtig zu Ende gedacht.
Fazit
Ohne große Aufregung erzählte Tragikomödie mit einem absolut passend besetzten Christian Ulmen. Insgesamt ein etwas zu zerstreuter Sommerfilm, der gefühlt das Herz am rechten Fleck hat, dem es aber nicht immer gelingt dies auch wirklich erzählerisch beweisen zu können.
Autor: Sebastian Groß