MB-Kritik

Shepherds 2024

Drama

David Ayala
Michel Benizri
Younès Boucif
Félix-Antoine Duval
Guilaine Londez
Nyko
Bruno Raffaelli
Solène Rigot
Véronique Ruggia Saura

Inhalt

Ein junger Werbefachmann aus Montreal, der zum provenzalischen Hirten konvertiert wurde, erlebt verschiedene Missgeschicke mit einem Beamten, der seinen Job unbekümmert gekündigt hat.

Kritik

So simpel reimt es sich der harmoniebedürftige Hauptcharakter Sophie Deraspes (A Gay Girl in Damaskus - The Amiga Profile) sentimentalen Schäferstündchens - genau genommen sind es fast zwei - zusammen. Wer in dem Vers eine existenzialistische Erkenntnis voller Poesie und Philosophie sieht, findet dergleichen womöglich auch in derer langatmigen Leinwand-Adaption des exzentrischen Entschlusses. Der brachte Mathyas Lefebure vor rund 20 Jahren dazu, seine lukrative Laufbahn in Marketing hinzuschmeißen. 

Stattdessen möchte der junge Kanadier in den französischen Alpen Schafe hüten. Diese verstiegene Verklärung landwirtschaftlichen Lebens lässt den fiktiven Mathyas (Félix-Antoine Duval) dastehen wie einen wohlstandsverwöhnten Hipster. Doch sein Kumpel deklariert ihn als „Romantiker“ und die attraktive Einwanderungssachbearbeiterin Élise (Solène Rigot, Ein Doktor auf Bestellung) findet sein Vorhaben „inspirierend, befreiend“. Beides so sehr, dass sie ihm kurzerhand in die malerischen Berge folgt. Selbst ein Angestelltengehalt reicht offenbar, um hier in rustikalem Komfort mit urigen Speisen den Aussteiger-Traum zu leben. 

„Es ist ein richtiger Tagtraum!“, seufzt dementsprechend der Protagonist beim Anblick der majestätischen Landschaft, deren satte Farben die weitschweifigen Kamerapanoramen sehnsuchtsvoll einfangen. Doch jede realistische Relativierung seines Unterfangens, an dessen Erfolg selbst ohne Kenntnis der Buchvorlage keinen Moment Zweifel bestehen, bleibt aus. Natürlich gibt es den in solchen Narzissmus-Narrativen üblichen Rückschlag, nach dem Mathyas aufgeben will. Aber mit Geld kann man bekanntlich alles kaufen. Auch mehrere Neuanfänge, ein Happy End oder sein eigenes dramaturgisches Denkmal.

Fazit

Als Marketing-Profi hat Mathyas Lefebures ein Faible für pathetische Phrasen, die vor malerischen Bergkulissen aufgesagt beim Kinopublikum weltentrückte Wehmut wecken. Damit begnügt sich die selbstverliebte Selbstverwirklichungsstory, die sich trotz ihrer realen Grundlage in Lefebures autobiografischem Roman D’òu viens-tu, berger? seltsam generisch und synthetisch anfühlt. Sophie Deraspes schwelgerische Szenarien finden dafür die adäquate Ästhetik einer Tourismus-Reklame, die den ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen des Metiers nur verschwindend geringen Raum zugesteht. Eine darstellerisch solide, kunsthandwerklich konforme Privilegierten-Pastorale.

Autor: Lida Bach
Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.