Inhalt
Mogadischu 1993: Der machthungrige Clan-Chef Mohamed Aidid regiert mit Hilfe seiner Terror-Milizen das darbende Somalia und scheut auch nicht davor zurück, die UNO-Truppen anzugreifen. Um den Machtapparat des Despoten zu schwächen, entführen US-Einheiten dessen wichtigste Männer. Doch der Einsatz mündet in einer Katastrophe, als am 3. Oktober 1993 zwei Hubschrauber abgeschossen werden und rund 100 versprengte amerikanische Soldaten in den Häuserschluchten festsitzen. Was als kurzes Kommandounternehmen geplant war, entwickelt sich zu einem langen und blutigen Feuergefecht und endet in der größten amerikanischen Militärkatastrophe seit Vietnam.
Kritik
Der größte Kritikpunkt, der sich am mehrfach Oscar-nominierten und in zwei Kategorien prämierten Black Hawk Down von Ridley Scott (Königreich der Himmel) anbringen lässt, ist, dass er sich strikt dagegen wehrt, ein greifbares Bewusstsein für den Krisenherd zu schaffen, den der somalische Bürgerkrieg damals wie heute bedeutet. Beweggründe, Verfahrensweisen und Konsequenzen stehen seiner Vision nur im Wege, denn die Grundlage des erfolgreichen Tatsachenberichts des Journalisten Mark Bowden wird einzig und allein dafür herangezogen, um ein fiebriges Schlachtgetümmel auf die Leinwand zu bersten, welches den ersten 25 Minuten von Der Soldat James Ryan in ihrem unentrinnbaren Schrecken durchaus Konkurrenz macht. Durch seine Verweigerung jedweder historischen, politischen und moralischen Kontextualisierung offenbart Black Hawk Down die gleichen Schwachstellen, die auch Steven Spielbergs längst zum Klassiker avancierter Kriegsfilm aufweist: Er differenziert zu keiner Zeit.
Einige Texttafeln zu Anfang müssen ausreichen, um auf die verheerende Situation in Somalia aufmerksam zu machen. Im Anschluss darauf richtet sich der Fokus strickt auf die amerikanischen Soldaten, die sich im Namen der UN-Friedensmission daran machen, Warlord Mohammed Farad Aidid zu entmachten. Aidid unterjocht das Volk in Mogadischu dadurch, in dem er sich den Häfen bemächtigt hat, die internationalen Hilfslieferungen unterbindet und den Hunger als äußerst effektive Waffe auf seiner Seite weiß, die ihn dabei unterstützt, seine Machtposition möglichst schnell zu vergrößern. Black Hawk Down aber macht sehr abrupt ersichtlich, dass das Ergebnis dieser militärischen Katastrophe, die in ihrem rigorosen Scheitern unverkennbare Parallelen zum Vietnamkrieg aufweist, in hiesiger Umsetzung kein Schuldeingeständnis werden soll, kein Einräumen eigener Verfehlungen, sondern ein über 140 Minuten pulsierender Actionfilm.
In ekelhafter Arroganz machen sich die Elite-Streitmächte am 03. Oktober 1993 auf, am helllichten Tag Gefangene aus dem Herzen der ostafrikanischen Hauptstadt zu bergen, um sich alsbald in einem der blutigsten Kämpfe der Geschichte verwickelt sehen. Eigentlich sollte der Einsatz nicht länger als eine Stunde dauern. Ridley Scott, der ein Jahr zuvor für sein Historien-Epos Gladiator einen Oscar entgegennehmen durfte, wurde für seine inszenatorische Leistung in Black Hawk Down erneut nominiert, was der Film auch in so ziemlich jedem einzelnen Augenblick als verdiente Honorierung rechtfertigt: Merklich an der virtuosen Bildsprache eines Der Soldat James Ryan geschult, beweist der Blade Runner-Regisseur ein weiteres Mal sein ungemeines Gespür für ausgefeilt arrangierte audiovisuelle Suggestivimpulse, die eine bildsprachliche Grammatik anfertigt, die nur eine Ausdrucksform kennt: Dynamik.
Es dauert kaum eine halbe Stunde, bis sich Black Hawk Down bereits im Eskalationsmodus befindet und dem Zuschauer ein unaufhörliches Kugelgewitter um die Ohren peitschen lässt. Angenehmerweise verzichtet Ridley Scott größtenteils darauf, seine prominente Besetzung über ihren Star-Appeal in Szene zu setzen: Josh Hartnett (Pearl Harbor), Ewan McGregor (Cassandras Traum), Eric Bana (Hulk), sie alle sind irgendwann nur noch von Schmutz und Blut beschmierte Gesichter, die ausschließlich um das Überleben kämpfen. Wenn in Black Hawk Down das Chaos regiert, dann gelingt es Scott durchaus, aufzuzeigen, dass es in derlei Extremlagen tatsächlich keinen Grund mehr gibt, sich Gedanken um Politik zu machen, was die intellektuell entschlackte stilistische und erzählerische Ausrichtung dieses Filmes fast schon für logisch erklärt, würde er sich über die gesamte Laufzeit diesen flirrenden Charakter der (Kriegs-)Grausamkeit bewahren.
Denn auch wenn Black Hawk Down keine Kriegsverherrlichung betreibt, dafür gibt sich der Film selbst viel zu aufgewühlt von all der Gewalt, all dem Sterben, all der Angst, weist der Film doch einige fragwürdige Konnotationen auf, wenn es darum, die somalische Bevölkerung zu charakterisieren: Hier nämlich handelt es sich um eine vollends amorphe Aggressoren-Masse, die zusehends zu einem dämonischen Abbild des schwarzen Mannes verschwimmt, der erst zu Allah betet, um sich dann zu bewaffnen und gegen die „Irgendwer muss es ja tun“-Amerikaner in den Kampf zieht. Dadurch, dass sich Black Hawk Down geschichtlichen Zusammenhängen entgegenstemmt, verliert das hier nachgezeichnete Gefecht natürlich seine Identität, seine Bedeutung, losgelöst von politischer oder ethischer Agenda, dafür mit ausgeprägtem Schwerpunkt auf dem Schauwert, dem Spektakel.
Obgleich sich Black Hawk Down, wie erwähnt, in kriegstreiberischen Tendenzen bedeckt hält und das Kriegsgeschehen in brütender Hitze und vollkommener Orientierungslosigkeit mit Entsetzen körperlich erfahrbar macht, sind Sequenzen, in denen Explosionen in Zeitlupe vollstreckt werden, äußerst kontraproduktiv in ihrem zelebrierten Ästhetizismus. Gleiches gilt für die letzten Minuten, in denen die tapferen Kämpfer in einem Krieg, der sie schlichtweg nichts anging, noch einmal an den Wert der Kameradschaft appellieren dürfen. Einem Krieg, der der Grund dafür war, dass die Vereinigten Staaten den bestialischen Völkermord in Ruanda ein Jahr später regungslos hingenommen haben. Noch ein Debakel konnten sie sich schließlich nicht leisten. Ridley Scott aber belehrt nicht, er informiert oder schlussfolgert im Prinzip nicht einmal, was in Ordnung gewesen wäre, wenn Black Hawk Down nicht auf Tatsachen basieren würde; wenn er sich nicht so überdeutlich verbitten würde, Verständnis für beide Seiten aufbringen zu wollen.
Fazit
"Black Hawk Down" kann man nur mit ambivalenten Gefühlen betrachten. Inhaltlich undifferenziert, inszenatorisch meisterhaft. Ridley Scott gelingt es, den Bürgerkrieg in der somalischen Hauptstadt als körperlich erfahrbares Schlachtgetümmel in Szene gießen, entschlackt all die Gewalt, die Angst, das Grauen von jedem moralischen, politischen und historischen Standpunkt, was den Krieg selbst die schlagkräftige Identität raubt. Ebenfalls fragwürdig: Das angefertigte Bild der somalischen Bevölkerung. Ein in sich zerrissener Film.