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Quelle: themoviedb.org

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Netflix

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Nach einer Erzählung von Charles Bukowski: Drei Episode aus dem Leben von Harry, der als 1955 erste Erfahrungen mit der Sexualität macht, 1962 auf seinem Abschlussball mehrere Rückschläge hinnehmen muss und 1976, inzwischen ein versoffenes Wrack, schließlich die Konsequenz aus seinem verpfuschten Leben zieht…

Kritik

„Crazy Love“ ist nicht etwa irgendeine flippige Liebeskomödie oder anderweitig seichte Unterhaltung für zwischendurch, wie es der Titel eventuell vermuten lässt. Der belgische Regisseur Dominique Deruderre („Die Bluthochzeit“) formt aus Erzählungen und unter Mithilfe des oftmals als Kneipen-Lyriker bezeichneten Schriftstellers und Poeten Charles Bukowski eine bitteres und dennoch sehr berührendes Kurzportrait einer tragischen Existenz anhand drei kleiner Episoden aus dessen von Enttäuschungen geprägten Leben. Ein melancholischer und pessimistischer Abgesang auf die Liebe aus der Perspektive eines Menschen, der bis zu seinem tragischen Ende lediglich ihre Schattenseiten erleben durfte.

1955 verändert sich die bis dahin noch unschuldige, verträumt-idealisierte Vorstellung des 12jährigen Harry (Geert Hunaerts, „Alias – Tödliche Liebe“) über die Liebe schlagartig. Es ist nicht wie im Kino, wenn der Prinz seine Prinzessin erobert, die dort vermittelte Romantik ist nicht mehr als eine Wunschvorstellung. So erklärt es ihm zumindest sein älterer Kumpel Jeff (Gene Bervoets, „Borgman“), der ihn ganz unverblümt aufklärt. Menschen heiraten, damit sie ficken können. Auch seine Eltern. Jeff will den sichtlich überforderten Harry zu seinen ersten Erfahrungen verhelfen, was jedoch nicht von großem Erfolg ist. Bereits hier muss Harry feststellen, dass die Liebe viel komplizierter ist, als er es sich bis dahin ausgemalt hatte. In diesem Sommer zerbricht sein bisheriges Bild von ihr, was die Folgejahre prägen wird. Seine erste von vielen Enttäuschungen. Sprung ins Jahr 1962: Harry (Josse De Pauw, „Jeder ist ein Star“) ist nun 19 und gezeichnet von fürchterlicher Akne, sein gesamter Körper überzogen von riesigen, blutigen Pusteln. In der Nacht seines Abschlussballs will er lieber allein zu Hause bleiben und in Selbstmitleid zerfließen, doch sein bester (und einziger) Freund kann ihn schließlich überreden. Er möchte ihm sogar zu seiner ersten „Nummer“ verhelfen, was kolossal scheitert. Immerhin gelingt es Harry nach viel Überwindung, das Mädchen seiner Träume zum Tanz aufzufordern…nachdem er sein abstoßendes Äußeres mit Klopapier verdeckt (Assoziationen zu „Der Elefantenmensch“ nicht von zufälliger Natur). Dennoch ist diese Nacht ein weiteres Puzzleteil seiner bereits schwer angeknacksten Seele. 1976: Harry (immer noch Josse De Pauw, der in der ersten Episode übrigens auch als Harry’s Vater auftritt) ist ein heruntergekommener Alkoholiker. Gemeinsam mit seinem Saufkumpan stiehlt er spontan eine Leiche. Ein schicksalhafte Tat, die Harry zu einer heftigen Erkenntnis und einem konsequenten Entschluss führt.

Obwohl Charles Bukowski diesmal nicht sein Alter Ego Hank Chinaski als Figur verwendete (im selben Jahr von Mickey Rourke in „Barfly“ exzellent verkörpert) stecken wieder extrem viel autobiographische Details in Harry. Bukowski litt beispielsweise selbst als Schüler an so extremer Akne wie sein tragischer Held, konnte damals nicht mal die Schule besuchen. Bukowski’s Charaktere sind stets angelegt am Rande der der Gesellschaft. Er berichtet von Außenseitern und gescheiterten Persönlichkeiten, die zwar nie ganz unschuldig an ihrem Elend sind, aber keinesfalls schlechte Menschen. Sie sind vom Schicksal gebeutelte Einzelgänger, unverstanden und ungeliebt, die aufgrund ihrer negativen Erfahrungen nicht mehr gewillt sind die Abwärtsspirale selbst zu stoppen. In einer traurigen Lethargie lassen sie sich treiben, das Ende vor Augen, was einer Erlösung gleichkommt. Genau so eine Person ist Harry. Für ihn ist die Liebe ein ersehntes, aber kompliziertes und unfaires Spiel, dem er immer nur als Zuschauer beiwohnen durfte und sofort des Feldes verwiesen wurde, sobald er einen zaghaften Versuch gewagt hatte. Der Bukowski-Blues spielt sein destruktives Lied und lässt einen armen Menschen vor unseren Augen zerbrechen. Dafür muss nicht sein komplettes Leben dargestellt werden, die losen Versatzstücke sind dahingehend absolut ausreichend und verschaffen den Film ganz nebenbei eine angenehm kurze Laufzeit. „Crazy Love“ konzentriert sich nicht auf eine lückenlose Geschichte, er konzentriert sich auf Emotionen und seine Hauptfigur, die dem Zuschauer auf sehr einfühlsame – nicht rührselige – Weise nahegebracht wird.

Sein drastischer Schlussakkord mag als verstörend wahrgenommen werden und ehrlich gesagt wäre es leicht bedenklich, wenn dem nicht so ist. Wir müssen nicht gutheißen was dort geschieht, dennoch erfüllt es einen weniger mit Abscheu, als mit ehrlichem Mitgefühl, tiefer Bestürzung und ganz heimlich sogar mit einem leichten Anflug von Befriedigung. Für Harry mag es der glücklichste Moment in seinem Leben sein. Was bitter genug ist. Charles Bukowski sagte, er hatte nach der Sichtung des fertigen Films Tränen in den Augen und umarmte den Regisseur. Verständlich, denn Deruddere hat erkannt, auf was es ihm ankam. Einen Lovesong ohne Happy End oder zumindest das, was allgemein darunter verstanden wird.

„Das war die beste Frau, die ich je hatte. Ich verlange nicht, dass du das verstehst.“

Fazit

Kein Film für jedermann, dafür deutlich zu speziell und weit entfernt vom Massengeschmack. Wer bereit ist, sich auf das trübsinnige und doch sehr empathische Weltbild eines Charles Bukowski eizulassen, dem dürfte spätestens am Ende eine Gänsehaut heimsuchen. „Schön“ ist das völlig falsche Wort für diesen Film, dabei beschreibt es ihn haargenau. Wie eine hässliche Blume, die aus toter Erde wächst.

Kritik: Jacko Kunze

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