Inhalt
Der junge Sparra sucht im australischen Melbourne der 70er Jahre einen Neuanfang, um die Dämonen der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Ein neuer Job als Handwerker, eine hübsche Verlobte samt Häuschen - alles scheint wunderbar zu klappen. Sein Traum droht jedoch zu platzen, als ihn der charismatische Pommie aufspürt, ein verwegener, attraktiver und mit allen Wassern gewaschener Gangster. Sparra findet sich plötzlich in einer Grauzone zwischen 2 höchst unterschiedlichen Welten wieder - die brav-bürgerliche Idylle einerseits und auf der anderen Seite die abgründige Natur seines ehemaligen Zellengenossen Pommie, mit dem ihn eine unausgesprochene gegenseitige Anziehung verbindet. Sparra muss sich entscheiden: Welches Leben - welche Liebe ist ihm wichtiger?
Kritik
Es gibt so Filme, da muss man echt wahnsinnig aufpassen, was man sagt. Besser noch wie viel man sagt. Große Spoiler sind in der Regel nicht allzu schwer zu umschiffen: Entweder gehört das Wichtige noch zur Prämisse des Films oder liegt so weit am Ende des Films, dass man gar nicht mit jemanden drüber zu reden braucht, der den Film noch nicht gesehen hat. Man muss nur seine Begeisterung für die Handlung ein bisschen zügeln und entsprechend die Klappe halten, dann kann man das problemlos umschiffen. In den allerberühmtesten Fällen kommt außerdem noch das Verfallsdatum für den Spoilervorwurf dazu.
Bei "Cut Snake" ist das alles noch ein bisschen schwieriger. Der große Turn kommt nämlich ziemlich genau zur Mitte des Films, zählt also längst nicht mehr zum Aufbau der Handlung, ist aber gleichzeitig so wichtig dafür, worum es geht, dass es einem schwer fällt, das vollständig heraus zu halten. Weil die Idee aber ziemlich originell ist, gut funktioniert und auch aus sämtlichen Inhaltsangaben und Trailern rausgehalten wurde, mache ich mich hier nicht zum Spielverderber, halte auch einfach die Klappe und lasse mich erstmal nur über die erste Hälfte des Films aus. Die ist nämlich auch für sich genommen schon ziemlich stabil. Gesettet ist das Ganze im Australien der 70er Jahre, was vor allem über Kleidung, Musik, Autos und andere Details vermittelt wird und die meiste Zeit über stimmig, aber nicht aufdringlich oder wichtig auch nur wichtig erscheint. Wie viele andere Dinge aus dem Aufbau des Films ist das so erstmal nicht wirklich beeindruckend, aber okay, macht dann später aber noch viel mehr Sinn und ist sogar ziemlich clever.
Merv, AKA "young Sparra" (Alex Russel) führt ein einfaches, wenn auch ziemlich glückliches Leben. Seine späte Ausbildung ist schlecht bezahlt, aber immerhin besitzt er ein eigenes Haus, da die reichen Eltern seiner wunderschönen und liebevollen Verlobten Paula (Jessica de Gouw) sich so ein Geschenk locker leisten konnten. Das einzige Problem ist eine Figur aus seiner mysteriösen Vergangenheit, die plötzlich auf seiner Türschwelle auftaucht: Soweit so glücklich. Plötzlich taucht aber der charmante, wenn auch unterschwellig bedrohliche, Pommie (Sullivan Stapleton) aus dem Nebel von Mervs mysteriöser Vergangenheit auf. So viel wird in den ersten fünf Minuten klar gemacht und auch wenn die Themen (Schatten einer windigen Vergangenheit; die Verbindung eines ungleichen Paares; passiv-agressive Home-Invasion) erstmal gut bekannt sind, kann der Film seine Spannung gut aufbauen und aufrecht erhalten, aber nicht einfach indem immer weiter aufgedreht wird, sondern indem an den richtigen Stellen die Luft auch immer mal wieder rausgelassen wird. Jedesmal wenn Pommie irgendeine Kleinigkeit macht, beispielsweise das Zimmer verlässt, nach einem Gegenstand greift oder ähnliches, wird über die Bildsprache und Schnitte angedeutet, dass er gleich vollkommen ausrasten könnte. Diese aufgebaute Erwartung wird aber bei weitem nicht immer erfüllt. Sein zwiespältiges Auftreten, freundlich und zuvorkommend einerseits, bestimmt und herrisch andererseits, sorgt beim Zusammentreffen mit den ganz anderen Figurentypen des verunsicherten Merv und der ahnungslos-freundlichen Paula für eine ganze Reihe sehr intensiver Szenen.
Einer der wenigen konkreten Kritikpunkte die man an "Cut Snake" finden kann, ist, dass er diese Arbeit zu gut erledigt. Pommie wird so gut als gewalttätiger Vollpsychopath inszeniert, dass einige der späteren Szenen nicht mehr recht funktionieren wollen. Die Dramatik dieser Szenen müsste nämlich darauf beruhen, dass man eine andere Seite seiner Persönlichkeit kennen gelernt hat und mit ihm sympathisiert oder zumindest Mitleid hat. Wenn aber seine Vorgehensweise und Ausbrüche noch so präsent sind, macht sind diese Gefühle nur wenig bis gar nicht vorhanden.
Fazit
"Cut Snake" macht aus dem Dreieck seiner drei Hauptfiguren Merv, Paula und Pommie zunächst einen spannenden und gut inszenierten Thriller, geht im späteren Verlauf aber unter Einbindung einer ziemlich unverbrauchten Idee nochmal in eine ganz andere, eher dramatische, Richtung, was bis auf einige vereinzelte Momente auch ziemlich gut funktioniert. Wenn man sich darauf einlassen kann, nicht direkt zu kriegen, was man erwartet hat, bietet einem der Film eine ganz gute Geschichte, die nicht zuletzt in Verbindung mit seinen Schauspielern ziemlich überzeugend ist.