6.8

MB-Kritik

Das Gift des Bösen 1963

Mystery, Sci-Fi, Horror, Romance

6.8

Vincent Price
Sebastian Cabot
Brett Halsey
Beverly Garland
Richard Denning
Mari Blanchard
Abraham Sofaer
Jacqueline deWit
Joyce Taylor
Edith Evanson
Floyd Simmons
Gene Roth

Inhalt

Drei schaurige Kurzgeschichten nach Nathaniel Hawthorne: ein Arzt entdeckt zufällig eine Art Lebenselixier, was fatale Folgen nach sich zieht. Ein Student verliebt sich Hals über Kopf in eine junge Frau, die seit 20 Jahren den heimischen Garten nicht verlassen darf. Und eine 150 Jahre andauernde Familienfehde findet bei einer Schatzsuche in einem verfluchten Spukhaus ihren Höhepunkt.

Kritik

Wohl kaum jemand hat den US-amerikanischen Gruselfilm der späten 50er bis frühen 70er so sehr geprägt wie Vincent Price (Die Fliege), zumindest on-screen. Dabei war es nicht so, dass der charismatische Mime mit dem schelmischen Lächeln nicht auch in anspruchsvollerer Kost gefragt gewesen wäre, dass schnell abgedrehte Schauerkino dieser Tage war jedoch ein relativ einfacher Weg, seinen extravaganten Lebensstil zu finanzieren. Dies führte 1960 beispielsweise zu einem zweijährigen Exklusivdeal mit American International Pictures, der ihm ein festes „Gehalt“ garantierte. In diesem Zuge entstanden die ersten Filme seiner legendären Zusammenarbeit mit Roger Corman, bei der sie sich der (sehr freien) Adaption von Edgar Allan Poe widmeten (u.a. Die Verfluchten – Der Untergang des Hauses Usher). Nach Auslaufen dieses Vertrages ging Price kurz fremd und unterzeichnete einen Einjahresvertrag bei Admiral Pictures, die Ähnliches mit ihm vorhatten. Dort drehte er u.a. auch wieder mit Corman den allgemein wahnsinnig unterschätzten Der Massenmörder von London, allerdings auch irrelevante Flops wie Horla – Tagebuch eines Mörders. In dieser Zeit entstand auch Das Gift des Bösen, der dem eine Weile äußerst populären Anthology-Prinzip folgte. Gleiches hatten er und Corman ein Jahr zuvor (und noch bei AIP) schon erfolgreich mit Der grauenvolle Mr. X praktiziert. Drei Geschichten nach literarischer Vorlage, alle mit Vincent Price in der Hauptrolle. Diesmal nicht nach Edgar Allan Poe, sondern nach Nathaniel Hawthorne (Der scharlachrote Buchstabe).

In „Dr. Heidigger’s Experiment“ stoßen besagter Doktor Carl (Sebastian Cabot, Die Zeitmaschine) und sein Bruder Alex (Price) auf den 79. Geburtstag an, nach feiern ist Carl aber schon seit knapp 40 Jahren nicht zumute. Damals verstarb, einen Tag vor ihrer Hochzeit, plötzlich seine Verlobte Sylvia. Seitdem lebt er in Trauer und Wehmut. Bei einem Besuch in der Familiengruft stellen sie verblüfft fest, das Sylvia’s Leiche keinerlei Verwesungsspuren aufweist. Des Rätsels Lösung scheint das aus der Decke der Gruft tropfende Wasser zu sein, dessen chemische Zusammensetzung einzigartige Eigenschaften beinhaltet. Kurzum: es ist eine Art Lebenselixier, das vielleicht nicht nur einen konservierenden Effekt hat. Im Selbstversuch verjüngt es die beiden Männer und im nächsten Schritt gelingt es sogar, Sylvia wieder zum Leben zu erwecken. Die Idee ist ganz nett, aber bereits hier offenbaren sich schon die Probleme, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film ziehen. Wirklich spannend oder gar unheimlich ist das Ganze (auch auf die damaligen Sehgewohnheiten heruntergebrochen) nicht wirklich und ist mit seinen 35 Minuten einfach zu lang. Dabei ist dies tatsächlich noch die beste Episode, gemessen an ihrer Gesamtheit.

Bei „Rappaccini’s Daughter“ verliebt sich Student Giovanni auf den ersten Blick in die bildhübsche Beatrice. Diese wird jedoch von ihrem Vater (Vincent Price again) seit ihrer Geburt nicht vom heimischen Grundstück gelassen. Der Grund dafür ist unter den gegebenen Umständen sogar verständlich: durch ein Experiment mit dem Extrakt einer hochgiftigen Pflanze aus dem eigenen Garten, ist jede Berührung von Beatrice für lebende Organismen sofort tödlich. Warum der Vater des Jahres das mit seiner Tochter veranstaltet hat, wird aus dem hier präsentierten Narrativ nicht ersichtlich (schade eigentlich, wird wohl einen Grund gegeben haben), im Endeffekt mündet das in einem äußerst theatralischen Gesamten mit dezenten Romeo & Julia-Vibes. Ist noch deutlich weniger aufregend als die Vorgeschichte, sieht optisch dafür wirklich toll aus. Das muss man dem Film generell attestieren: für ein B-Movie seines Alters ist das durchwegs sehr schön eingefangen. Natürlich mit den üblichen Miniatur- und Pappmache-Kulissen, aber super eingesetzt. Ähnlich wie bei den Corman-Filmen.

Den krönenden Abschluss bildet „The House of the Seven Gables“, dessen Vorlage gar nicht in der (im Original) titelgebenden Sammlung Twice-Told Tales enthalten war, sondern eine alleinstehende Erzählung von Nathaniel Hawthorne als Grundlage hatte. Vincent Price kehrt hier als Gerald Pyncheon mitsamt seiner Frau Alice zurück in den alten Familienbesitz, wo er von seiner kantigen Schwester Hannah (Jacqueline deWit, Ich kämpfe um dich) nicht gerade mit offenen Armen empfangen wird. Auf dem Familiensitz liegt seit 150 Jahren ein Fluch, ausgelöst durch eine Familienfehde zwischen den Pyncheons und den Maulles, von denen das Grundstück einst enteignet wurde. Seitdem haben alle männlichen Pyncheons dort den gleichen, gewaltsamen Tod gefunden: mit blutendem Mund tot in einem Stuhl aufgefunden (warum man das scheinbar tödliche Möbelstück nicht besser entsorgt? Da ist das Gute wohl noch nicht von ab…). Doch Gerald’s Gier ist größer als die Fucht vor diesem grausigen Schicksal. Denn irgendwo in dem Anwesen soll sich ein Schatz befinden. Kurz nach ihrer Ankunft wird Alice jedoch schon mit seltsamen Ereignissen konfrontiert. Es scheint, als gäbe es eine Verbindung zu diesem Ort, den sie vorher noch nie gesehen hat.

Die dritte Episode mag sogar die ambitionierteste sein und erlaubt Vincent Price eine herrlich süffisante Arschloch-Performance rauszuhauen, die ihm in solchen Filmen immer besonders viel Spaß zu machen schien. Leider wird der theatralische Schmalzfaktor auch bis zur Schmerzgrenze hochgefahren, was teilweise schon komische Züge annimmt. Da helfen auch blutenden Decken nichts, was zu den stärkeren Visuals des Films gezählt werden kann. Auch diese Episode geht gefühlt viel zu lang und kann nicht ansatzweise eine unheimliche Stimmung generieren. Das Finale ist sogar ungewollt drollig. Damit wird sehr treffend auf den Punkt gebracht, was bei Das Gift des Bösen grundsätzlich nicht stimmt. Da wird viel Wert auf überkandidelte Melodramatik gelegt und der eigentliche Genre-Aspekt aus dem Auge verloren. Dabei sieht das durchgehend sehr schön aus und Vincent Price ist mal wieder mit voller Spielfreude dabei. Hätte wirklich gut werden können, ist aber im direkten Vergleich mit den zahlreichen Konkurrenten der 60er und 70er allerdings eher verzichtbar.

Fazit

Aufgrund eines übertriebenen Hangs zum Theatralik-Overkill, einer insgesamt zu großzügigen Laufzeit und zu wenig Fokus auf den eigentlich angepeilten Grusel-Faktor hat „Das Gift des Bösen“ leider immer wieder mit leichten narkotisierenden Nebenwirkungen zu kämpfen. Der gute Look und der immer großartige Vincent Price sind für Fans von altmodischem Anthology-Grusel natürlich immer einen Blick wert, verglichen mit ähnlichen Arbeiten spielt das aber eindeutig nur in der zweiten Liga.

Autor: Jacko Kunze
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