Kritik
Aufgrund angeblicher Sichtungen eines Seeungeheuers ranken sich um den schottischen See Loch Ness sowohl diverse Mythen als auch Theorien. Daher ist der See nicht nur ein beliebtes Touristenziel, sondern ebenfalls Thema mancher Verfilmung. Obwohl es der deutsche Titel suggeriert, ist Das Ungeheuer von Loch Ness keine davon. Zwar beschäftigt sich The Giant Behemoth (so der gebräuchlichere Titel), dessen Originaltitel eigentlich Behemoth, the Sea Monster lautet, mit einer riesigen Kreatur, doch stammt diese aus den Tiefen des Meeres. Behemoth bedeutet so viel wie Ungeheuer. Die Bezeichnung findet sich sowohl in diversen alten Schriften wie etwa der Bibel oder dem Talmud. Inszeniert wurde der aus dem Jahr 1959 stammende Film von Eugène Lourié der unter anderem für Werke wie Corgo oder Der Koloss von New York bekannt ist. Die Spezialeffekte des Films stammen von Willis Harold O'Brien, der einst unter anderem die Tricktechnik für Filme wie The Lost World erstellte. O'Brien stand außerdem in Verbindung zu Specialeffects-Legende Ray Harryhausen (Die geheimnisvolle Insel), für den er in jungen Jahren eine Art Mentor war.
Die Hauptfiguren von The Giant Behemoth sind der Wissenschaftler Steve Karnes (Gene Evans, Unternehmen Petticoat), der durch einen Fernsehbeitrag auf rätselhafte Vorkommnisse in einem Fischerdorf aufmerksam wird, sowie Professor James Brickford (André Morell, Ben Hur) von der Atomenergiekommission. Aufgrund der beunruhigenden Meldungen suchen sie den Ort des Geschehens auf, um Untersuchungen anzustellen und Proben zu sammeln. Dabei finden sie Hinweise auf radioaktive Strahlung. Noch ahnen sie nicht, mit welch schrecklichem Unheil sie beziehungsweise die englische Bevölkerung es zu tun bekommen werden. Bereits in den ersten Filmminuten bezieht Louriés Werk deutlich Stellung, indem ausführlich und in aller Deutlichkeit auf Risiken atomarer Tests sowie maritimer Atommüllentsorgung eingegangen wird. The Giant Behemoth spricht dabei eine klare Warnung vor den unabsehbaren Folgen aus. Was dieses Thema angeht, weist Louriés Film deutliche Parallelen zu Werken wie Godzilla oder Panik in New York auf. In diesen spielen nämlich Atomtests respektive radioaktive Strahlung ebenfalls eine Rolle für das Auftauchen überdimensional großer echsenartiger Kreaturen, die ihrerseits zu einer regelrechten Zerstörungsorgie ansetzen. Im Falle von Panik in New York zitiert (oder sollte man viel eher kopiert sagen) sich Lourié im Übrigen quasi selbst, denn er war es, der diesen Film 1953 inszenierte.
Sonderlich spektakulär geht es in The Giant Behemoth über weite Strecken hinweg allerdings nicht zu. Denn Louriés Film gibt sich eher forschend als reißerisch. Daran ändert auch eine groß angelegte Suchaktion des Militärs wenig. Man sucht nach Hinweisen, führt wissenschaftliche Untersuchungen an toten Fischen durch und holt sich Rat bei einem Paläontologen. Dies nimmt zwar einiges an Zeit in Anspruch, wurde jedoch immerhin relativ interessant inszeniert. Das Tempo des Films ist daher zumeist eher gemächlich. Spannende Sequenzen lassen recht lange auf sich warten. Ungeachtet dessen bietet Louriés tonal ernstgehaltener Film gerade noch ausreichend Unterhaltungspotenzial, um unschöne Längen weitestgehend zu verhindern. Gleichwohl ließe sich nicht behaupten, dass weniger Geheimniskrämerei bzgl. des Erscheinungsbilds des Wesens und stattdessen mehr Monsteraktion nicht spaßiger gewesen wären. In voller Größe bekommt man die prähistorische Kreatur nämlich erst nach gut einer Stunde Laufzeit zu Gesicht. Dies ist gleichzeitig der Zeitpunkt, an dem das Vieh endlich auf London losgelassen wird. Während die Bevölkerung zu Fuß in Scharen flieht, darf die riesige Bestie unter Zuhilfenahme von Stop-Motion-Technik durch London stapfen. Dabei bestätigt sich leider das, was man bereits vorab anhand eines kurzen Blicks auf die Kreatur erahnen konnte: Die Spezialeffekte O'Briens sind weniger beeindruckend als jene der ganz großen Monsterspektakel der damaligen Zeit.
Statt London in Schutt und Asche zu zerlegen, indem Gebäude wie der Buckingham Palace, die Tower Bridge oder Westminster Abbey dem Erdboden gleichgemacht werden, darf das Monster lediglich Autos zerquetschen, Schiffe umwerfen und Mauern einreißen. Was das angeht, durften Wesen wie z.B. Godzilla oder Ymir aus 20 Million Miles to Earth deutlich mehr Chaos und Zerstörung anrichten. Als kleine Besonderheit sorgt dafür die radioaktive Strahlung, die von dem Wesen in The Giant Behemoth ausgeht, bei dem ein oder anderen Menschen tatsächlich für fiese Gewebeschäden. Und obgleich die präsentierten Verletzungen heutzutage niemanden mehr aus den Socken hauen, so waren derartige Gewaltdarstellungen zur damaligen Zeit durchaus noch eine Seltenheit. Was das riesige Monstrum angeht, so macht dieses, im Hinblick auf seine Bewegungen, nicht gerade die beste beziehungsweise geschmeidigste Figur. Schielt man beispielsweise zu Werken wie dem bereits erwähnten 20 Million Miles to Earth oder Sindbads 7. Reise herüber, so erschien deren Visualisierung der Monster bereits deutlich ausgereifter. Fairerweise sollte dabei allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass die genannten Titel, was die Effekte angeht, zu ihrer Zeit "top notch" waren und den Filmen ein höheres Budget zur Verfügung stand.