6.0

MB-Kritik

Das Ungeheuer von Loch Ness 1959

Action, Sci-Fi, Adventure, Horror, Drama, Thriller, Fantasy – USA, UK

6.0

Gene Evans
André Morell
John Turner
Leigh Madison
Jack MacGowran
Maurice Kaufmann
Henri Vidon
Leonard Sachs
John Adams
Joyce Adams
Chris Adcock
Neal Arden
Jack Armstrong
Michael Beint
Paul Beradi
Ernest Blyth

Inhalt

Als an der britischen Küste seltsame Vorgänge passieren, scheint der amerikanische Wissenschaftler Steve Karnes mit seiner Theorie Recht zu bekommen, die radioaktive Verseuchung der Weltmeere könnte ungeahnte Folgen haben. Schon bald zeigt sich, dass seine kühnsten Prognosen noch übertroffen werden, als ein radioaktives urzeitliches Ungetüm aus den Fluten steigt und ganz England in Panik versetzt. Wie soll man ein Wesen aufhalten, dessen Nähe für jede Person den Tod bedeuten kann?

Kritik

Aufgrund angeblicher Sichtungen eines Seeungeheuers ranken sich um den schottischen See Loch Ness sowohl diverse Mythen als auch Theorien. Daher ist der See nicht nur ein beliebtes Touristenziel, sondern ebenfalls Thema mancher Verfilmung. Obwohl es der deutsche Titel suggeriert, ist Das Ungeheuer von Loch Ness keine davon. Zwar beschäftigt sich The Giant Behemoth (so der gebräuchlichere Titel), dessen Originaltitel eigentlich Behemoth, the Sea Monster lautet, mit einer riesigen Kreatur, doch stammt diese aus den Tiefen des Meeres. Behemoth bedeutet so viel wie Ungeheuer. Die Bezeichnung findet sich sowohl in diversen alten Schriften wie etwa der Bibel oder dem Talmud. Inszeniert wurde der aus dem Jahr 1959 stammende Film von Eugène Lourié der unter anderem für Werke wie Corgo oder Der Koloss von New York bekannt ist. Die Spezialeffekte des Films stammen von Willis Harold O'Brien, der einst unter anderem die Tricktechnik für Filme wie The Lost World  erstellte. O'Brien stand außerdem in Verbindung zu Specialeffects-Legende Ray Harryhausen (Die geheimnisvolle Insel), für den er in jungen Jahren eine Art Mentor war.

Die Hauptfiguren von The Giant Behemoth sind der Wissenschaftler Steve Karnes (Gene Evans, Unternehmen Petticoat), der durch einen Fernsehbeitrag auf rätselhafte Vorkommnisse in einem Fischerdorf aufmerksam wird, sowie Professor James Brickford (André Morell, Ben Hur) von der Atomenergiekommission. Aufgrund der beunruhigenden Meldungen suchen sie den Ort des Geschehens auf, um Untersuchungen anzustellen und Proben zu sammeln. Dabei finden sie Hinweise auf radioaktive Strahlung. Noch ahnen sie nicht, mit welch schrecklichem Unheil sie beziehungsweise die englische Bevölkerung es zu tun bekommen werden. Bereits in den ersten Filmminuten bezieht Louriés Werk deutlich Stellung, indem ausführlich und in aller Deutlichkeit auf Risiken atomarer Tests sowie maritimer Atommüllentsorgung eingegangen wird. The Giant Behemoth spricht dabei eine klare Warnung vor den unabsehbaren Folgen aus. Was dieses Thema angeht, weist Louriés Film deutliche Parallelen zu Werken wie Godzilla oder Panik in New York auf. In diesen spielen nämlich Atomtests respektive radioaktive Strahlung ebenfalls eine Rolle für das Auftauchen überdimensional großer echsenartiger Kreaturen, die ihrerseits zu einer regelrechten Zerstörungsorgie ansetzen. Im Falle von Panik in New York zitiert (oder sollte man viel eher kopiert sagen) sich Lourié im Übrigen quasi selbst, denn er war es, der diesen Film 1953 inszenierte.

Sonderlich spektakulär geht es in The Giant Behemoth über weite Strecken hinweg allerdings nicht zu. Denn Louriés Film gibt sich eher forschend als reißerisch. Daran ändert auch eine groß angelegte Suchaktion des Militärs wenig. Man sucht nach Hinweisen, führt wissenschaftliche Untersuchungen an toten Fischen durch und holt sich Rat bei einem Paläontologen. Dies nimmt zwar einiges an Zeit in Anspruch, wurde jedoch immerhin relativ interessant inszeniert. Das Tempo des Films ist daher zumeist eher gemächlich. Spannende Sequenzen lassen recht lange auf sich warten. Ungeachtet dessen bietet Louriés tonal ernstgehaltener Film  gerade noch ausreichend Unterhaltungspotenzial, um unschöne Längen weitestgehend zu verhindern. Gleichwohl ließe sich nicht behaupten, dass weniger Geheimniskrämerei bzgl. des Erscheinungsbilds des Wesens und stattdessen mehr Monsteraktion nicht spaßiger gewesen wären. In voller Größe bekommt man die prähistorische Kreatur nämlich erst nach gut einer Stunde Laufzeit zu Gesicht. Dies ist gleichzeitig der Zeitpunkt, an dem das Vieh endlich auf London losgelassen wird. Während die Bevölkerung zu Fuß in Scharen flieht, darf die riesige Bestie unter Zuhilfenahme von Stop-Motion-Technik durch London stapfen. Dabei bestätigt sich leider das, was man bereits vorab anhand eines kurzen Blicks auf die Kreatur erahnen konnte: Die Spezialeffekte O'Briens sind weniger beeindruckend als jene der ganz großen Monsterspektakel der damaligen Zeit.

Statt London in Schutt und Asche zu zerlegen, indem Gebäude wie der Buckingham Palace, die Tower Bridge oder Westminster Abbey dem Erdboden gleichgemacht werden, darf das Monster lediglich Autos zerquetschen, Schiffe umwerfen und Mauern einreißen. Was das angeht, durften Wesen wie z.B. Godzilla oder Ymir aus 20 Million Miles to Earth deutlich mehr Chaos und Zerstörung anrichten. Als kleine Besonderheit sorgt dafür die radioaktive Strahlung, die von dem Wesen in The Giant Behemoth ausgeht, bei dem ein oder anderen Menschen tatsächlich für fiese Gewebeschäden. Und obgleich die präsentierten Verletzungen heutzutage niemanden mehr aus den Socken hauen, so waren derartige Gewaltdarstellungen zur damaligen Zeit durchaus noch eine Seltenheit. Was das riesige Monstrum angeht, so macht dieses, im Hinblick auf seine Bewegungen, nicht gerade die beste beziehungsweise geschmeidigste Figur. Schielt man beispielsweise zu Werken wie dem bereits erwähnten 20 Million Miles to Earth oder Sindbads 7. Reise herüber, so erschien deren Visualisierung der Monster bereits deutlich ausgereifter. Fairerweise sollte dabei allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass die genannten Titel, was die Effekte angeht, zu ihrer Zeit "top notch" waren und den Filmen ein höheres Budget zur Verfügung stand. 

Fazit

Mit „The Giant Behemoth“ liefert Regisseur Eugène Lourié einen Film ab, der verblüffend stark an den von ihm selbst inszenierten „Panik in New York“ erinnert. Beide handeln von einer prähistorischen Kreatur, nur dass die eine eben Amerika und die andere England unsicher macht. Eine Zerstörungsorgie sollte im Fall von „The Giant Behemoth“ allerdings nicht erwartet werden. Insbesondere da das Monstrum erst spät für Chaos sorgen darf. Ungeachtet dessen vermag Louriés Film u. a. aufgrund der kritischen Untertöne bezüglich atomarer Gefahren ganz ordentlich zu unterhalten. Vorausgesetzt natürlich, dass man mit Filmen des älteren Semesters sowie einem etwas gemächlicheren Tempo etwas anzufangen weiß.

Autor: Constantin Wieckhorst
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