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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Der Verlust seines kleinen Sohnes stürzt ein New Yorker Ehepaar in eine tiefe Krise: Eleanor Rigby (Jessica Chastain) bricht jeden Kontakt zu ihrem Ehemann Conor (James McAvoy) ab und zieht zurück zu ihren Eltern Julian (William Hurt) und Mary (Isabelle Huppert). Außerdem entschließt sie sich, wieder ans College zu gehen. Sie hat die feste Absicht ihr Leben grundlegend zu ändern, wobei die Familie und die eigensinnige Professorin Lillian Friedman (Viola Davis) der jungen Frau beistehen. Conor wiederum leidet darunter, dass Eleanor alle seine Versuche, mit ihr Kontakt aufzunehmen, abblockt. Der Besitzer einer kleinen Bar hat zusätzlich mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen und ringt sich schließlich dazu durch, das ehemals gemeinsame Apartment zu verlassen. Vorübergehend kommt er bei seinem Vater Spencer (Ciaran Hinds) unter, zu dem er nie das beste Verhältnis hatte...

Kritik

Wenn wir uns in zukünftigen Dekaden an das Jahr 2014 zurückerinnern werden und die Glanzpunkte dieses Kinojahres noch einmal ins Gedächtnis rufen, dann werden einige mit Sicherheit von Lars von Triers „Nymph()maniac“ sprechen wollen, anderen von David Finchers „Gone Girl“ oder Spike Jonzes „Her“ und wieder andere von Christopher Nolans „Interstellar“. Natürlich haben es alle diese Werke verdient, das ein oder andere Wort über sie zu verlieren, aber wahrscheinlich wird es ein anderer Streich sein, der die Gespräche in cineastischen Zirkeln antreiben wird: Nämlich Richard Linklaters „Boyhood“. Der Grund liegt in der Hand, hat sich Linklater doch einer risikoreichen Idee hingegeben und die dargebotene Geschichte über einen Zeitraum von ansehnlichen 12 Jahren entwickelt. „Boyhood“ ist ein Konzeptfilm geworden, dessen formale Vorgehensweise verständlicherweise Revolutionäres bedeutet, weil er das natürliche Altern seiner gut gewählten Protagonisten akkurat als Zeitkapsel konservierte, anstatt sich gezwungen zu sehen, auf neumodische Effekte und eine überdeutliche Maskenarbeit zurückgreifen zu müssen.

Auch hinter Ned Bensons Debüt „Das Verschwinden der Eleanor Rigby" verbirgt sich ein Konzeptfilm, dessen titelgebende Aussagekraft in der deutschen Übersetzung leider unter den Tisch fällt. Im Original auf „The Disappearance of Eleanor Rigby: Them“ hörend, setzt sich der Film aus zwei anderen Werken zusammen: „The Disappearance of Eleanor Rigby: Her“ und „Him“. Natürlich, auch ein Titan wie Clint Eastwood hat schon mit „Flags of Our Fathers“ und „Letters From Iwo Jima“ die zwei Seiten des Krieges um die japanische Vulkaninsel beleuchtet, war allerdings nicht drängend auf thematische Kohärenz bedacht. „Him“ und „Her“ ergeben erst zusammen etwas Ganzes, weil sie die Signifikanz aufzeigen, dass es in jeder Hinsicht, natürlich auch in einer Beziehung, immer mehre Perspektiven zu berücksichtigen gibt. Nun schafft es „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“, die ineinander montierte Verknüpfung beider Standpunkte, in die deutschen Kinos und erzählt von einer einst so unbekümmerten, inzwischen aber durch einen Schicksalsschlag ins Straucheln geratenen Liebe.

„Her“, das ist Eleanor Rigby (Jessica Chastain), benannt nach dem Lied der Beatles und mindestens genauso orientierungslos. Nach einem gescheiterten Suizidversuch findet sie zurück in den Schoß der Familie, wo sie vor allem von ihrem Vater (William Hurt) mit Samthandschuhen angepackt wird. „Him“, das ist Conor Ludlow (James McAvoy), Kopf einer kleinen Kneipe, die er in seiner tiefen Trauer noch in den Bankrott führen wird. Woher diese Trauer aber resultiert ist, was der Anlass für die Entzweiung von Eleanor und Conor war, entblättert „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“ in kleinen Häppchen, ohne die eigentliche Ursache der Tragödie ausbuchstabieren zu müssen. Stattdessen fokussiert sich Ned Benson stringent auf seine Charaktere und ist – bis auf zwei Rückblende zu Anfang, die uns in die rosaroten Tage des Verliebtsein vor Augen führt, den Sex im Auto, das Tanzen im Park – ganz und gar im Hier und Jetzt, also ganz und gar im Schmerz und in der Ohnmacht, angekommen. Etwaige Spekulationen, Ned Benson begegne seinen Protagonisten mit therapeutischer Nüchternheit, erweisen sich als unfundierte Unkenrufe, stattdessen veranschaulicht er, dass manchmal eben nur Aufrichtigkeit und Güte reanimierend Wirkungen zeigen.

Die perspektivische Intention ist notwendig, weil sie offenbart, dass es zumeist einfach nur auf der Sichtweise basiert, dem Blick auf die Dinge, weshalb so viele Beziehungen in die Brüche gehen. „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“ führt unsere Charaktere durch eine unstetes Tal brodelnder Emotionen, Eleanor und Conor sehen sich gezwungen ihre Liebe zu hinterfragen und einzelne Momente Revue passieren zu lassen. Wie aber soll gegenseitige Liebe (auf-)atmen können, wenn man sie nur aus der Rekapitulation, als Produkt verblasster Impressionen, zurückgewinnen kann? Es ist ein Suchen und Finden, ein Fliehen und Stehen, aber niemals ein Loslassen und aus dem Herzen verbannen. Eleanor versucht ihr Leben neuzuordnen, doch um einen Neuanfang wagen zu können, muss sie vorerst lernen, sich selbst zu akzeptieren und nicht jeden Spiegel zwanghaft umzudrehen, in dem sie ihr Gesicht erblickt: Verdrängung bitterer Tatsache strandet so oder so in herber Selbstkasteiung. Ned Benson beweist sein Gefühl für melancholische Taktungen, begegnet seinen Charakteren auf Augenhöhe und lässt vor allem Jessica Chastain erstrahlen, die durch ihr fragil-nuanciertes Spiel erneut beweist, warum sich ganz Hollywood um die rothaarige Grazie reißt.

Fazit

„Das Verschwinden der Elenor Rigby“ macht verdammt viel richtig. Er zeigt wunderbar auf, dass der Weg aus der Isolation immer nur durch die Kommunikation vonstatten gehen kann. Aber wie schwer ist doch dieser eine Schritt, um in die Richtung zu gelangen. Ned Bensons Debüt ist kein Liebesfilm im eigentlichen Sinne, keine Schmonzette mit gespitzten Lippen, sondern ein Film, der Liebe auch über die Trauer abtastet; der aufzeigt, wie wichtig die verschiedenen Perspektiven sind, um eine Situation und ihre Resultate greifbar zu machen. Und toll gespielt ist er sowieso. Äußerst sehenswert.

Kritik: Pascal Reis

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