Inhalt
Beatrice (Noomi Rapace) und Victor (Colin Farell) haben in ihren New Yorker Plattenbauwohnungen nicht gerade den besten Ausblick. Weitere Platten, Tristesse und das Wetter möchte derzeit auch nicht wirklich mitspielen. Der Fokus auf die gegenüberliegende Wohnung scheint da die beste Option und so beginnt eine wortlose Romanze zwischen der nach einem Autounfall entstellten Französin und dem zwielichtigen osteuropäischen Einwanderer. Während Victor parallel zu seinem blutigen Gangsteralltag einen Komplott gegen den eigenen Boss Alphonse (Terence Howard) anzettelt, offenbart ihm Beatrice beim ersten gemeinsamen Date ihre wahren Absichten: Sie hat einen von Victors Morden gefilmt und fordert nun einen grausamen Gefallen als Gegenleistung für ihr Stillschweigen…
Kritik
Spätestens seit „Drive“ ist bekannt, dass sich der Blick europäischer Regisseure auf in den USA eigentlich zu genüge ausgeleuchteten Genres lohnen kann. Nach Nicolas Winding Refn stürzt sich nun Niels Arden Oplev ins Gangstermilieu der Ostküste und kombiniert eine typische Geschichte um Rache und Betrug mit ungewohnter (Sozial)Romantik. Auch wenn „Dead Man Down“ nicht auf jedes Klischee waffenschwingender Krimineller verzichtet und Terrence Howard als Antagonist alles andere als das Ergebnis guter Castingprozesse ist; Oplevs Film sticht durch einen ruhigen Spannungsaufbau und das intensive Zusammenspiel seiner beiden Hauptdarsteller hervor.
Farell und Rapace harmonieren sehr gut und transportieren glaubwürdig die Erkenntnis, dass wir hier zwei Menschen beiwohnen, die nach dem letzten Strohhalm in ihrem Leben greifen. Der letzte Versuch glücklich zu sein, der Versuch lebensverneinende persönliche Erfahrungen zu überwinden. Das Prinzip Hoffnung wirkt zwischen Shootouts und verknappten Dialogen nicht immer realistisch, aber stets romantisch und auf groteske Art und Weise niedlich. Zwei innerlich zerbrochene Menschen finden über schüchterne Blicke, Rachegelüste und eine gelbe Hasenpfote zueinander, während die zukünftige Schwiegermutter (ganz toll aber unterfordert: Isabelle Huppert) phasenweise das größere Übel darstellt als der aufgescheuchte Mob der Unterwelt.
Der Rachethriller ist in angenehm düstere Bilder gefasst, auch in eigentlich schönen Momenten zwischen Beatrice und Victor schwingt ein Gefühl der Enge und Ausweglosigkeit mit. Kameramann Paul Cameron ist wichtiger Bestandteil einer visuell und musikalisch bestechenden Inszenierung, welche unterhaltsam kaschiert, dass „Dead Man Down“ unterm Strich nicht ganz so tiefenpsychologisch arbeitet, wie es die schweren Blicke seiner Darsteller vermitteln sollen.
Da Romantik und Vergangenheitsbewältigung allein nicht über die zwei Stunden Laufzeit retten, streut Oplev kleinere Actionszenen und blutiges Stückwerk von Victors ausgefeiltem Racheplan ein. Nun ja; solange ausgefeilt, bis er mit einem Auto in ein Haus rast und nur noch wild um sich zu schießen vermag. Bis dahin wurde aber ein relativ geschickter Racheplot ins Drehbuch geschrieben.
Fazit
Der Look der „Millennium Trilogie“ trifft auf gut dosierte Action und eine phasenweise herzerwärmende Liebesgeschichte aus der New Yorker Plattenbausiedlung. Niels Arden Oplevs sadistischer Trip durch das Gangstermilieu bescheinigt seine gelungene Landung auf dem großen US-Filmmarkt.
Autor: d kr