Inhalt
Die Brüder Nate und Skylar erschießen bei einem Jagdausflug versehentlich Dick Cavanaugh, den Bürgermeister ihres Heimatorts. Obwohl sie sich sofort der Polizei stellen, sollen sie als kaltblütige Mörder angeklagt werden. Schließlich ist der gesamte Ort fest in der Hand der Familie Cavanaugh, ihr Wort ist dort Gesetz. Die Beiden flüchten aus dem Polizeigewahrsam und schlagen sich in die Wälder. Ab nun ist die Jagd auf sie eröffnet, und die Cavanaughs haben ihre Beute lieber tot als lebendig.
Kritik
Menschenjagd im tiefen Süden. Zwei (in dem Fall eher halbe) Männer, sogar Brüder, auf der Flucht durch die Wälder vor einem Lynchmob, dazu mit Handschellen aneinander gekettet. Ihre Verfolger handeln zwar offiziell „im Namen des Gesetzes“, inoffiziell jedoch im Auftrag der allesbeherrschenden Sippschaft des kleinen Städtchens, deren Oberhaupt bei einem tragischen Jagdunfall von den Jungs über den Haufen geschossen wurde. Dass die Brüder es bei den geringen Aussichten auf ein faires Gerichtsverfahren vorziehen Fersengeld zu geben, kommt der schießwütigen Großfamilie und ihrem Gefolge insgeheim ganz recht. Endlich darf man mal nicht nur Wild oder Eichhörnchen abknallen, echte Menschen umlegen, yiha!
Von seiner Prämisse ist „Deep Dark Canyon“ (oder auch „Hunting Season“) bei weitem nicht neu, unabhängig davon halbwegs vielversprechend. Unschuldig Gehetzte von primitiven Rednecks, das kennt man aus grandiosen Filmklassikern wie „Beim Sterben ist jeder der Erste“ (1972) von John Boorman oder „Die letzten Amerikaner“ (1981) von Walter Hill, die auch noch in Handschellen stecken, „Flucht in Ketten“ (1958) von Stanley Kramer lässt unverblümt grüßen. Eine klasse Ausgangslage für mindestens einen kurzweiligen Survival-Thriller, der in dem Fall sogar einige (im Ansatz) recht brisante Details beinhaltet. Die beiden Zielscheiben der Treibjagd sind nicht nur noch halbe Kinder (Spencer Treat Clark, „The Last House on the Left“, Nick Eversman, „DUFF: Hast du keine, bist du eine!“), das Ganze findet sogar in einem halb-legalen Rahmen statt, nicht wie üblich abseits der Zivilisation. Denn hier macht eine Familie das Gesetz und wer ihnen in die Quere kommt, hat nur geringe Überlebenschancen. Darüber hinaus steht ausgerechnet der Vater der Jungs (Ted Levine, „Das Schweigen der Lämmer“) als Polizeichef zwischen den Fronten. Natürlich will er seine Kinder schützen, ihm sind unter dem übermächtigen Druck von oben allerdings die Hände gebunden. Nicht zum ersten Mal in seinem Leben beugt er sich dem, zieht artig den Schwanz ein. Trifft er diesmal die richtige Entscheidung?
Da müsste eigentlich einiges los sein im „Deep Dark Canyon“, zumal das offensichtliche B-Movie technisch ganz solide gemacht ist. Das geht erheblich schlechter und mit Ted Levine hat man einen sehr fähigen Mann im Cast, der sich seit Jahrzehnten eher durch etliche Nebenrollen einen Namen gemacht hat. Filmfans aus den 90ern werden zudem sicher Matthew Lillard in einer kleinen Rolle wiedererkennen, der damals ein gut beschäftigter Jungdarsteller war (u.a. „Serial Mom“, „Hackers“, „Scream“), wann immer ein leicht schräger Teenie gesucht wurde, mit den Jahren ist er aus seiner Karriere rausgewachsen. Nach einem zumindest relativ brauchbaren Beginn, bei dem recht schnell das wesentliche Geschehen ins Rollen kommt, macht „Deep Dark Canyon“ in der Folge leider praktisch alles falsch. So ein Film muss keine großen Innovationen und narrative Geistesblitze bieten, er sollte schlicht für Spannung und einige schweißtreibende Momente taugen. Obwohl die Protagonisten theoretisch in ständiger Lebensgefahr sind, mag sich erstaunlicherweise gar kein richtiges Survival-Feeling einstellen. Dafür machen es ihnen die scheinbar alle geistig erheblich beschränkten Verfolger viel zu einfach. Die sind ihnen zahlenmäßig natürlich haushoch überlegen, bis an die Zähne bewaffnet, handeln aber derartig bekloppt, dass ihnen das Brüderpaar dauernd verhältnismäßig mühelos entkommt. Die ballern sich lieber die Bierpullen von der Rübe, lassen sich mehrfach trotz gezückter Waffe eins verpassen und holen zwei aneinander gefesselte Kerle nicht ein, auch wenn sie einfach mal vernünftig zielen oder ins Auto steigen könnten. Sind die zehn Meter entfernt, wird quasi aufgegeben.
Wann immer der Film mal kurz droht dynamisch und aufregend zu werden, ist es ganz schnell wieder vorbei und man fragt sich verdutzt, wie schwer das bei der Konstellation denn sein kann. Selbst der entwickelte Vater-Söhne-Konflikt will nicht vernünftig funktionieren. Als der Charakter von Ted Levine mal schnallt, dass immer nur lethargisch, selbstmitleidig durch die Gegend glotzen die Situation nicht besser macht und endlich mal aus dem Quark kommt, könnte „Deep Dark Canyon“ vielleicht noch die Kurve kriegen, doch das endet in so einem unspektakulären und auch noch dämlichen Finale, dass es sich leider prima in das müde Gesamtbild einreiht. Wenn du jahrelang alles falsch gemacht hast, dann jetzt wenigstens mit Karacho. Endet sicher auch böse, aber hey, besser als gar nichts. Abspann, wurde auch Zeit.
Fazit
Hätte nett werden könne. Hätte, hätte, Damentoilette. „Deep Dark Canyon“ hat alle Möglichkeiten, aus den oft erprobten Story-Bausteinen einen brauchbaren Feierabendfilm zu machen, nutzt diese erschreckend schwach und dümpelt uninspiriert vor sich hin. Bei den zahlreichen Alternativen mit ähnlichen Voraussetzungen lockt man damit kein Schwein mehr hinter dem Ofen vor.
Autor: Jacko Kunze