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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Ein gemeinsames Projekt vieler Regisseure (u.a. Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Edgar Reitz), die das politische und gesellschaftliche Klima während der Zeit des RAF-Terrors in Deutschland dokumentieren wollen.

Kritik

Vermutlich lässt sich die Herkunft des Koorperations-Projektes Deutschland im Herbst bereits dreißig Jahre früher finden. Dies ist nicht politisch gemeint, da jene Herkunft des RAF-Terrors werweißwo liegt. Doch im Jahre 1947, drehte der italienische Regisseur und Initiator des Italienischen Neorealismus, der die Nouvelle Vague und damit auch alle anderen neue Filmströmungen in allen Ländern der 60er und 70er Jahre bewirkte, Roberto Rossellini im zerbombten Berlin den Film Deutschland im Jahre Null. Er dokumentierte dort ein Zeitgeist-Porträt eines Landes, das von Neuem beginnt, die Vergangenheit vergessen machen muss, sie aber nicht vergessen darf. Ein Land, das Leitung braucht, von einer sanften Hand und ein Land, das nur mit gemeinsamer Kraft wieder zu irgendwas finden kann, was einer Normalität ähnlich kommt.

Im Jahre 1977 schließlich, gibt es erneut einen Film, der Deutschland dokumentieren möchte, diesmal im Herbst, diesmal mittendrin und nicht danach. Mitten auf dem Höhepunkt des RAF-Terrors, der mit der Entführung von Hanns-Martin Schleyer eine Sensation und Furcht in die Bevölkerung brachte, die ungewöhnlich war. Der Streifen, der eine Kollaboration vieler Regisseure des Neuen deutschen Filmes ist, wurde während dieser Tage gedreht und endet irgendwo gen Ende und Anfang. Zu Beginn wird der letzte Brief des entführten und hingerichteten Schleyers verlesen, während Bilder sein Staatsbegräbnis zeigen. Später werden diese Bilder gespiegelt; mit dem Staatsbegräbnis von Erwin Rommel, der zuvor von der NS-Führung hingerichtet wurde.

Dabei soll nicht etwa der tote Schleyer beleidigt werden, viel mehr geht es um das Aufreißen eines Gedankenfeldes, das das Herzstück von Deutschland im Herbst bildet. Die Bilder der Rommel-Feier werden in der zweiten Episode gezeigt, in der eine Geschichtslehrerin auf der Suche nach deutscher Geschichte ist, die sie in der Schule unterrichten könnte. Auch wenn das stilistisch mit einem spitzzüngigen Erzähler teils wie eine mockumentary anmutet, sind die richtigen und wichtigen Fragen: Was hat Deutschland gelernt? Was hätte es gelernt haben können, gelernt haben müssen? Was sollte es noch lernen? Diese Fragen kreisen sich um alle Episoden und offenbaren das wohl spannendsten Element des Film-Projektes: Es besteht nicht aus einzelnen Episoden, die das gleiche Ergebnis liefern. Es sind Episoden, die möglichst viel Boden abdecken wollen und in alle Himmelsrichtungen gehen.

An einem bestimmten Punkt der Grausamkeit angekommen, ist es schon gleich, wer sie begangen hat. Sie soll nur aufhören.

Dieses Zitat einer Mutter am Ende des Zweiten Weltkrieges ist das Motto des Films, das zu Beginn und am Ende gezeigt wird. Die Grausamkeit soll aufhören. Das appelliert natürlich an die Menschlichkeit und Empathie des Rezipienten und funktioniert abseits von Legislatur, Politik und System. Dennoch verfolgen die Filmemacher durchaus politische, zumindest aber gesellschaftliche Ziele. Oft pocht der Film auf die Geschichte Deutschlands, eben das Dritte Reich, den geführten Vernichtungskrieg, auf die ausgelöschte Opposition, auf die Signifikanz des Lernens aus der Militarisierung Deutschlands. Besonders persönlich wird dabei - wie erwartet - der rasend-wüste Filmemacher Rainer Werner Fassbinder. Der zeigt in seiner Episode ein Interview, das er mit seiner Mutter führt, welches einen wohl allgemeinen Tenor des Menschen in Extremsituation widerspiegelt. Wenn Hass und Rache die Forderungen des Otto Normalverbrauchers sind, dann werden den Tätern demokratische Rechte verweigert. Und das darf, das ist Fassbinder wichtig, nicht passieren. Deutschland muss seit dem Jahre Null gelernt haben.

Fazit

Der Film „Deutschland im Herbst“ ist ein Potpourri aus inszenierten Szenen, dokumentarischen Aufnahmen, Interviews, Archivmaterial, Film-im-Film-Segmenten, Tonaufnahmen, Liedern, Hymnen, Texttafeln, Gemälden, Zynismus, Trauer und Sorge. Alles mit einem Ziel: Einen dynamischen Film schaffen, der zugleich ein Geschichtsdokument mit unendlichem Puls ist. Über den faktischen Tathergang des RAF-Terrors lernt man hier wenig. Viel mehr geht es um das Gesellschaftsklima der Zeit, um Assoziationen, Erklärungen, um eine Einordnung und ein Gnadengesuch. Es ist vor allem rundherum ehrliches Kino.

Kritik: Levin Günther

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