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Quelle: themoviedb.org

Verfügbar auf

Realeyz

Inhalt

Die Welt von Daniel (Ken Duken) ist still. Ruhig, unauffällig und zurückgezogen geht er seiner Arbeit im Botanischen Garten nach, seine unmotivierten Gewaltausbrüche, sowie seine Faszination fürs Töten bleiben unentdeckt: Erst wirft er nachts Steinbrocken von der Autobahnbrücke, kurz darauf besorgt er sich ein Gewehr. Dann lernt er Jana (Franziska Weisz) kennen, die sich trotz seiner abweisenden Art in ihn verliebt. Langsam beginnt Daniel sich ihr und der normalen Welt zu öffnen. Doch gleichzeitig explodiert hinter seiner sanften Fassade seine gewalttätige Seite mit voller Kraft. Als Jana herausfindet, was hinter Daniels äußeren Gleichgültigkeit steckt, ist es schon zu spät...

Kritik

In kühlen Farben, die dezent auf die emotionale Kälte des Hauptcharakters hindeuten, inszeniert Thomas Sieben die minimalistische Studie eines Serienmörders. Die im Titel zitierte Distanz zwischen Schütze und Opfer weitet der Regisseur und Drehbuchautor auf ein psychologisches, soziales und emotionales Spektrum aus. Zusammengenommen vermitteln diese unterschiedlichen Formen des Abstands die Entrücktheit des Protagonisten von seinem Umfeld. Weder er selbst vermag diese unsichtbare Grenze zwischen ihm und den anderen Menschen zu überwinden, noch ist es Außenstehenden möglich, zu persönlich zu ihm vorzudringen. Daniel Bauer (Ken Duken) bleibt auf Abstand. Auch zu jeder menschlichen Regung von Mitleid und Empathie. An dem Abend, als Daniel zum ersten Mal mit Jana (Franziska Weisz) ausgeht, glaubt er, etwas Neues in sich zu fühlen.  Aber das ist keine Liebe, sondern der Stolz eines Trophäenjägers. Viele Typen sind hinter ihr her, er hat sie erwischt, ohne überhaupt auf sie anzulegen. 

Jana ist ein Glückstreffer von der Sorte, wie es nicht viele im Leben des Außenseiters gibt. Der andere Glückstreffer ist das Gewehr, das ihm in die Hände gerät. Statt Menschen nahe zu sein, beobachtet der ausgegrenzte Hauptcharakter sie, ruhig und kalkuliert. Zuerst aus der Entfernung, dann durch sein Zielfernrohr. Daniels absolute Selbstbeherrschung ist zugleich ein Kontrollverlust gegenüber dem Impuls zum willkürlichen Mord. Das Töten hat für ihn eine ähnliche Faszination, wie Daniel sie auf Jana ausübt. Emotionen weckt der Tod seiner unbekannten Opfer nicht. Das Morden scheint ihn zu entspannen, ihm eine unheimliche Art von Gelassenheit zu verleihen. Der Tod ist für ihn rein abstrakt. Befremdet berührt er in einer Szene einen toten Fuchs, den eine Jagdgesellschaft vor seinen Augen erlegt hat. Später wird er eines ihrer Jagdgewehre stehlen, um damit seinen ersten Mord begehen. „Besser zu wenig als zu viel“, sagt Jana einmal und benennt damit Daniels pathologische Gefühlsarmut. Gleichzeitig drückt sie deren vorbehaltlose Akzeptanz aus. Das Zuviel, zuviel an Nähe, fühlt sie selbst. Sie verletzt die normale zwischenmenschliche Distanz, als sie sein Tagebuch liest. 

Er schreibt, sie habe ihm geholfen beim Töten. Trotzdem hält sie zu ihm. Ihr fehlt die Distanz. Fast vegetativ erscheint Daniels Existenz und nur vegetativen Lebewesen fühlt er sich verbunden. Im Park sucht er Ausgleich und findet ihn als Scharfschütze. Pflanzenbilder hängen in seiner Wohnung, Jana schenkt er eine Topfpflanze. Nach jeder Tat gräbt er in den Beeten des botanischen Gartens Erde um. Sieben konstruiert sein Drama scheinbar systematisch um eine Anzahl Verhaltensweisen, die klinisch als schizoide Persönlichkeitsstörung beschrieben werden. Affektarmut, geringe Empathie, Antriebslosigkeit - so präsent sind die kennzeichnenden Symptome, dass sie die Handlung transzendieren. Eine unüberwindbare Distanz bleibt letztlich auch aufseiten der Zuschauer zu den Charakteren. Dank der prägnanten Darsteller gelingt dennoch ein ungeschöntes Psychodrama, analytisch und ohne falsche Sentimentalität.

Fazit

Die Distanz des intensiven Psychogramms bezeichnet die Entfernung zwischen Schütze und Ziel, zwischen dem Täter und seinen objektivierten Opfern, zwischen Daniel und seinen Gefühlen. Das zurückgenommene Drama gibt keine übereilten Antworten, sondern wirft Fragen über die inneren und äußeren Bedingungen unbegreiflicher Taten.

Kritik: Lida Bach

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