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Inhalt

Die junge Griechin Djam wird von ihrem Onkel Kakourgos, einem ehemaligen Seemann und passionierten Rembetiko-Fan, nach Istanbul geschickt, um ein rares Ersatzteil für ein Boot zu besorgen. Dort trifft sie auf die 19-jährige Französin Avril, die als Freiwillige in die Türkei kam, um dort in der Flüchtlingshilfe zu arbeiten - doch ohne Geld und Kontakte ist die junge Frau verloren in der großen fremden Stadt. Die freche und freiheitsliebende, aber auch ebenso großherzige wie unberechenbare Djam nimmt Avril unter ihre Fittiche... und dies ist der Beginn einer Reise voller Hoffnung, wundervoller Begegnungen, großartiger Musik und der Freude am Teilen.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Im vergangenen Jahrhundert kam der Rembetiko hervor, eine melancholische und dennoch lebahfte Mixtur aus griechischer Volksmusik und osmanischen Klängen einer altehrwürdigen Tradition. Diese Musik - und das wird schon zu Beginn des Filmes deutlich - verfügt über einen ganz besonderen Dualismus, der etwas Weltschmerzliches und Anklagendes, aber auch etwas Feierliches und Verspieltes an sich an. Die ganz besondere Stimmung, die die archaischen Klänge hervorruft, begleitet uns über die gesamte Lauflänge hinweg und macht sich nicht zuletzt an einer der besten Szenen des Filmes bemerkbar: Ein Mann sitzt im Vordergrund, die Kamera ist auf ihn fokussiert. Er verzieht keine Mine und langsam läuft ihm eine einsame Träke die Wange hinab, während im Hintergrund zu den Klängen der Musik gefeiert wird. 

Um zu begreifen, wofür die Musik in diesem Film steht, müssen wir zuerst begreifen, worum es in diesem Film geht. Die junge Djam, grandios gespielt von Daphne Patakia (Spring Awakening), lebt mit ihrem Onkel in Griechenland und wird von diesem beauftragt, ein fehlendes Teil zur Fertigstellung eines Bootes aus Istanbul zu beschaffen. Hier erkennen wir bereits das, was vor allem in der zweiten Hälfte des Filmes explizit gemacht wird. Es geht um die Krise, die Griechenland heimgesucht hat, jedoch nicht im Großen wie wir ihr allzu oft in den Nachrichten begegnet sind, sondern im Kleinen. Es wird gezeigt, was die großen wirtschaftlichen Probleme für die kleinen Teile der Gesellschaft bedeuten. Das Boot steht für eine unfertige, kaputte griechische Wirtschaft und das fehlende Teil, für die Lösung die es zu beschaffen gilt und die schwer auf den Schultern der Jugend lasten wird, wie wir erkennen, wenn Djam das schwere Teil zu schleppen beginnt. 

Djam selbst ist ein interessantes Mädchen, das auf dem ersten Blick eigenartig stark zu wirken scheint. Das ist besonders auffällig,  wenn sie in Istanbul auf die Französin Avril (Maryne Cayon) trifft, die sich zur syrischen Grenze begeben möchte, um Flüchtlingshilfe zu leisten.  Im Gegensatz zu der mürrisch dreinblickenden Avril ist Djam sehr humorvoll, teils sogar obszön. Schnell wird jedoch klar, dass diese vermeintliche Stärke ein Hilfeschrei ist, eine Protestreaktion und auch eine Flucht vor eigenen Misere. Das wird vor allem an einem emotionalen Ausbruch deutlich, der sich in der Schlussphase des Filmes ereignet, in dem die Mauer aus Stärke und Provokation eingerissen wird. Es ist jedoch nicht nur die Provokation, auf die sie abzielt, es ist auch eine Freude an den archaischen und instinktiven Dingen, in die sie sich flieht. So erfreut sich Djam an ihrem Reifungsprozess, an dem Bestehen ihres Körpers. 

In einer wunderbaren Szene liegen Djam und Avril nackt nebeneinander im Bett und Djam beginnt, Avril unter der Decke schemenhaft im Intimbereich zu berühren, woraufhin diese aufspringt, um sich zu wehren. Djam kommt ihr nur noch näher, um ihre Brüste zu berühren. Avril ergreift im Folgenden die Flucht und es beginnt eine zumindest aus Djams Perspektive spielerische Verfolgung, die an das Fangen-Spielen von kleinen Mädchen erinnert. Avril meckert, dass sie nicht homosexuell sei. Djam nickt und meint, dass auch sie nicht homosexuell sei. Diese Verfolgungsjagd ist demnach nicht zwingend sexuell zu deuten, sondern vor allem als eine Freude an den Körperlichkeiten, an der bloßen Existenz als sexuelles Wesen. Ähnlichen Szenen begegnen wir immer wieder, wenn Djam ihre Hose auszieht, über ihre Vagina spricht und Avril immer wieder dazu antreibt, ihren Körper zu erforschen. 

In einer der Endszenen des Filmes scheint Djam euphorisch und erfreut sich mit einem Ausruf an der eigenen Existenz. Im Hintergrund laufen die melancholischen und dennoch folklorischen Klänge des Rembetiko. Der Film zeigt einen rohen Funken Hoffnung , indem er eine Flucht in das Ursprüngliche skizziert. Das Erfreuen an der Körperlichkeit, der physischen wie psychischen Existenz, so wie der traditionellen Klänge der Musik, macht das Leben erträglich und sorgt dafür, dass es trotz all der Trauer und der Sorgen, einen Grund zum Feiern gibt. Wenn Djam tanzt, hat man nicht das Gefühl, sie tanzt auf dem Boden, sondern in den Trümmern einer ganzen Generation. Dieses Irreale, dieses Fluchtmotiv, wird durch die lose Erzählung des Filmes deutlich, der sich selbst in einigen Momenten erstaunlich irreal und wie ein aufreibender Fiebertraum anfühlt. 

Nun könnte man Djam vorwerfen, er wäre nicht politisch genug und emotional zu manipulierend geraten. Schließlich behandelt Regisseur Tony Gatlif (Exil) die Wirtschaftskrise Griechenlands nur in ihren Ausläufen und nicht in ihrer politischen Wurzel. Genau in diesem Punkt ist der Film jedoch politisch, indem er uns zeigt, was hinter den Zahlen steht, was hinter Diskussionen rundum Rettungsschirme und Subventionierungen steht. Der Film verleiht dem Diskurs ein Gesicht der Menschlichkeit, das in Diskussionen zu kurz kommt. Und das ist keineswegs eine kitschige Intention, sondern eine den Diskurs ergänzenden und vor allem für diesen essentielle Komponente. Auch der Verweis auf die Flüchtlingskrise, der eher am Rande stattfindet, ist sehr angebracht. Denken wir an politische Talkshows im Fernsehen, in denen man nie einen Flüchtling reden hört und in denen diese vor allem objektifiziert werden und in Zahlen wie eine Obergrenze gepresst werden.

Fazit

"Djam" ist ein stummer Schrei der Heimatlosen und eine einfühlsame Aufarbeitung der Flucht ins Archaische und Ursprüngliche. 

Kritik: Maximilian Knade

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