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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Schweden der 50er Jahre: Der rebellische 16-jährige Erik wird von seiner Mutter auf das private Elite-Internat Stjärnsberg geschickt und erhält hier seine letzte Chance auf einen Schulabschluss. Hinter der feinen Fassade verbirgt sich jedoch ein perfides System von Demütigungen und Gewalt - ausgeübt von den älteren Schülern gegenüber den Jüngeren. Erik versucht sich der Hackordnung unterzuordnen, obwohl er seinen Mitschülern körperlich überlegen ist. Aber wenn er zurückschlägt, fliegt er von der Schule.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Es gibt nur eine Bezeichnung für jemanden wie dich: Grundschlecht und zu tiefst böse!“

Von seinem Stiefvater nicht nur bei dem geringsten Anflug von Widerworten – oftmals nur aus reinem Genuss und zum Festigen der Hackordnung in den eigenen vier Wänden – mit dem Lederriemen gezüchtigt, kanalisiert Erik (Andreas Wilson, Animal) seine dort verdrängte Wut, lässt sie auf dem Schulhof förmlich explodieren. Als hoffnungsloser Fall eingestuft, bleibt dem zwar intelligenten und hochveranlagten, aber schwierigen da rebellischen Teenager in einem streng autoritären Schweden mitten in den 50ern kaum noch eine Möglichkeit. Seine Mutter kratzt alle Ersparnisse zusammen, um ihn für sein letztes Jahr bis zum Abitur auf einem Eliteinternat unterbringen zu können und Erik zeigt sich durchaus einsichtig. Um die letzte Chance zu ergreifen und besonders seine Mutter nicht zu enttäuschen ist er bereit sich zu fügen, aber mit den Strukturen in Stjärnsberg hat er nicht gerechnet.

Die Lehrerschaft hat sich ausschließlich dem Bildungs- nicht dem Erziehungsauftrag verschrieben. Letzterer wird nach dem Prinzip der drei Affen in die Hände der älteren und besonders elitäreren Schülern aus bestem Hause gelegt. Ein handverlesener Kreis (um es nicht Herrenrasse zu nennen, denn das ist längst Geschichte und im betont neutralen Schweden natürlich offiziell nie ein Thema…) diktiert die Regeln. Achtet penibel auf deren Einhaltung, spricht und vollstreckt Urteile, falls diese missachtet werden. Alles abgesegnet und stillschweigend zur Kenntnis genommen, gar (nicht mal wirklich inoffiziell) gewünscht von den „Pädagogen“. Bewilligt als Akt des Erwachsenwerdens, der Bildung eines sozialen Gruppengefüges, der natürlichen Akzeptanz angeblich notwendiger Hierarchien. Oder letztlich um sich nicht mit lästigen Aufgaben herumzuschlagen und lieber einer alten Tradition zu folgen, die stellvertretend ist für die soziale und politische Ausrichtung eines Landes, das sich auf Nachfrage selbstverständlich von jedweder Verantwortung freispricht und gerne die Rolle des stillen Beobachters spielt, während Unterdrückung, Gewalt und gar faschistisches Gedankengut somit insgeheim geduldet bis sogar gefördert wird.

Basierend auf dem Roman von Jan Guillou wurde Evil 2004 für den Oscar als Bester fremdsprachiger Film nominiert, ging letztlich jedoch leer aus. Aufgrund seiner autobiografischen Herkunft darf man die Authentizität der Ereignisse, besonders der kulturellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kaum anzweifeln und somit als unschönes Sittengemälde seiner Zeit betrachten, was sich in der Figurenzeichnung und ihrem Status bzw. ihrer politischen Gesinnung ganz klar niederschlägt. Vom ultra-autoritären Gehorsam bis hin zu blankem Sadismus und Grausamkeiten der noch schwer von der Vorkriegsgeneration geprägten Schicht ganz zu schweigen. Evil verfällt dabei unbestreitbar in gewisse stereotypische Modelle. Dass die Figur des Erik sichtlich angelehnt ist an die von James Dean in …denn sie wissen nicht was sie tun ist mehr eine Hommage als ein Problem, wird dieser Film doch sogar direkt erwähnt und letztlich dessen Konflikt in seinem lokalen und zeitlichen Kontext sogar wesentlich realer (und radikaler) dargestellt als in dem Klassiker von Nicholas Ray. Zumindest aus heutiger Sicht greifbarer, brachialer.

Deutlicher scheinen alle anderen Figuren sehr zweckdienlich und eindimensional ausgestanzt: Vom wehrlosen Zimmergenossen Pierre bis hin zu den versnobten, aber wenn es hart auf hart kommt weinerlichen Peinigern mit hoch erhobener Nase und adrettem Scheitel, die gegen die tickende, aber stets auf die versprochene Contenance bedachte Zeitbombe Erik an sich völlig chancenlos wären. Evil ist kein Film der Innovationen, behandelt er doch altbekannte und gerne verwendete Plot-Bausteine, generische Figuren und wirkt (vielleicht auch wegen des autobiografischen Einschlags) sehr parteiisch, um nicht zu sagen leicht manipulativ, aber eindeutig aus einer sehr vertretbaren Perspektive. Der Film funktioniert so einwandfrei, wirft nicht nur nebenbei einen kritischen Blick auf eindeutig falsch ausgelegte Disziplin, Willkür und Machtmissbrauch, legitimierte Demütigungen und brutale Folter, die damals an der Tagesordnung und im rechtsfreiem Raum dem Status quo entsprach. Ein Land, immer noch gefangen im erprobten Prozess des Wegsehens- und hörens, ob man sich nun ans Klavier setzt oder schweigsam vom Balkon Zeuge der Gewalt wird, von der man sich ganz pazifistisch angeblich total distanziert. Passivität ist manchmal nicht weniger verwerflich, besonders so selbstgerecht gedeckelt.

Fazit

Ein wuchtiger und intensiver Film, dem eine unbestreitbare Stereotypie durchaus anzukreiden ist, diese aber u.a. zum Schildern universell übertragbarer Strukturmissstände nutzt. Und - nebenbei - einfach packend unterhält. Kein Meisterwerk und erst recht nicht auch nur in der Nähe von „Fight Club“ (dahin wollte ihn der deutsche Verleih mal schubsen, wie billig…), aber enorm sehenswert, trotz Klischees glaubhaft und mit dem Druck auf genau die richtigen Emotions-Knöpfe, dass man sich dem kaum entziehen kann.

Kritik: Jacko Kunze

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